Durch das Rechnungslegungsänderungsgesetz 2014 („RÄG 2014“) wurde das Dritte Buch des UGB (§§ 189-283 UGB) umfassend reformiert. Die Bestimmungen des RÄG 2014 treten grundsätzlich für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, in Kraft. Nachfolgend sollen die wichtigsten Änderungen überblicksmäßig dargestellt werden.
1. Neuerungen zu den Größenklassen für Kapitalgesellschaften
Zu den Größenklassen des § 221 UGB wurden die Schwellenwerte von Bilanzsumme und Umsatzerlösen lediglich geringfügig angepasst, um die Inflationsauswirkung vergangener Jahre zu berücksichtigen. Von größerer Bedeutung ist die Einführung der Größenklassen der „Kleinstkapitalgesellschaften“, die mit wesentlichen Erleichterungen verbunden ist.
Größe der Gesellschaft
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Bilanzsumme
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Umsatzerlöse
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Arbeitnehmer
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Kleinstkapitalgesellschaft (neu)
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< 350.000 EUR (neu)
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< 700.000 (neu)
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< 10 (neu)
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Kleine Kapitalgesellschaft
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< 5 Mio. EUR (bisher 4,84 Mio)
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< 10 Mio EUR (bisher 9,68)
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< 50
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Mittelgroße Kapitalgesellschaft
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< 20 Mio EUR (bisher 19,25 Mio)
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< 40 Mio EUR (bisher 38,5 Mio)
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< 250
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Große Kapitalgesellschaft
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> 20 Mio EUR (bisher 19,25 Mio)
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> 40 Mio EUR (bisher 38,5 Mio)
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> 250
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Besonders Große Kapitalgesellschaft
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> 100 Mio EUR (bisher 96,25 Mio)
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> 200 Mio EUR (bisher 192,5 Mio)
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> 250
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Die Größenklasse einer Gesellschaft ist grundsätzlich für den Umfang der erforderlichen Anhangsangaben von Bedeutung. Kleinstkapitalgesellschaften sind von der Verpflichtung einen Anhang aufzustellen befreit. Lediglich folgende Angaben sind unter der Bilanz darzustellen:
- Haftungsverhältnisse – Eventualverbindlichkeiten
- Vorschüsse und Kredite an den Vorstand und den Aufsichtsrat unter Angabe der Zinsen
Für kleine Kapitalgesellschaften wurden die verpflichtenden Anhangsangaben deutlich reduziert (von bisher 24 auf künftig 14). Zudem entfällt für Kleinst-GmbHs und kleine GmbHs die Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts.
Für „mittelgroße“ sowie „große“ Kapitalgesellschaften ergeben sich zusätzliche Angabepflichten. So haben zB „große“ Kapitalgesellschaften im Anhang der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geographisch bestimmten Märkten aufzugliedern. Der Gesetzgeber räumt aber die Möglichkeit ein, die Umsatzerlöse nicht aufzugliedern, soweit die Aufgliederung nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung geeignet ist, dem Unternehmen einen erheblichen Nachteil zuzufügen; bei Inanspruchnahme dieser Ausnahmeregelung ist eine Angabe im Anhang erforderlich.
Hinzuweisen ist darauf, dass Aktiengesellschaften (zB Holdinggesellschaften), die Mutterunternehmen sind, die Schwellenwerte auf konsolidierter oder aggregierter Basis berechnen müssen.
Die Klassifizierung als „besonders große Kapitalgesellschaft“ ist ausschließlich im Hinblick auf die Abschlussprüfung und die Einrichtung von Prüfungsausschüssen relevant (§ 271a Abs 1 UGB).
Die Schwellenwerte gelten ebenso für eingetragene Personengesellschaften, bei denen jeweils sämtliche voll haftende Gesellschafter keine natürlichen Personen sind (somit insbesondere bei GmbH & Co KGs). Diesfalls kommt es für die Größenklassifizierung auf die Kennzahlen der Personengesellschaft selbst an und nicht auf die Klassifizierung des persönlich haftenden Gesellschafters.
Die Rechtsfolgen treten im Allgemeinen im dritten Geschäftsjahr ein, wenn jeweils zwei der drei Merkmale in den zwei vorangegangenen Geschäftsjahren über- bzw unterschritten worden sind; eine Ausnahme davon besteht für Neu- und Umgründungen, wonach die Rechtsfolgen sofort eintreten, dh unmittelbar für den folgenden Bilanzstichtag. Nach den Übergangsbestimmungen sind die neuen Regelungen bei der Beurteilung der Schwellenwerte für 2016 retrospektiv anzuwenden, somit auch für Beobachtungszeiträume vor dem 1.1.2016. Allerdings ist eine Neuberechnung der Umsatzerlöse (siehe sogleich) aufgrund der geänderten Definition nicht erforderlich.
2. Neudefinition der Umsatzerlöse
Künftig sind Umsatzerlöse alle Erlöse, die sich aus dem Verkauf von Produkten sowie der Erbringung von Dienstleistungen ergeben. Es wird daher nicht mehr auf die „gewöhnliche Geschäftstätigkeit typischen Erlöse“ Bezug genommen. Demnach fallen auch Erlöse, die nicht aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstehen (zB Erlöse, die unter den sonstigen betrieblichen Erträgen ausgewiesen wurden), unter die neue Umsatzerlösdefinition. Nachfolgend einige Beispiele die künftig zu den Umsatzerlösen zählen:
- Kantinenerlöse,
- Vermietung von Maschinen,
- Vermietung von Werkswohnungen,
- Personalüberlassung eines Industrieunternehmens,
- unübliche Verkäufe nicht mehr benötigter Rohstoffe oder Abfälle,
- Konzernumlagen, soweit die Leistungen nicht primär in der Eigenschaft als Gesellschafter erbracht werden, wie zB
- Übernahme der Buchhaltung,
- Beratungsleistungen,
- Mitarbeiterüberlassungen,
- Nutzungsrechte an Marken, Patenten und Lizenzen.
Weiterhin kein „Umsatz“ sind:
- Gewinne aus dem Verkauf von Anlagevermögen,
- Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen,
- Schuldnachlässe,
- Kursgewinne,
- Beteiligungserträge,
- Zinserträge,
- Haftungsvergütungen des persönlich haftenden Gesellschafters,
- Konzernumlagen, denen kein konkreter Leistungsaustausch zugrunde liegt, wie bspw für eine allgemeine Managementumlage für Konzernführungsaufgaben
Außerdem ist gesetzlich neu geregelt, das mit dem Umsatz direkt verbundene Steuern nicht zu den Umsatzerlösen zählen (und daher vom Umsatz in Abzug zu bringen sind). Davon umfasst sind idR Verkehr- oder Verbrauchsteuern wie bspw Tabaksteuer, Biersteuer, Schaumweinsteuer, Mineralölsteuer, Erdgasabgabe, etc.
Die Neudefinition der Umsatzerlöse wirkt sich ebenfalls auf den Forderungsausweis aus. So wird künftig oftmals eine Umklassifizierung der „sonstigen Forderungen“ zu den „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen“ erfolgen müssen. Zudem hat die Änderung der Umsatzerlösdefinition Auswirkungen auf die Einordnung der Größenklassen gem § 221 UGB (siehe Punkt 1). Falls bestimmte Verträge (zB Kreditverträge, Tantiemenregelungen, Lizenzvereinbarungen oder Management-Incentives) auf die Höhe der Umsätze Bezug nehmen sollten, ist eine Anpassung empfehlenswert.
3. Bilanzgliederung, GuV
Die Darstellung der Forderungen und Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr kann nicht mehr im Anhang (als Forderungs- und Verbindlichkeitenspiegel) dargestellt werden, sondern die Angaben sind in der Bilanz (zB als „Davon-Vermerk“) zu machen. Allerdings sind Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren weiterhin im Anhang aufzuschlüsseln.
Weiters ist in der Bilanz für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften ein zusätzlicher Posten „Aktive Latente Steuern“ nach Punkt C. Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden (und im Anhang gem § 238 Abs 1 Z 3 UGB aufzuschlüsseln), wobei die aktiven latenten Steuern (wie bisher) mit den passiven Steuerlatenzen zu verrechnen sind, um die Bilanz nicht unnötig zu verlängern.
Der Sonderposten „Unversteuerte Rücklagen“ entfällt in Bilanzen (sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung die Darstellung der Auflösung von und die Zuweisung zu unversteuerten Rücklagen), die nach dem 31.12.2015 beginnen. Das Übergangsrecht sieht eine Zuweisung des Anteils an passiven latenten Steuern zu den Rückstellungen (für Körperschaften) und im Übrigen eine Verrechnung mit Bestandteilen des Eigenkapitals (Zuweisung zu Gewinnrücklagen) vor, ohne dass dies über die GuV ersichtlich zu machen wäre. Steuerrechtlich ist die Auflösung grundsätzlich steuerwirksam. Allerdings können bestehende unversteuerte Rücklagen, unabhängig vom unternehmensrechtlichen Jahresabschluss als steuerliche Rücklagen weitergeführt werden („Fortführungswahlrecht“), wodurch eine steuerwirksame Auflösung vermieden wird.
Weiters wurde der Ausweis des Eigenkapitals an die Gründungsprivilegierung gem § 10b GmbHG für GmbHs angepasst.
In der Gewinn- und Verlustverrechnung entfällt der Ausweis von außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen; diese Beträge sind den „ordentlichen“ Positionen zuzuordnen, wobei der Betrag und die Wesensart von einzelnen Ertrags- oder Aufwandsposten von außerordentlicher Größenordnung in Zukunft im Anhang anzugeben sind.[1] Damit einhergehend entfällt auch die Ergebnisgröße „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit – EGT“ (bei mittleren und großen Unternehmen) zugunsten der Zwischensumme „Ergebnis vor Steuern“. Für kleine Unternehmen darf eine Bildung von Zwischensummen unterbleiben. Außerdem entfallen für kleine Kapitalgesellschaften die zwingende Aufgliederung der Posten „betriebliche Erträge“, „Personalaufwand“, „sonstige betriebliche Aufwendungen“ und „Aufwendungen aus Finanzanlagen und aus Wertpapieren des Umlaufvermögens“. Verpflichtend für alle Größenklassen ist hingegen der Posten „Ergebnis nach Steuern“.
Veränderungen von Kapital- und Gewinnrücklagen (= Eigenkapitalveränderung) können in Zukunft anstatt in der Gewinn- und Verlustrechnung, auch im Anhang ausgewiesen werden. Der Gliederungsposten der Zuweisung zu und Auflösung von unversteuerten Rücklagen entfällt, aufgrund des Wegfalls des Bilanzpostens „Unversteuerte Rücklagen“.
4. Anlagenspiegel
Im Anhang (gilt nicht für Kleinstkapitalgesellschaften) ist die Entwicklung der einzelnen Posten des Anlagevermögens darzustellen (die bisherige Möglichkeit einer Darstellung in der Bilanz entfällt). Dabei sind für die verschiedenen Posten des Anlagevermögens jeweils gesondert anzugeben:
1. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zum Beginn und Ende des Geschäftsjahrs;
2. die Zu- und Abgänge sowie Umbuchungen im Laufe des Geschäftsjahrs;
3. die kumulierten Abschreibungen zu Beginn und Ende des Geschäftsjahrs;
4. die Ab- und Zuschreibungen des Geschäftsjahrs;
5. die Bewegungen in Abschreibungen im Zusammenhang mit Zu- und Abgängen sowie Umbuchungen im Laufe des Geschäftsjahrs und
6. der im Laufe des Geschäftsjahrs aktivierte Betrag, wenn Zinsen aktiviert werden.
Neu ist demnach, dass die kumulierten Abschreibungen zu Beginn und Ende des Geschäftsjahres anzugeben sind. Weiters sind in Zukunft Bewegungen in kumulierten Abschreibungen im Zusammenhang mit Zu- und Abgängen sowie Umbuchungen im Laufe des Geschäftsjahres für die Posten des Anlagevermögens anzugeben.
Falls Fremdkapitalzinsen gem § 203 Abs 4 UGB (Aktivierungswahlrecht für Bauzeitzinsen während des Herstellungsvorganges) aktiviert wurden, sind diese für mittelgroße und große Unternehmen verpflichtend im Anlagenspiegel darzustellen. Empfehlenswert erscheint diese Angaben in einer eigenen Spalte des Anlagenspiegels darzustellen.
5. Bewertung
a) Rückstellungen und Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten sind mit ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen (bisher Rückzahlungsbetrag), wodurch klargestellt wird, dass auch Sachleistungen und Sachwertverpflichtungen sowie auch zukünftige Preis- und Kostensteigerungen umfasst sind. Die Antizipation künftiger Preis- und Kostensteigerungen im Erfüllungsbetrag betrifft vor allem langfristige Verbindlichkeiten. Die Berücksichtigung setzt ausreichende objektive Hinweise bzw hinreichend sichere Erwartungen für deren Eintritt voraus. Zur Bestimmung von erwarteten zukünftigen Preis- und Kostensteigerungen kann grundsätzlich auf statistische Erfahrungswerte, Inflationserwartungen oder Eintrittswahrscheinlichkeiten zurückgegriffen (zB werden.
Rückstellungen sind ebenfalls mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen, der bestmöglich zu schätzen ist (zB auf Basis statistisch ermittelbarer Erfahrungswerte aus gleich gelagerten Sachverhalten). Rückstellungen für Abfertigungsverpflichtungen, Pensionen, Jubiläumsgeldzusagen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen sind mit dem sich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ergebenden Betrag anzusetzen.
Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind mit einem marktüblichen Zinssatz abzuzinsen. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage[2] kann man sich zur Bestimmung der Marktüblichkeit des zur Abzinsung gewählten Zinssatzes entweder an den Kundmachungen der Rechtsordnungen nach § 253 Abs 2 vierter Satz deutsches HGB orientieren (welche über die Website der deutschen Bundesbank veröffentlicht werden: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Geld_Und_Kapitalmaerkte/Zinssaetze_Renditen/abzinsungszinssaetze.pdf?_blob=pulbicationFile) oder man zieht den Durchschnittszinssatz laut Ertragsteuerrecht gem § 9 Abs 5 EStG (also 3,5% pa) heran. Es ist jedoch zu hinterfragen, ob dieser im Ertragssteuerrecht festgelegte, laufzeitunabhängige Zinssatz tatsächlich als marktüblich bezeichnet werden kann.
Für Sozialkapitalrückstellungen kann alternativ auch ein durchschnittlicher Marktzinssatz, angewendet werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt, sofern dagegen im Einzelfall keine erheblichen Bedenken bestehen. Die neue AFRAC Stellungnahme[3] sieht hierzu ergänzend vor, dass entweder ein Stichtagszinssatz oder ein Durchschnittszinssatz (ermittelt aus dem Zinssatz zum Abschlussstichtag und der sechs vorangegangenen Stichtage) angewendet wird. Diese sind jeweils auf Basis eines Marktzinssatz für Anleihen von Unternehmen mit hochklassiger Bonitätseinstufung zu ermitteln, die mit der durchschnittlichen Restlaufzeit der Gesamtpensionsverpflichtung (vereinfachend 15 Jahre) sowie der Währung, in der das Unternehmen die Pensionsleistungen zu erbringen hat, übereinstimmen.
Nach den Übergangsregeln ist eine Neubewertung der Rückstellungen und Anpassung aufgrund der oben genannten Änderungen ab der Bilanz für das Geschäftsjahr, das nach dem 31. Dezember 2015 beginnt, notwendig. Sofern es zu einer ergebniswirksamen Anpassung langfristiger Rückstellungen aufgrund der Änderungen durch das RÄG 2014 kommt, kann – alternativ zur vollständigen Erfassung im ersten Jahr – auch eine lineare Verteilung über längstens fünf Jahre vorgenommen werden. Die Zuführung bzw Abstockung des erforderlichen Betrags kann auch in Form einer Bruttodarstellung über einen aktiven bzw passiven Rechnungsabgrenzungsposten erfolgen, der in den Folgejahren linear aufgelöst wird.
b) Latente Steuern
Künftig sind grundsätzlich sämtliche Ansatz- und Bewertungsdifferenzen zwischen Unternehmens- und Steuerbilanz, die in späteren Jahren wieder umkehrbar sind, unabhängig von deren Entstehung (erfolgswirksam oder erfolgsneutral) bei der Steuerabgrenzung zu berücksichtigen (= temporäre Differenzen).
Die Ermittlung der temporären Differenzen erfolgt durch Gegenüberstellung der einzelnen Posten der Unternehmens- und Steuerbilanz und betrifft sowohl Bewertungs- als auch Ansatzunterschiede. Die Bewertung der latenten Steuern hat mit dem unternehmensindividuellen Steuersatz (idR der 25%ige Körperschaftsteuersatz) im Zeitpunkt der Umkehrung der Differenz zu erfolgen. Die Werthaltigkeit aktivierter latenter Steuern ist am Abschlussstichtag zu bestimmen, wofür individuelle Abwägungen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der künftigen Steuerentlastung vorzunehmen sind. Erforderlich wird demnach eine aus der Unternehmensplanung abgeleitete Steuerplanung sein. Die Werthaltigkeit wird gegeben sein, wenn bei Umkehrung der Differenz ausreichend hohe künftige steuerpflichtige Einkünfte mit hinreichender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden können.
Für den Ausweis in der Bilanz sind aktive und passive latente Steuern grundsätzlich zu saldieren; ausgenommen sind aber latente Steuern, die in Verbindung mit Ertragssteuern stehen, die nicht von derselben Steuerbehörde erhoben werden. Die Bilanzierungspflicht eines passiven Saldoüberhangs als Rückstellung wurde inhaltlich unverändert aus der Altregelung übernommen. Ein aktiver Saldoüberhang ist bei einer mittelgroßen oder großen Kapitalgesellschaft verpflichtend anzusetzen, wofür die Bilanzgliederung in § 224 Abs 2 UGB um den Bilanzposten „D. Aktive latente Steuern“ erweitert wurde. In der Gewinn- und Verlustrechnung sind die latenten Steuern gesondert unter den “Steuern vom Einkommen und vom Ertrag” auszuweisen. Weiters sind diese Beträge im Anhang gemäß § 238 Abs 1 Z 3 UGB aufzuschlüsseln.
Hinzuweisen ist darauf, dass ein aktiver Saldoüberhang an latenten Steuern zwar zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote führt, jedoch – wie bisher – einer Ausschüttungssperre unterliegt (§ 235 Abs 2 UGB).
Bei der Ermittlung des Abgrenzungsbetrages besteht nunmehr bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen das Wahlrecht, aktive latente Steuern auf steuerliche Verlustvorträge zu berücksichtigen. Das Wahlrecht kann nur ausgeübt werden, wenn ausreichend passive latente Steuern vorhanden sind oder „überzeugende substantielle Hinweise“ vorliegen, dass ein ausreichendes zu versteuerndes Ergebnis in Zukunft zur Verfügung stehen wird, wogegen die Verlustvorträge verrechnet werden können. Bei Ausübung des Wahlrechtes sind die substanziellen Hinweise in die Anhangsangabe nach § 238 Abs 1 Z 3 UGB aufzunehmen. Bestimmte gesetzlich normierte Sachverhalte sind bei der Ermittlung der latenten Steuern jedoch nicht zu berücksichtigen:
- Latente Steuern, die aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts(Firmen)werts entstehen, sind nicht zu berücksichtigen. Die Ausnahme bezieht sich dezidiert auf den erstmaligen Ansatz, dh kommt es beim Firmenwert nach dem erstmaligen Ansatz zu temporären Differenzen (aufgrund unterschiedlicher unternehmensrechtlicher und steuerrechtlicher Abschreibungsdauern des Geschäfts(Firmen)werts), so entstehen in weiterer Folge aktive latente Steuern.
- Eine weitere Ausnahme besteht für den erstmaligen Ansatz eines Vermögenswertes oder einer Schuld aus einem Geschäftsfall, dem keine Umgründung iSd § 202 Abs 2 UGB oder Übernahme iSd § 203 Abs 5 UGB zugrunde liegt, und der zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls weder das bilanzielle Ergebnis vor Steuern noch das zu versteuernde Ergebnis beeinflusst. Daher sind aus dem erstmaligen Ansatz im Zuge von Umgründungen stammende temporäre Differenzen, die durch die Ausübung des Wahlrechts auf Neubewertung des übertragenen Vermögens bei der Ermittlung der latenten Steuern grundsätzlich zu berücksichtigen.
- Die dritte Ausnahme verhindert die Bildung von latenten Steuern in Konzernbeziehungen, wenn das Mutterunternehmen den zeitlichen Verlauf der Auflösung der temporären Differenzen steuern kann und eine Auflösung der temporären Differenzen in absehbarer Zeit unwahrscheinlich ist.
Die Neubestimmungen zu latenten Steuern sind erstmals auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 beginnen. Sollte die erstmalige Anwendung der Neuregelungen den Ansatz von aktiven oder passiven latenten Steuern erfordern, sieht das Übergangsrecht vor, dass der daraus resultierende Aufwand oder Ertrag auf längstens fünf Geschäftsjahre zu verteilen ist oder im ersten Jahr der Anwendung zur Gänze bilanziell berücksichtigt werden kann.
c) Sonstige Hinweise
- Der unternehmensrechtliche Geschäfts- bzw Firmenwert (für Geschäfts- bzw Firmenwerte, die nach dem 31.12.2015 ermittelt werden) ist planmäßig auf die Geschäftsjahre, in denen der Firmenwert voraussichtlich genutzt wird, zu verteilen. Falls eine verlässliche Nutzungsdauer nicht geschätzt werden kann, ist dieser über 10 Jahre gleichmäßig verteilt abzuschreiben. Die Nutzungsdauer ist im Anhang zu erläutern. Für steuerliche Zwecke gilt weiterhin eine Abschreibungsdauer von 15 Jahren. Durch die idR unterschiedliche Nutzungsdauern zwischen Unternehmens- und Steuerrecht wird eine aktive Steuerlatenz zu bilden sein.
- Das Disagio (= Differenz zwischen Ausgabebetrag und höherem Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit) ist künftig – analog zum Steuerrecht – verpflichtend anzusetzen (aktiver Rechnungsabgrenzungsposten) und über die Laufzeit des Kredites zu verteilen. Für bereits per 31.12.2015 bestehende Verbindlichkeiten muss keine nachträgliche Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens vorgenommen werden.
- Der Umfang der Herstellungskosten wird an den steuerlichen angeglichen. Neben den Einzelkosten sind nunmehr unternehmensrechtlich auch fixe (angemessene) Gemeinkosten zwingend anzusetzen. Erstmals sind von der Neuregelung Herstellungsvorgänge betroffen, die in Geschäftsjahren anfallen, die nach dem 31.12.2015 beginnen.
- Nach neuer Rechtslage besteht nicht mehr nur für Beteiligungen ein Zuschreibungspflicht (bei vorangehender außerplanmäßiger Abschreibung und späterer Werterholung), sondern für sämtliche Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens (Ausnahme: Geschäfts- bzw Firmenwert). Auch in der Vergangenheit unterlassene Zuschreibungen bleiben nicht vom Zuschreibungsgebot verschont. Wurde in den Vorjahren von einer Zuschreibung abgesehen, so ist, wenn die Gründe nicht mehr bestehen, in dem Geschäftsjahr, das nach dem 31.12.2015 beginnt, eine Zuschreibung vorzunehmen. Um die steuerrechtlichen Folgen zu mildern (Zuschreibung ist erfolgs- und damit steuerwirksam) kann eine sogenannte Zuschreibungsrücklage (mittels Antrags in der Steuererklärung) gebildet werden. Der in der Rücklage erfasste Betrag kann (Wahlrecht) in der UGB-Bilanz unter den passiven Rechnungsabgrenzungsposten erfasst werden. Die Wirtschaftsgüter sind in ein Verzeichnis aufzunehmen, wonach der steuerliche Bilanzansatz des betreffenden Wirtschaftsgutes sowie die Zuschreibungsrücklage bis zum Ausscheiden des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen jährlich evident zu halten sind. Soweit in den Folgejahren nach Bildung der Zuschreibungsrücklage eine laufende Absetzung für Abnutzung für das betreffende Wirtschaftsgut erfolgt, kommt es zu einer ratierlichen Auflösung des betreffenden Teils der Zuschreibungsrücklage. Spätestens im Zeitpunkt des Ausscheidens ist die Zuschreibungsrücklage steuerwirksam aufzulösen.
6. Auf den Punkt gebracht
- Mit dem RÄG 2014 wurden die Schwellenwerte erhöht und eine neue Größenkategorie „Kleinstkapitalgesellschaften“ eingeführt, für die ein Anhang nicht aufgestellt werden muss. Parallel zur Erhöhung der Schwellenwerte wurde der Begriff der „Umsatzerlöse“ erweitert, wodurch das Überschreiten bestimmter Schwellenwerte idR schneller erfolgt.
- Aktive latente Steuern sind in einem eigenen neuen Posten nach den Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Die Fristigkeit von Forderungen und Verbindlichkeiten ist verpflichtend in der Bilanz anzugeben.
- Außerordentliche Aufwendungen und Erträge sind nicht mehr gesondert in der GuV auszuweisen. Der Posten „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ entfällt.
- Die Berechnung latenter Steuern folgt nunmehr dem bilanzorientierten „temporary concept“.
- Aktive latente Steuern sind bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften verpflichtend anzusetzen, wobei die Ausschüttungssperre gem § 235 Abs 2 UGB zu beachten ist
- Verbindlichkeiten und Rückstellungen sind mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen.
- Sozialkapitalrückstellungen sind nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln, wobei die diesbezügliche AFRAC-Stellungnahme Erleichterungen vorsieht.
- Sonstige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von über einem Jahr sind mit einem marktüblichen Zinssatz abzuzinsen.
[1] Für Kleinstkapitalgesellschaften entfällt dies aufgrund des fehlenden Anhangs.
[2] ErläutRV 367, BlgNR 25. GP 8.
[3] AFRAC-Stellungnahme Nr. 27, Personalrückstellungen (Juni 2016).