Mit Blick auf die Entwicklungen im Bereich der KI und die Studienergebnisse aus dem Jahr 2017 lassen sich klare Trends ableiten, was die Möglichkeiten und Potenziale für den Einsatz von KI-Modellen bzw. KI-Anwendungen im Steuerbereich betrifft. Sei es, um die bisherigen Arbeitsabläufe innerhalb von Steuerabteilungen effizienter zu gestalten oder komplette Prozesse zu automatisieren. Immer unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen des Steuermarktes, der technologischen Möglichkeiten und der Erfüllung datenschutzrechtlicher Anforderungen.
Hierfür wurden in der vorliegenden Studie von 2024 in enger Zusammenarbeit zwischen WTS und dem DFKI entsprechende Schlüsseltechnologien identifiziert und spezifische Anwendungsszenarien skizziert. Zudem wurden praxisnah die Potenziale für im Steuerbereich relevante Anwendungsfelder beschrieben und die dort vorhandenen Divergenzen und Problemstellungen erörtert. Darüber hinaus liefert die Studie konkrete Beispiele für die prototypische Umsetzung konkreter KI-Methoden, um deren Einsatzpotenziale für die einzelnen Steuerbereiche besser bewerten zu können.
Insbesondere die generativen Sprachmodelle bieten dabei ein enormes Potenzial, um z. B. unternehmensinternes Wissen in Kombination mit steuerlichen Gesetzesgrundlagen zur Beantwortung von steuerlichen Fragestellungen zu nutzen. Dennoch zeigt sich in den einzelnen Experten-Interviews, dass die großen technischen Entwicklungen bisher (noch) nicht breitflächig in der Praxis angekommen sind. Sei es aufgrund fehlenden Know-hows, nicht vorhandener Budgets oder Bedenken, was den Datenschutz betrifft. Und das trotz deutlich günstigerer Rahmenbedingungen und performanter Eigenschaften, die den Einsatz von KI im Steuerbereich zunehmend leichter gestalten.
So viel steht laut Aussagen der interviewten Experten der einzelnen Steuerbereiche fest: KI-Systeme werden eher früher als später Einzug halten und den längst fälligen Wandel weiter vorantreiben. Dabei werden vor allem die aktuellen KI-Technologien der generativen Sprachmodelle zum Zug kommen. Was nicht heißt, dass die länger erforschten Methoden wie bspw. Klassifikation und Anomalieerkennung an Relevanz verlieren. Ganz im Gegenteil, je nachdem welcher Anwendungsfall zu bearbeiten ist, müssen die entsprechenden Lösungen und Anwendungsfälle individuell ermittelt werden.
Vor allem aber setzt der Einsatz von KI-Systemen eine entsprechende Digitalisierung der Steuerfunktion und das Vorhandensein qualitativ hochwertiger Daten voraus. Das schließt die Weiterbildung bzw. das Einstellen von Mitarbeitern mit entsprechenden Skills mit ein, um mit KI-Anwendungen die täglichen Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Denn selbst die beste KI-Anwendung kann vorhandene Personalengpässe nur im begrenzten Maße entgegenwirken. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Faktor Mensch im Steuerbereich auch in Zukunft immer noch eine wichtige Rolle spielen wird. Sei es als Tax Prompter mit dem Wissen, der KI-Anwendung die richtigen Fragen zu stellen oder als prüfende Instanz, um etwaige Fehler auszugleichen. Im Zuge dessen müssen auch die Beratungsleistungen umgestellt oder zumindest angepasst werden.
Die technischen Voraussetzungen sind also mehr als nur gegeben. Erste KI-Methoden und Prototypen sind mittlerweile am Markt verfügbar, die einen relativ niedrigschwelligen Einstieg ermöglichen. Wichtigste Aufgabe der Steuerabteilungen bzw. Beratungsunternehmen ist es nun, die neuen Voraussetzungen schnellstmöglich in einsatzfähige Produkte zu übersetzen und gezielt anzuwenden. Dabei darf das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht aus dem Fokus geraten. So ist es zu vermeiden, KI-Lösungen zu entwickeln, die am Ende keinerlei Mehrwert bringen und nur als „technologisches Feigenblatt“ dienen. Hinzu kommt eine durchdachte und von Anfang an über alle Bereiche hinweg geplante KI-Strategie, die begleitet durch ein konsequentes Change Management alle Mitarbeiter im Unternehmen abholt. Sei es, um deren Vorbehalte gegenüber neuen Technologien bzw. Prozessen abzubauen oder besser noch deren Affinität für die Nutzung von KI-Anwendungen zu fördern. Nur so gelingt der Übergang in ein neues Zeitalter der Steuerberatung.
