Das Bundearbeitsgericht (BAG) beschäftigte sich mit der Frage, ob auch solchen Arbeitnehmern die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie zusteht, die sich zum Zeitpunkt der Gewährung in Altersteilzeit befinden. Ursächlich für die Beantwortung der Frage ist die Klage eines Arbeitnehmers, der die Feststellung der Ungleichbehandlung begehrte.
Der Ausgangsfall
Gemäß § 3 Nr. 11v EstG ist es Arbeitgebern möglich, Arbeitnehmern ein Zuschuss von bis zu 3.000 EUR als Inflationsprämie zu zahlen. Im konkreten Fall einigten sich der Arbeitgeberverband energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen sowie die Gewerkschaft im Jahr 2023 tarifvertraglich auf einer Gewährung einer solchen Inflationsausgleichsprämie gem. § 3 Nr. 11c EstG. Es wurde vereinbart, dass der Maximalbetrag unabhängig des individuellen Beschäftigungsgrades gewährt werden soll. Tarifvertraglich ausgeschlossen wurden hingegen solche Arbeitnehmer, die sich zum Zeitpunkt des 31. Mai 2023 in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befanden. Der Kläger befand sich seit dem 1. Mai 2022 in Altersteilzeit und war demnach von dem tarifvertraglichen Ausschluss unmittelbar betroffen.
Verstößt dieser Ausschluss gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz?
Zu klären war, ob dieser tarifvertragliche Ausschluss gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt oder ob ein solcher Ausschluss möglich ist. Das BAG bejaht mit Urteil vom 12.11.2024 (9 AZR 71/24) einen Verstoß und verwirft somit die Entscheidung der vorangegangenen Instanz, welche den tariflichen Ausschluss zuvor in seiner Entscheidung für wirksam hielt.
Das BAG stellt fest, dass der tarifliche Ausschluss von Arbeitnehmern in der Passivphase der Altersteilzeit gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verstößt. Danach darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als einem vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine solche unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Der erforderliche Grund für die Ungleichbehandlung muss sich aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lassen.
Ein solcher Grund lässt sich vorliegend nicht herleiten, so das BAG. Vielmehr steht die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie gerade nicht im Verhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung der Arbeitnehmer. Darüber hinaus sind keine Unterschiede für einen unterschiedlichen Bedarf zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten aufgrund von gestiegenen Verbraucherpreisen ersichtlich, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden.
Wissenswertes:
- Das Altersteilzeitverhältnis (ATZ) ist ein vollwertiges Arbeitsverhältnis und unterliegt den allgemeinen und besonderen gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen, sowie den Arbeitsschutzbestimmungen, Arbeitszeitvorschriften und Mitwirkungsrechte des Betriebsrates.
- Die Auszahlung einer steuer- und sozialversicherungsabgabenfreien Inflationsausgleichprämie ist gem. § 3 Nr. 11c EstG an bestimmte persönliche, sachliche und zeitliche Voraussetzungen gebunden. So sind in persönlicher Hinsicht sind nur eigene Arbeitnehmer begünstigungsfähig. Für die Definition des Arbeitnehmers ist der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff iSd § 19 EStG, § 1 I 1 LStDV heranzuziehen. Es kommt allein auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses an. Daraus folgt, dass auch Auszubildene, Arbeitslohn beziehende Geschäftsführer (hier jedoch weitere Voraussetzungen erforderlich), geringfügig entlohnte Mitarbeiter, Arbeitnehmer in Kurzarbeit, im Krankengeldbezug, in Mutterschutz, Elternzeit oder in einem Sabbatical etc. zum begünstigungsfähigen Personenkreis zählen. Voraussetzung ist, dass die Inflationsausgleichsprämie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird (NZA 2023, 65).
Abschließend gilt der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Katharina Rathmann ein herzlicher Dank für ihre wertvolle Unterstützung und Mitwirkung an diesem Projekt.
