“Tax is the greatest consumer of data within an organization but it doesn’t control any of the systems that data is coming from” (Quote of Conference Participant)
Daten sind einfach DAS Thema, auch global - die große Herausforderung im richtigen Umgang mit Daten wurde gleich zu Beginn der Konferenz ausführlich zwischen den Panelisten diskutiert. Fragen nach der Ausgestaltung einer geeigneten Data Governance und einem sorgfältigen Umgang im Rahmen des Datenlebenszyklusstanden hierbei im Mittelpunkt der Diskussionen:
- Woher stammen die Daten?
- Wie werden sie verarbeitet?
- Wohin gehen sie?
Als essentielle Maßnahmen wurden eine strikte Prozessorientierung und konsequentes Management von Geschäftsprozessen betont – wichtige Aspekte, die auch im Kern unseres Vortrags am Nachmittag des ersten Tages standen.
Auf Einladung von Professor Omri Marian, des akademischen Direktors des Graduate Tax Program der University of California Irvine (UCI) reisten wir - Dr. Vanessa Just, Geschäftsführerin wtsAI, und Tim Niesen, Digital Hub Berlin – zum internationalen Austausch mit Experten aus Steuer- und Rechtswissenschaft bzgl. KI im Rahmen des 2. Tax Law Symposium nach Kalifornien.
Neben Vertretern aus Wissenschaft, Praxis und Regierungsbehörden präsentierten wir einen umfassenden Ansatz zur Digitalisierungsberatung bestehend aus den Säulen „Research und Ausbildung“, „Steuer-, IT- und Prozessberatung“ sowie „Technische Implementierung“. Anhand verschiedener durch wtsAI begleiteter Use Cases wurden konkrete Potentiale für den Technologieeinsatz im Steuerbereich aufgezeigt und die Diskussionen des Tages damit um die Perspektive der steuerlichen Beratungspraxis ergänzt. Im Rahmen einer Live-Demo wurde die wtsAI-Lösung zur Anomalieerkennung bei der Ausnutzung von Freihandelsabkommen in Zolltransaktionsdaten vorgestellt und anschließend im Panel und Plenum diskutiert.
Highlights der Diskussionsrunden und interessante Einblicke aus den Vorträgen der übrigen Panelisten sind nachfolgend zusammengefasst:
Natürliche Sprachverarbeitung als großer Automatisierungshebel
Die Verarbeitung von natürlicher Sprache (engl. Natural Language Processing, NLP) steht in vielen Use Cases der Konferenz im Mittelpunkt und verspricht einen großen Hebel für die Automatisierung von Routinetätigkeiten. Beispiele sind die automatisierte Prüfung von Verträgen, Aufbereitung von Urteilstexten, Beantwortung von Fragen durch Chatbot-Systeme. Präsentiert wurden etwa die zwei Chatbots „Iteractive Tax Assistant“ (ITA) der amerikanischen Bundessteuerbehörde IRS sowie „Agent Kay“ der Steuerbehörde des Bundesstaats Kansas. Diese an den Steuerzahler gerichteten Systeme versprechen einen einfachen Zugang zu steuerlichen Fragestellungen und eine Verbesserung der „personal tax experience“. Herausforderungen in den Sprachnuancen steuerlicher Formulierungen zeigen sich an diesen Beispielen aber sehr eindrucksvoll: einfache Fragen werden von den Systemen korrekt beantwortet und steigern sowohl die Kundenzufriedenheit als auch die Bearbeitungsgeschwindigkeit auf Seiten der Behörden. Gleichzeitig steigt das Risiko, bei komplexen Fragestellungen falsche Auskünfte zu erteilen. Wie sind Haftungsfragen bei Falschdeklarationen vor dem Hintergrund einer behördlichen Empfehlung zu behandeln?
Zunehmender Einsatz von Advanced Analytics und Künstlicher Intelligenz
Mit Blick auf Technologien und Analytics-Ansätze erreichten die Diskussionen ein hohes technisches Niveau, welches an vielen Stellen über die Diskussionen auf europäischer Ebene hinausgeht. Beispielsweise gehört der Einsatz von Alteryx – inklusive der Integration von weiteren Data-Science-Tools wie Python- und R-Bibliotheken für Spezialanalysen – als Teil einer „Graphical AI Toolbox“ zum Standardrepertoire, sowohl auf Seiten der Beratung als auch der Behörden. Auch ist der Einsatz von Machine-Learning-Verfahren auf Seiten der IRS seit Jahren erprobt und in vielen Use Cases umgesetzt. Im Vergleich zu Europa tragen weniger restriktive Vorschriften zur Verarbeitung von Daten dazu bei, dass die Verwendung von Datenbeständen im Petabyte-Bereich zum Training von entsprechenden Modellen möglich wird.
Veränderung der Beratungspraxis und technologischer Beratungsbedarf
Einigkeit zwischen den Teilnehmern bestand mit Blick auf die zukünftige Veränderung der steuerlichen Beratung. Die betrifft zum einen geänderte Anforderungen der Kunden, die übliche Abrechnung nach Anzahl der geleisteten Stunden durch eine Abrechnung nach erledigten Aufgaben zu ersetzen. Diese im Compliance-Bereich bereits übliche Abrechnungsform wird zukünftig auch auf andere steuerliche Beratungsleistungen übergehen und erzeugt damit einen Druck Effizienzsteigerung; eine intelligente technologiebasierte Automatisierung stellt hier den Hebel dar, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Zum anderen zeigt sich ein zunehmender Beratungsbedarf bei der Umsetzung technologischer Potentiale. Als Beispiel wurde die Extraktion von Informationen aus Rechnungsdokumenten diskutiert, die viele Unternehmen zunächst intern mit auskömmlichen Resultaten umsetzen können. Ab einem gewissen Niveau werden hierbei aufgrund einer nicht ausreichenden Menge an Beispieldaten aber keine weiteren Verbesserungen mehr erzielt, sodass ein Wechsel auf spezialisierte Produkte zielführend ist. Die Konferenzteilnehmer kamen überein, dass es die Aufgabe aus technologischer Beratungsperspektive sein wird, diese Szenarien mit Kunden zu eruieren und sicherzustellen, dass eingesetzte Lösungen nachhaltig konkurrenzfähig sind.