Streitgegenständlich war in einem vor dem BFG (19.06.2018, RV/7100346/2012) anhängigen Fall, ob eine iZm Genussscheinzinsen einer deutschen Aktiengesellschaft einbehaltene deutsche Quellensteuer nach dem DBA Deutschland anzurechnen ist.
Eine in Österreich ansässige natürliche Person (= Beschwerdeführer, Bf) hielt im Streitzeitraum Genussscheine an der deutschen XY AG im Nominale von € 48.670,–. Die Genussscheine gewährten einen jährlichen Gewinnanteil von 15% auf den Nominalwert, der abhängig vom Konzernjahresüberschuss teilweise oder auch ganz ausfallen konnte. Diese verminderten Gewinnanteile mussten in Folgejahren nicht ausgeglichen werden. Von 2005 bis 2009 erhielt der in Österreich ansässige Bf (deutsche) Ausschüttungen von jeweils € 7.300,50 (= 15% des Nominales), welche in Österreich auf Basis von Art 11 Abs 1 DBA-Deutschland als Zinseinkünfte einer Besteuerung im Ausmaß von 25% unterzogen wurden. Nach Art 11 Abs 1 DBA Deutschland dürfen Zinsen ausschließlich in Österreich besteuert werden. Allerdings qualifizierte die Ausschüttungen demgegenüber als Einkünfte aus Forderungen mit Gewinnbeteiligung iSd Art 11 Abs 2 DBA-Deutschland und beanspruchte für sich als Quellenstaat ebenso das Besteuerungsrecht. Die österreichische Finanzverwaltung verweigerte in weiterer Folge eine Anrechnung der deutschen Quellensteuer (Art 23 Abs 2 lit b DBA Deutschland).
Fraglich war somit, ob Genussscheine unter den Begriff der „Forderungen mit Gewinnbeteiligung“ iSd Art 11 Abs 2 DBA Deutschland zu subsumieren sind und Deutschland ein Quellenbesteuerungsrecht für die Zinseinkünfte hat.
In seiner Entscheidungsbegründung bezieht sich das BFG (19.06.2018, RV/7100346/2012) im Wesentlichen auf die rechtliche Würdigung eines Schiedsspruchs des EuGH (12. 9. 2017, C-648/15, Österreich/Deutschland). Auf Basis der EuGH-Rsp qualifiziert das BFG die vorliegenden Einkünfte als Zinseinkünfte iSd Art 11 Abs 1 DBA Deutschland.
Nach dem EuGH ist der abkommensrechtliche Begriff "Forderung mit Gewinnbeteiligung" nach völkerrechtlichen Methoden (in diesem Fal nach den Bestimmungen des Wiener Übereinkommens) auszulegen. Diese Auslegung wird nach Ansicht des EuGH durch den Zusammenhangu und die Zielsetzung der Bestimmungen gestützt, wonach der Begriff in Art 11 Abs 2 DBA vor einer Aufzählung steht, die seiner Veranschaulichung dient und in der drei Arten von Finanzinstrumenten genannt werden, deren gemeinsames Merkmal darin liegt, dass sich ihre Vergütung in Abhängigkeit vom Jahresgewinn des Emittenten ändern kann ("Gewinnobligationen", "partiarische Darlehen", "stiller Gesellschafter"). Bei „Forderungen mit Gewinnbeteiligung“ handle es sich somit um Finanzprodukte, „deren Vergütung sich zumindest teilweise in Abhängigkeit von der Höhe des Jahresgewinns des Schuldners ändere“.
Entscheidend für das BFG ist letztendlich , dass die XY-Genussscheine einen Anspruch auf eine Gewinnausschüttung nach einem zwar nicht garantierten, aber bei der Zeichnung im Voraus festgelegten festen Prozentsatz (15%) des Nennwerts gewähren und, wie auch der EuGH in seinem Schiedsspruch abschließend betont, über den Anspruch auf die jährlichen Zinsen hinaus nicht zur Beteiligung am Gewinn berechtigen. Folglich liegt damit eine grundsätzlich vereinbarte feste Verzinsung vor, die einer Beurteilung der XY-Genussscheine als „Forderung“ nach Art 11 Abs 2 DBA-Deutschland ausschließen.
Im Ergebnis steht Österreich nach Art 11 Abs 1 DBA-Deutschland das alleinige Besteuerungsrecht zu, weshalb eine in Deutschland einbehaltene Quellensteuer in Österreich nicht zur Anrechnung gebracht werden kann.
Das BFG verneinte das Vorliegen einer „Forderung mit Gewinnbeteiligung“ iSv Art 11 Abs 2 DBA Deutschland unter Rückgriff auf die rechtliche Würdigung eines EuGH-Schiedsspruchs zu einem ähnlich gelagerten, jedoch im Detail abweichenden Sachverhalt. Steuerliche Konsequenz ist, dass ein Quellenbesteuerungsrecht Deutschlands an den Genussscheinzinsen zu verneinen ist und eine einbehaltene Quellensteuer nicht in Östereich angerechnet werden kann.
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