Bundesregierung: Wachstumsinitiative – Neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland

Die Bundesregierung hat sich am 05.07.2024 auf den Regierungsentwurf für den Haushalt 2025 und eine Wachstumsinitiative geeinigt. Das BMF hat hierzu ein Papier veröffentlicht, das die folgenden steuerlichen Maßnahmen auflistet:

• Abschreibungsbedingungen verbessern: Beschleunigte Abschreibungen von Investitionsgütern haben einen direkten positiven Effekt auf die Investitionstätigkeit. Mit dem Ziel, private Investitionen anzureizen will die Bundesregierung deshalb
  a) die degressive Abschreibung bis 2028 verlängern und den Satz von 20 % auf 25 % anheben und
  b) eine Reform der Sammelabschreibungen vornehmen durch Einstieg in die Pool-Abschreibung (Anhebung auf € 5.000).
   
• Forschungszulage ausweiten: Die Bundesregierung will die Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage um weitere € 2 Mio. auf € 12 Mio. erhöhen. Die maximale Zulage würde sich dadurch pro Jahr auf € 3 Mio. und für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) auf € 4,2 Mio. erhöhen.
   
• Kalte Progression vermeiden: Inflationsbedingte Mehrbelastungen für die Steuerzahler sollen vermieden werden. Die Bundesregierung will deshalb die Effekte der kalten Progression auch für die Jahre 2025 und 2026 vermeiden und daher die Tarifeckwerte entsprechend verschieben (vgl. hierzu bereits unten den Referentenentwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024).
   
• E-Mobilitätsstandort stärken: Die Bundesregierung setzt in ihrem Handeln auf Technologieoffenheit. Daher beziehen sich die folgenden Maßnahmen sowohl auf vollelektrische Fahrzeuge als auch auf vergleichbare Nullemissionsfahrzeuge (z.B. solche, die vollständig mit E-Fuels angetrieben werden):
  a) Für Unternehmen soll rückwirkend zum 01.07.2024 eine Sonderabschreibung für neu zugelassene vollelektrische und vergleichbare Nullemissionsfahrzeuge eingeführt werden, die die Anschaffung der betroffenen Fahrzeuge deutlich attraktiver macht. Die Sonderabschreibung soll für Neuzulassungen bis Ende 2028 gelten.
  b) Erhöhung des Deckels für den Brutto-Listenpreis von € 70.000 auf € 95.000 bei der Dienstwagenbesteuerung für E-Fahrzeuge.
  c) Steuerliche Gleichstellung von ausschließlich mit E-Fuels betriebenen Kraftfahrzeugen mit vollelektrischen Fahrzeugen, insbesondere bei der KfZ-Steuer und der Dienstwagenbesteuerung.
   
• Steuerrecht vereinfachen: Ein attraktiver Standort braucht ein einfaches und handhabbares Steuerrecht. Der Aufwand für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen müsse reduziert werden. Deshalb sollen Potentiale zur Vereinfachung für Steuerpflichtige und Verwaltung gehoben und der digitale Zugang zum Steuerrecht erleichtert werden. Die Bundesregierung will die Vorschläge der Experten-Kommissionen „Vereinfachte Unternehmenssteuer“ und „Bürgernahe Einkommensteuer“ (vgl. hierzu unten in gesondertem Beitrag) prüfen und bei positivem Ergebnis noch in diesem Jahr in einem Gesetzesvorhaben umsetzen.
   
• Mehrarbeit honorieren und Flexibilität ermöglichen: Die Bundesregierung will die folgenden Maßnahmen umsetzen, um flexiblere Arbeitsmodelle zu ermöglichen und Mehrarbeit angemessen zu honorieren:
  a) Damit sich Mehrarbeit auszahlt, sollen Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuer- und beitragsfrei gestellt werden. Als Vollzeitarbeit gilt dabei für tarifliche Regelungen eine Wochenarbeitszeit von mindestens 34 Stunden, für nicht tariflich festgelegte oder vereinbarte Arbeitszeiten von 40 Stunden.
  b) Die Bundesregierung will einen neuen steuerlichen Anreiz zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten schaffen: Wenn Arbeitgeber eine Prämie für die Ausweitung der Arbeitszeit zahlen, will die Bundesregierung diese Prämie steuerlich begünstigen. Missbrauch soll ausgeschlossen werden.
   
• Frauenerwerbstätigkeit stärken: Einen Beitrag zu mehr Frauenerwerbstätigkeit soll u.a. die Überführung der Steuerklassenkombination III/V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV leisten. Die Bundesregierung will gemeinsam mit den Ländern prüfen, wie diese Umsetzung möglichst zeitnah und deutlich schneller als bis zum bisher avisierten Jahr 2030 erfolgen kann (vgl. hierzu bereits unten den Referentenentwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024).
   
• Arbeitsaufnahme in Deutschland steuerlich begünstigen: Um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen, will die Bundesregierung zudem steuerliche Anreize für die Arbeitsaufnahme in Deutschland einführen. Dazu sollen neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 % vom Bruttolohn steuerfrei stellen können. Für diese Freistellung soll eine Unter- und Obergrenze für den Bruttolohn definiert werden. Die Regelung soll nach fünf Jahren evaluiert werden.
   
• Finanzstandort Deutschland stärken, Wagniskapital mobilisieren: Im Rahmen der Initiative für Wagnis- und Wachstumskapital für Deutschland (sog. WIN-Initiative) werden insbesondere folgende Maßnahmen mit dem Ziel der Umsetzung erörtert:
  a) Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen von VC-Investments, insbesondere:
  - Anpassungen bei der Besteuerung von Investitionen in gewerbliche Personengesellschaften durch Fonds, die unter das Investmentsteuergesetz fallen, und damit auch in VC-Fonds;
  - Anpassungen bei der Besteuerung von Gewinnen aus Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, wenn diese reinvestiert werden („Roll-Over“).
  b) Zudem soll das Betriebsausgabenabzugsverbot der Bankenabgabe aufgehoben werden.
   
• Strompreispaket verstetigen und ausweiten: Um den Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit zu geben, will die Bundesregierung die Stromsteuer für den jetzigen Begünstitenkreis dauerhaft auf das EU-Minimum von 0,50 Euro/MWh (0,05 ct/kWh) absenken. Das entspreche einer Entlastung der Wirtschaft in Höhe von € 3,25 Mrd./Jahr. Die bisher bis 2028 befristete Strompreiskompensation (SPK) werde bis 2030 verlängert; dies entspreche auch der Laufzeit der entsprechenden Beihilfeleitlinien und einer jährlichen Entlastung der Wirtschaft in Höhe von € 3,9 Mrd./Jahr.

Die Wachstumsinitiative enthält somit positive Ansätze und steuerliche Wachstumsimpulse, reicht aber nicht, um die strukturellen Schwächen im deutschen Unternehmenssteuerrecht zu beseitigen. So findet sich die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland mittlerweile unter den Spitzenwerten innerhalb der Staatengemeinschaft und stellt einen Standortnachteil dar. International wettbewerbsfähig wäre eine Steuerbelastung von maximal 25 %.