Am 14.06.2017 haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EU) 2017/1129 über den Prospekt erlassen, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist. Diese Verordnung ist ein wesentlicher Schritt zur Vollendung der Kapitalmarktunion im Sinne der Mitteilung der Kommission vom 30.09.2015 mit dem Titel „Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion“. Ziel der Kapitalmarktunion ist es, Unternehmen den Zugang zu einer größeren Vielfalt an Finanzierungsquellen in der gesamten Europäischen Union zu erleichtern, ein effizienteres Funktionieren der Märkte zu ermöglichen und Anlegern sowie Sparern zusätzliche Ertragsmöglichkeiten zu bieten, um so das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern.
Mit der Richtlinie 2003/71/EG (EU-Prospekt-Richtlinie) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 wurden harmonisierte Grundsätze und Vorschriften für den Prospekt festgelegt. Angesichts der Rechts- und Marktentwicklungen seit Inkrafttreten der Richtlinie wird diese Richtlinie mit der Verordnung (EU) 2017/1129 mit Wirkung vom 21.07.2019 aufgehoben (Art. 46) und durch diese Verordnung ersetzt.
Die Verordnung (EU) 2017/1129 tritt ab dem 20.07.2017 in Kraft, jedoch gilt der überwiegende Teil des Inhalts erst zum 21.07.2019.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat vor dem Hintergrund der gesetzlichen Änderungen für Wertpapierprospekte seinen Rechnungslegungshinweis zur Erstellung von Pro-Forma-Finanzinformationen (IDW RH HFA 1.004) überarbeitet und am 12.07.2017 veröffentlicht.
Zweck von Pro-Forma-Finanzinformationen ist es darzustellen, welche wesentlichen Auswirkungen relevante Unternehmenstransaktionen auf die historischen Abschlüsse gehabt hätten, wenn die Unternehmenstransaktion in Bezug auf den Abschluss während des gesamten Berichtszeitraums bestanden hätte. Dabei werden unter einer Unternehmenstransaktion Transaktionen oder bedeutende finanzielle Verpflichtungen verstanden, die zu einer Änderung der Unternehmensstruktur führen (werden), beispielsweise der Zugang oder Abgang eines Tochterunternehmens, eines Teilkonzerns oder eines Unternehmensteils.
Relevante Unternehmenstransaktionen werden gemäß IDW RH HFA 1.004 grundsätzlich anhand von drei Kriterien bestimmt, wobei mindestens eines erfüllt sein muss. Vereinfachend zusammengefasst handelt es sich bei den drei Kriterien um eine Änderung der Bilanzsumme, der Umsatzerlöse oder des Jahresergebnisses um mehr als 25 % im Vergleich zum letzten Jahresabschluss vor der Unternehmenstransaktion.
Hinsichtlich des Umfangs der Pro-FormaFinanzinformationen gibt der Rechnungslegungshinweis des IDW mehrere Beispiele zur Veranschaulichung, ob eine oder mehrere Pro-Forma-Gewinn- und Verlustrechnung(en), ggf. eine Pro-FormaBilanz und (zwingend) Erläuterungen zu erstellen sind. Auch finden sich genaue Vorgaben hinsichtlich Ermittlung und Darstellung der Pro-Forma-Finanzinformationen, z.B. Vorgaben zu der Darstellung in mehreren Spalten (Spaltenform). Typische Pro-Forma-Anpassungen betreffen unmittelbar aus der Unternehmenstransaktion resultierende Aufwendungen, wie Abschreibungen des Geschäfts- oder Firmenwerts und auf zusätzlich anzusetzende immaterielle Vermögensgegenstände, Mehrabschreibungen auf Sachanlagen und Folgeaufwendungen aus der Aufdeckung stiller Reserven im Umlaufvermögen.
Darüber hinaus greift der RH HFA 1.004 die notwendigen Pro-Forma-Erläuterungen auf und betont, dass diese so umfassend und verständlich sein müssen, dass damit die vorgenommenen Pro-FormaAnpassungen nachvollziehbar sind. Für die Erläuterungen wird folgende Gliederung vorgeschlagen: (1) Einleitender, begründender Abschnitt, (2) Grundlagen der Erstellung, (3) Erläuterung der Pro-FormaAnpassungen im Detail
Unsere WTS Experten und Gastautoren informieren regelmäßig über aktuelle Themen aus den Bereichen Tax, Legal und Financial Advisory
Sie haben Fragen zu unseren Services oder der WTS? Lassen Sie es uns wissen. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail oder rufen Sie uns direkt an.