Zum 01.01.2021 startet der nationale Emissionshandel (nEHS) nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) in Deutschland. Unter das neue Instrument fallen Emissionen aus den Bereichen Wärme und Verkehr. Im Zusammenhang mit der Einführung des nEHS müssen in den Unternehmen kurzfristig Strukturen zur Abwicklung der neuen Pflichten geschaffen werden.
An Energiesteuer gekoppelte Zertifikatepflicht
Entscheidend für den Umfang der zusätzlichen Tätigkeiten ist dabei, ob das jeweilige Unternehmen selbst unter den Handel fällt und zertifikatepflichtig wird oder lediglich mit höheren Energiekosten konfrontiert ist. Unmittelbar betroffen sind Unternehmen, die Energieerzeugnisse in Verkehr bringen und dadurch Schuldner der Energiesteuer werden. Zertifikate nach BEHG sind zu hinterlegen, wenn Energieerzeugnisse in den Verkehr gebracht werden und dadurch die Energiesteuer entsteht. Durch Abstellung auf die dem Verbrauch vorgelagerte Handelsstufe soll der administrative Aufwand verringert werden.
Zunächst sind die unter das nEHS fallenden Energieströme zu bestimmen. In der zweijährigen Startphase 2021-2022 fallen Benzin, Gasöle, Heizöle, Erdgas und Flüssiggase unter das BEHG. Ab 2023 werden die erfassten Brennstoffe dann erweitert, insbesondere um Mischstoffe, Kohle und Abfallstoffe. Elektrischer Strom fällt nicht unter das BEHG. Die Emissionszertifikate sind zu schrittweise ansteigenden Festpreisen zu erwerben, beginnend in 2021 mit € 25 je emittierter Tonne Kohlenstoffdioxidäquivalent, bis € 55 pro Tonne CO2 in 2025. Danach sollen die Zertifikate versteigert werden.
Anpassung Energielieferverträge
Aus den zusätzlichen Belastungen resultiert ein Anpassungsbedarf für die Energielieferverträge im Energieeinkauf und -verkauf. Zur Überwälzung der Kosten sind Preisklauseln sowie Steuern- und Abgabenklauseln zu prüfen. Neben den Verträgen zum Energiebezug ist auch festzustellen, ob bei der Energieabgabe an Dritte, z.B. an Mieter, die zusätzlichen Kosten aus dem nEHS weitergegeben werden können.
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Einheit |
2021 |
2022 |
2023 |
2024 |
2025 |
Erdgas |
kWh |
0,5 Cent |
0,5 Cent |
0,6 Cent |
0,8 Cent |
1,0 Cent |
Superbenzin |
l |
6 Cent |
7 Cent |
8 Cent |
11 Cent |
13 Cent |
Diesel |
l |
7 Cent |
8 Cent |
10 Cent |
12 Cent |
15 Cent |
leichtes Heizöl |
l |
7 Cent |
8 Cent |
10 Cent |
12 Cent |
15 Cent |
Schrittweise Erhöhung der Preise für ausgewählte Brennstoffe durch das BEHG in Euro-Cent; Quelle: Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt)
Dementsprechend führt der neue Emissionshandel grundsätzlich zu höheren Energiepreisen für alle Verbraucher fossiler Brennstoffe, auch für diejenigen, die nicht selbst unter den Handel fallen. Betroffen sind Verkehrsunternehmen, Industriebetriebe, die Gebäudewirtschaft und auch Privatverbraucher. Die Preiswirkung soll einen Schub für nicht dem BEHG unterliegende erneuerbare Energiequellen bringen.
Umstieg auf emissionsärmere Brennstoffe
Auf dieser Grundlage sind die Auswirkungen des BEHG auf die strategische und operative Planung zu prüfen. Unter Umständen ist ein Umstieg auf alternative Energieträger bzw. ein Umbau der vorhanden technischen Anlagen rentabel, da die Zertifikatspflicht nicht für erneuerbare Brennstoffe entsteht. So fallen biogene Brennstoffe nach dem aktuellen Gesetzesstand nicht unter den Anwendungsbereich des BEHG.
Emissionsmessung und Zertifizierung
Jeder Beteiligte im nEHS hat einen von der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) zu genehmigenden Überwachungsplan zu erstellen, aus dem sich die Ermittlung der ausgleichpflichtigen Emissionen ergibt. In der Startphase (2021 und 2022) muss noch kein Überwachungsplan erstellt und zertifiziert werden. Jeweils zum 31.07. des auf die Inverkehrbringung folgenden Jahres sind Emissionsberichte über die tatsächlichen Brennstoffemissionen für das entsprechende Kalenderjahr bei der DEHSt einzureichen. Die Emissionsberichte sind zuvor durch einen zugelassenen Zertifizierer (z.B. TÜV) zu genehmigen.
Zertifikatehandel
Die operative Abwicklung des Zertifikatehandels wird noch durch den Verordnungsgeber konkretisiert. Aktuell wird überwiegend davon ausgegangen, dass dieser auf einem zentralen Online-Handelsplatz wie der Leipziger Energiebörse EEX, die aktuell u.a. für den europäischen Emissionshandel EU ETS zuständig ist, erfolgen wird. Betroffene müssen sich als Teilnehmer an diesem Handelsplatz registrieren lassen und entsprechend Zertifikate in Auktionen oder dem laufenden Handel erwerben. Unter Zuhilfenahme von Erfahrungswerten aus dem EU ETS ist die Marktentwicklung der Zertfikatepreise zu analysieren, um die bestmöglichen Zeitpunkte für Kauf oder Verkauf von Zertifikaten zu bestimmen.
Bei der DEHSt hat jeder Verantwortliche ein Konto im Emissionshandelsregister zu führen („Compliance-Konto“) Jeweils zum 30.09. des Folgejahres, also erstmals 2022, sind die Zertifikate für die in den Verkehr gebrachten Energieerzeugnisse über das elektronische Konto abzugeben. Es ist für eine ausreichende Deckung des Kontos mit Emissionszertifikaten zu sorgen.
Prüfung von Ausnahmetatbeständen
Weiterhin ist zu prüfen, ob Begünstigungstatbestände des BEHG in Anspruch genommen werden können. Unter den europäischen Emissionshandel EU ETS fallende Anlagen sollen vom nEHS ausgenommen werden. Besonders energieintensive Unternehmen können von Härtefallregelungen oder von Carbon Leakage-Begünstigungen profitieren. Die genaue Ausgestaltung ist derzeit Gegenstand der Verordnungsgebung.
Mögliche Verfassungswidrigkeit und Rechtsentwicklung
Insbesondere hinsichtlich der Einführungsphase mit festen CO2-Preisen und ohne Emissionsmengenbegrenzung besteht Uneinigkeit über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Instruments. Daneben werden Erweiterungen wie bspw. Regelungen zu einem Grenzausgleich sowie die Integration in den EU ETS oder einen anderen Emissionshandel diskutiert. Auch die Rechtsprechung und Literatur dürften sich in Zukunft dynamisch entwickeln. Daher ist genaues Monitoring von Gesetzgebung und Behördenpraxis zu den neuen Instrumenten erforderlich.