Digitalisierung der Betriebsprüfung

Nicht nur Unternehmen haben sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt, sondern auch die Finanzverwaltung. Dies gilt insbesondere für die Betriebsprüfung. Die Entwicklung verläuft hier von der traditionellen Beleg- und Einzelfallprüfung hin zur Analyse relevanter Daten mithilfe von Data-Analytics-Lösungen. Diese ermöglichen eine effektive, systematische und flächendeckende Analyse der relevanten Daten, insbesondere durch den Einsatz moderner Datenanalyseverfahren. Die Aufgabe dieser Verfahren ist es, Inkonsistenzen oder Auffälligkeiten in den Daten zu identifizieren, um anschließend gezielte Detailprüfungen vornehmen zu können.

Diese Art von Prüfung stellt die Steuerabteilungen vor große Herausforderungen. Denn: Ergeben sich im Rahmen einer solchen Prüfung Auffälligkeiten oder Inkonsistenzen, liegt es zunächst bei den Steuerabteilungen, diese zu erklären. In der Regel handelt es sich dabei um Daten, die in Vorprozessen generiert wurden und in die die Steuerabteilung häufig nur eingeschränkten Einblick hat.

Vor diesem Hintergrund ist es unabdingbar, dass Steuerabteilungen das Thema Daten viel stärker in den Fokus nehmen und sich intensiver mit deren Qualität und Verwertbarkeit für steuerliche Zwecke beschäftigen. Ein Ausgangspunkt dafür kann das Tax CMS sein. Insoweit haben Unternehmen bereits systematisch Prozesse im Hinblick auf ihre steuerlichen Risiken analysiert und idealerweise bereits ein gutes Verständnis davon, wo im Unternehmen steuerrelevante Entscheidungen getroffen und die entsprechenden Daten generiert werden. Die allermeisten Tax Compliance Management Systeme haben bisher jedoch nur einen geringen Fokus auf z.B. die ERP-Rohdaten gelegt und diese nicht in die Analyse einbezogen. Insoweit bietet es sich an, das Tax CMS auf das nächste Level zu heben und um einen Data Analytics Fokus zu erweitern. Grundlage hierfür können die in der Regel vorhandenen Risikokontrollmatrizen sein, die um entsprechende datenbasierte Prüfungen ergänzt werden.

Zudem ist zu erwarten, dass im Rahmen von Betriebsprüfungen künftig verstärkt GoBD-Verfahrensdokumentationen angefordert werden. Für einen Betriebsprüfer, der die Daten in den Fokus nimmt und seine Prüfung auf Grundlage von Datenanalysen durchführt, wird es unabdingbar sein, zu verstehen, welchen Weg die Daten durch die verschiedenen IT-Systeme nehmen und wie die Daten im Detail prozessiert werden. Insoweit sollte im Vorfeld zu einer Prüfung eine umfassende Verfahrensdokumentation erstellt bzw. eine bereits vorhandene Dokumentation im Hinblick auf ihre Aktualität geprüft und ggf. überarbeitet werden.

Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, sich mit der von der Betriebsprüfung angewendeten Prüfungssystematik auseinanderzusetzen. Wie eingangs erwähnt, werden im Rahmen von Betriebsprüfungen insbesondere verschiedene mathematisch-statistische Verfahren eingesetzt, um – wie es bereits im BMF-Schreiben vom 05.09.2023 heißt – die Besteuerungsgrundlagen des Steuerpflichtigen zu verproben und auf Plausibilität zu überprüfen. Insoweit bietet es sich an, die Daten im Vorfeld zu einer Prüfung mittels solcher Verfahren zu analysieren und – abhängig von den Ergebnissen – Detailprüfungen vorzunehmen. Seit einigen Monaten steht dafür das Tool AUDIPY von Semitax zur Verfügung. AUDIPY ist in der Lage, sehr große Datenmengen einzulesen und diese mittels bereits vorhandener (Analyse-)Vorlagen und Visualisierungen auszuwerten. Insoweit setzt die Anwendung jedenfalls keine detaillierte Data-Analytics-Expertise voraus und ermöglicht eine Auswertung der Daten, wie sie auch die Betriebsprüfung vornimmt. Ein solcher Blick auf die steuerrelevanten Daten ist ungewohnt, aber – als Vorbereitung auf eine Betriebsprüfung – in jedem Fall lohnend! Der Einsatz von AUDIPY im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen wird übrigens derzeit von einigen Bundesländern pilotiert.

Die Digitalisierung der Betriebsprüfung und der Einsatz von Data Analytics führen zu wesentlichen Änderungen in der Art der Prüfung (weg von einer Einzelfallprüfung auf Belegebene hin zu einer flächendeckenden und systematischen Analyse der relevanten Daten).

Darauf sollten sich Unternehmen einstellen und (1) idealerweise ihre Tax CMS und datenbasierten Prüfroutinen ergänzen, (2) das Thema GoBD-Verfahrensdokumentation in den Blick nehmen sowie (3) die Daten mittels derjenigen modernen Verfahren analysieren, die auch die Finanzverwaltung anwendet.

Bildquelle: Unplash, Sincerely Media