Die österreichische Regierung hat steuerliche Erleichterungen angekündigt; die Gesetzesentwürfe dazu sind derzeit in Begutachtung (Entwurf zum Konjunkturstärkungsgesetz 2020 und Investitionsprämiengesetz) geschickt worden (zB Einführung einer degressiven Abschreibung, Geltendmachung einer Sonderabschreibung für Gebäude, Einführung eines Verlustrücktrags, Investitionsprämie, etc.). Nachfolgend finden Sie einen kurzen Überblick über die geplanten Änderungen. Sämtliche wesentliche steuerliche Änderungen haben wir in Form einer Präsentation zusammengefasst.
Zu den interessantesten geplanten Maßnahmen:
Degressive Abschreibung
Als konjunkturfördernde Maßnahme wird die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung eingeführt. Die degressive Abschreibung für Wirtschaftsgüter, welche nach dem 30.06.2020 angeschafft oder hergestellt werden, soll mittels einem unveränderlichen Prozentsatz von höchstens 30% erfolgen. Dieser Prozentsatz ist in Folgejahren auf den jeweiligen Buchwert (Restbuchwert) anzuwenden. Die dadurch entstehende Erhöhung der AfA zu Beginn der Nutzungsdauer führt über eine Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage zu Liquiditätsvorteilen für die Unternehmen und soll Investitionsentscheidungen positiv beeinflussen. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Halbjahresabschreibungsregelung auch bei Vornahme einer degressiven Abschreibung aufrecht bleibt.
Laut Gesetzesentwurf soll die degressive Abschreibung keiner Befristung unterliegen, für den betrieblichen und außerbetrieblichen Bereich gelten und wahlweise alternativ zur linearen Abschreibung angewendet werden können. Darüber hinaus soll der Übergang von der anfänglich gewählten degressiven Abschreibung auf die lineare Abschreibung möglich sein, umgekehrt allerdings nicht (!). Entscheidet sich der Steuerpflichtige daher bei erstmaliger Berücksichtigung für die lineare Abschreibung, ist die Möglichkeit der degressiven Abschreibung für dieses Wirtschaftsgut in der Folge ausgeschlossen. Für unterschiedliche Wirtschaftsgüter können unterschiedliche Abschreibungsmethoden gewählt werden.
Nicht anwendbar ist die degressive Abschreibung für folgende Wirtschaftsgüter:
- unkörperliche Wirtschaftsgüter,
- gebrauchte Wirtschaftsgüter,
- Gebäude (siehe jedoch Sonderregelung gleich) und Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude,
- PKWs (außer wenn zu mind. 80 % zur gewerblichen Personenbeförderung verwendet und Fahrschulfahrzeuge) sowie
- gewisse Anlagen in Verbindung mit fossilen Energieträgern.
Beispiel
Anschaffungskosten: € 100.000,-, Anschaffung und Inbetriebnahme im Jänner 2021, betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer: 8 Jahre; das Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Degressive Abschreibung bis 2025; 2026 erfolgt der Wechsel zur linearen Abschreibung.
Jahr
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Berechnung
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Degressiver
AfA-Betrag
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Restbuchwert
(Ende des Jahres)
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Vergleich: linearer
AfA-Betrag
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2021
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100.000 x 30%
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30.000
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70.000
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12.500
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2022
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70.000 x 30%
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21.000
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49.000
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12.500
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2023
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49.000 x 30%
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14.700
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34.300
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12.500
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2024
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34.300 x 30%
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10.290
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24.010
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12.500
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2025
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24.010 x 30%
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7.203
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16.807
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12.500
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2026
(Wechsel lineare AfA)
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16.807 : 3 Jahre RND
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5.602
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11.204
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12.500
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2027
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11.205 : 2 Jahre RND
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5.602
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5.602
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12.500
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2028
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5.602
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5.602
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0
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12.500
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Sonderabschreibung Gebäude
Des Weiteren wird eine beschleunigte Absetzung für die Abnutzung von Gebäuden vorgesehen, welche nach dem 30.06.2020 angeschafft oder hergestellt werden. Dies gilt auch für in das Betriebsvermögen eingelegte Gebäude, sofern diese nach dem 30. Juni 2020 im Privatvermögen angeschafft werden und die Einlage danach erfolgt.
Im Jahr, in dem die Abschreibung erstmals zu berücksichtigen ist, wird der „gewöhnlich“ zur Anwendung kommende Abschreibungsprozentsatz verdreifacht (im betrieblichen Bereich beträgt der reguläre Satz grundsätzlich 2,5% , im außerbetrieblichen Bereich 1,5%) und beträgt somit 7,5% bzw. 4,5%; im darauffolgenden Jahr verdoppelt und beträgt somit 5% bzw. 3%. Ab dem zweitfolgenden Jahr richtet sich die Abschreibung nach den allgemein bekannten Regelungen und beträgt sodann wieder 2,5% bzw. 1,5%.
Diese Sonderabschreibung gilt gleichermaßen für Gebäude im Betriebs- und Privatvermögen (Vermietung) und ist ebenfalls nicht befristet; die Halbjahres-AfA ist im Gegensatz zur degressiven Abschreibung jedoch nicht anwendbar!
Beispiel
Anschaffung eines Bürogebäudes im Jahr 2021, Anschaffungskosten (Gebäudeteil): 700.000, AfA-Satz nach§ 8 Abs 1 EStG: 2,5%.
- Beschleunigte AfA 2021: 700.000 x 7,5 % = 52.500
- Beschleunigte AfA 2022: 700.000 x 5 % = 35.000
- AfA ab 2023: 700.000 x 2,5 % = 17.500
Beispiel
Anschaffung eines bebauten Grundstücks im Jahr 2021, welches in weiterer Folge vermietet wird. Anschaffungskosten (Gebäudeteil): 400.000, AfA-Satz nach § 16 Abs 8 lit d EStG: 1,5%.
- Beschleunigte AfA 2021: 400.000 x 4,5 % = 18.000
- Beschleunigte AfA 2022: 400.000 x 3 % = 12.000
- AfA ab 2023: 400.000 x 1,5 % = 6.000
ACHTUNG: Aktuell ist sowohl bei der degressiven Abschreibung als auch bei der Sonderabschreibung für Gebäude nicht klar, ob die Herstellung der Wirtschaftsgüter / Gebäude erst mit 30.06.2020 beginnen darf, um in den Genuss dieser Maßnahmen zu kommen oder ob lediglich die Fertigstellung nach dem 30.06.2020 liegen muss.
Senkung der ersten Tarifstufe
Für Einkommensteile über EUR 11.000,- bis 18.000,- beträgt der Lohn- und Einkommensteuersatz derzeit 25%. Dieser „Eingangssteuersatz“ soll bereits rückwirkend ab 1.1.2020 auf 20% gesenkt werden. Bei Lohn- und Gehaltszahlungen ist der neue Tarif jedoch ab Kundmachung des Gesetzes anzuwenden, damit die Arbeitnehmer zeitnah von der Senkung des Eingangssteuersatzes profitieren. Die Monate von Jänner bis zur Kundmachung des laufenden Jahres sind im Wege einer Aufrollung ehestmöglich zu berücksichtigen, spätestens jedoch bis Ende September 2020.
Verlängerung des 55 % Spitzensteuersatztes bis 2025
Der Spitzensteuersatz von 55 % für Einkommensteile jenseits von € 1 Mio. war ursprünglich befristet bis 2020 und wir nunmehr um 5 Jahre – bis 2025 – verlängert.
Verkehrsabsetzbetrag und SV-Rückerstattung
Da Arbeitnehmer mit einem steuerpflichtigen Einkommen bis 11.000 Euro nicht von der Senkung des Eingangssteuersatzes profitieren können, wird der Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag um 100 Euro (somit auf maximal 400 Euro) angehoben. Auch der maximale SV-Bonus im Rahmen der SV-Rückerstattung wird ebenfalls von bisher 300 Euro auf 400 Euro erhöht.
Ergebnisglättung durch Verlustrücktrag
Betriebliche Verluste (Einkünfte aus Land u. Forstwirt., selbst. Arbeit und Gewerbebetrieb), die bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte des Veranlagungsjahres 2020 nicht ausgeglichen werden können, können auf Antrag bis zu einem Maximalbetrag iHv 5 Mio. Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 2019 in Abzug gebracht werden (Verlustrücktrag). Ist ein Abzug dieser Verluste im Jahr 2019 nicht möglich, so können sie unter gewissen Voraussetzungen im Rahmen der Veranlagung 2018 berücksichtigt werden. Hierzu muss jedoch noch eine Verordnung des BMF ergehen, die die genauen Voraussetzungen dafür festlegt. Dies gilt auch im Bereich der Körperschaftsteuer. Bei Unternehmensgruppen nach § 9 KStG ist der Antrag vom Gruppenträger zu stellen; die betragliche Grenze von 5 Mio. Euro gilt pro Körperschaft; an die Stelle des Gesamtbetrages der Einkünfte tritt das Gruppeneinkommen vor Sonderausgaben. Auch hier sind die genauen Voraussetzungen noch durch eine Verordnung des BMF festzulegen.
Darüber hinaus soll es eine Möglichkeit geben, die Verluste des Jahres 2020 vor der Veranlagung dieses Jahres (wie etwa durch die Bildung von Rücklagen in den Vorjahren) berücksichtigen zu können. Auch dafür ist das Ergehen einer Verordnung seitens des BMF erforderlich.
Neue Drei-Jahres-Verteilung für Gewinne aus der Landwirtschaft
In den letzten Jahren ist die Landwirtschaft verstärkt von Risiken in Bezug auf Preis- und Ertragsschwankungen betroffen. Die resultierenden Einkommensschwankungen werden auf mehrere Faktoren zurückgeführt, die oft auch gleichzeitig schlagend werden. Die Produktion – und damit auch die Erträge aus der Produktion – unterliegt verstärkt den Auswirkungen von extremen Witterungsverhältnissen. Infolge des Klimawandels kommt es nachweisbar häufiger zu Extremsituationen wie anhaltende Dürre oder Hitze, Starkregenereignisse, Spätfröste oder Stürme. Die Folge sind Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen. Es kommt zu Einkommensverlusten der Betriebe, da entstandene Schäden – wenn überhaupt – nur zum Teil kompensiert werden können.
Regelmäßige Ertragsschwankungen wirken sich gegenüber einer stabilen Ertragsentwicklung auf Grund des progressiven Tarifverlaufs in der Einkommensteuer nachteilig aus. Eine laufende Einkünfteverteilung kann diesen Nachteil ausgleichen. Dementsprechend sieht das Regierungsprogramm 2020 bis 2024 eine Drei-Jahres-Verteilung für Gewinne aus der Landwirtschaft vor. Die Verteilung soll gleichmäßig auf das Veranlagungsjahr der Einkünfteerzielung und die beiden Folgejahre erfolgen. Dazu sind die in die Verteilung einzubeziehenden Einkünfte in der Steuererklärung anzugeben, wodurch der Antrag auf Verteilung gestellt wird. Von diesem Wert wird ein Drittel in der betreffenden Veranlagung und automatisch jeweils ein Drittel in den Veranlagungen der beiden nachfolgenden Jahre berücksichtigt; eine neuerliche Eingabe von Drittelbeträgen aus Vorjahren ist daher nicht erforderlich.
Diese neue Drei-Jahres-Verteilung soll erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2020 angewendet werden können.
Investitionsprämie
Für Neuanschaffungen von Wirtschaftsgütern soll eine Investitionsprämie in Höhe von 7% zustehen. Gefördert werden materielle und immaterielle aktivierungspflichtige Neuinvestitionen in das abnutzbare Anlagevermögen eines Unternehmens an österreichischen Standorten, für die zwischen dem 1. September 2020 und 28. Februar 2021 diese Förderung in Form einer Investitionsprämie beantragt und erste Maßnahmen (die im Gesetzesvorschlag noch nicht näher umschrieben sind) gesetzt wurden.
Explizit ausgenommen sind vor allem klimaschädliche Neuinvestitionen, unbebaute Grundstücke, Finanzanlagen, Unternehmensübernahmen und aktivierte Eigenleistungen. Für Güter im Zusammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit/Life Science kommt ein erhöhter Prämiensatz von 14% zur Anwendung. Die genauere Ausgestaltung der Prämie wird sich in der Förderungsrichtlinie finden, die ua Voraussetzungen und das Ausmaß der Prämie sowie das Verfahren zur Erlangung dieser enthalten wird. Aktuell ist diese Förderungsrichtlinie in Arbeit. Klar ist jedenfalls, dass diese Prämie in der Form eines Zuschusses gewährt werden soll; die Abwicklung übernimmt das AWS (Austria Wirtschaftsservice).
TIPP: Bereits geplante Investitionen sollten nach Möglichkeit noch aufgeschoben werden.
Weitere Maßnahmen
Als weitere Maßnahmen, die hier nicht im Detail behandelt werden, sind vorgesehen: Änderung der Tarife der Flugabgabe (insb Erhöhung bei Kurzstrecken), Begünstigung von außerordentlichen Waldnutzungen und Kalamitätsnutzungen in der Forstwirtschaft im Jahr 2020, Änderungen bei der Gewinnermittlung und den Buchführungsgrenzen in der Land- und Forstwirtschaft, Änderungen beim Familienbonus Plus, verfahrensrechtliche Erleichterungen zur COVID-19-Prävention bei Amtshandlungen mit physischer Anwesenheit und mündlichen Verhandlungen sowie eine gesetzliche („automatische“) Verlängerung von bestimmten Steuerstundungen und Zahlungserleichterungen bis 15. Jänner 2021.
FAZIT: Aus Sicht der Investitionsplanung noch für das laufende Jahr 2020 und für Anfang 2021 sowie aus Sicht der Steuersystematik sind der Verlustrücktrag, die befristete Investitionsprämie sowie die degressive bzw. beschleunigte Abschreibung besonders beachtenswert.
Noch nicht in einen Gesetzesentwurf gegossen wurde das Investitionspaket. Dieses Paket soll Anreize zur der Erhöhung der Eigenkapitalquote, die Sanierungsoffensive und Anreize für Reparaturleistungen sowie das Gründerpaket (Einführung einer neuen Rechtsform: „Austrian Limited“) beinhalten.
Es bleibt somit gespannt abzuwarten, welche Maßnahmen noch verlautbart werden.