Am 27. März 2024 wurde das Wachstumschancengesetz verkündet, welches - neben Maßnahmen zur steuerlichen Entlastung - auch Regelungen zum gesetzlichen Pflegeversicherungsbeitrag beinhaltet. Das Gesetz schafft eine rechtliche Grundlage für:
(1) Ein digitales Nachweisverfahren zur Elterneigenschaft und
(2) die Erstattung und Verzinsung von Beitragsansprüchen.
Der GKV-Spitzenverband hat dazu am 3. April 2024 ein Rundschreiben zur Umsetzung dieser Regelungen veröffentlicht. Wir haben für Sie die wesentlichen Punkte aus dem Rundschreiben zusammengefasst.
Digitales Nachweisverfahren
Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) wurde der Beitrag zur Pflegeversicherung ab dem 1. Juli 2023 neu definiert. Der Beitrag zur Pflegeversicherung richtet sich nun nach der Anzahl der Kinder unter 25 Jahren. Kinderreiche Familien zahlen dadurch einen geringeren Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung. Zur Berechnung der individuellen Beitragsabschläge müssen Beschäftigte ihre Elterneigenschaft bzw. die Anzahl der Kinder dem Arbeitgeber und der Krankenkasse nachweisen. Das Wachstumschancengesetz schafft erstmals eine gesetzliche Grundlage zur Erleichterung dieses Nachweisverfahrens. Ab Juli 2025 soll der Mehraufwand für Arbeitgeber und Krankenkassen in der Beitragsberechnung und dem manuellen Prüfverfahren durch ein digitales Verfahren reduziert werden. Bis dahin wird ein bundeseinheitliches Abrufverfahren auf Basis bestehender Melde- und Steuerdaten entwickelt. Arbeitgeber und Krankenkassen sollen künftig automatisch Informationen und Änderungen zur Elterneigenschaft oder Kinderanzahl erhalten. Details zum Verfahren werden noch erarbeitet und sollen in gemeinsamen Grundsätzen veröffentlicht werden.
Bis zum 30. Juni 2025 gilt ein Übergangszeitraum für das Nachweisverfahren. In dieser Zeit können Arbeitgeber und Krankenkassen entweder
› im vereinfachten Verfahren die Angaben von Beschäftigten zu den Kindern ohne weitere Prüfung akzeptieren oder
› im regulären Verfahren die Nachweise (z.B. Geburtsurkunde) analog vorlegen und prüfen lassen.
Ausführliche Informationen zu den Verfahrensregelungen können Sie unserem HR Tax Newsletter aus September 2023 entnehmen.
Erstattung und Verzinsung von Beitragsansprüchen
Die neuen Beitragsabschläge in der Pflegeversicherung sind seit dem 1. Juli 2023 wirksam. Aufgrund des Umstellungsaufwands wurde eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2025 zur Implementierung festgelegt. Beiträge, die bis zum jeweiligen Umstellungszeitpunkt aufgrund der Nichtberücksichtigung der Beitragsabschläge zu viel gezahlt wurden, sind rückwirkend zu erstatten. Die Erstattung der Beiträge ist als Auszahlung oder Aufrechnung mit den Beiträgen zur Pflegeversicherung für den laufenden Abrechnungszeitraum vorzunehmen.
Das Wachstumschancengesetz legt auch Regeln für die Verzinsung dieser Erstattungen fest. Ab dem Kalendermonat nach der Zahlung bis zum Kalendermonat vor der Erstattung wird der Erstattungsanspruch mit einem Satz von 4% pro Jahr verzinst. Ein Antrag ist für die Verzinsung nicht erforderlich.
Das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbands vom 3. April 2024 konkretisiert den Zinsanspruch:
- Digitale Verfahren ab 1. Juli 2025
Eine Verzinsung von zu viel gezahlten Pflegeversicherungsbeiträgen erfolgt insbesondere in den Fällen, in denen die Beitragsabschläge für Kinder erst mit Einführung des digitalen Verfahrens ab dem 1. Juli 2025 berücksichtigt werden. Werden in diesem Verfahren die Beitragsabschläge aufgrund der verspäteten Berücksichtigung der Kinderzahl zunächst nicht korrekt angewendet, ergibt sich rückwirkend ab dem 1. Juli 2023 ein Erstattungsanspruch für die zu viel gezahlten Beiträge. Dieser ist sodann zu verzinsen.
- Vereinfachte und reguläre Verfahren im Übergangszeitraum bis 30. Juni 2025
Bei der Anwendung des vereinfachten oder regulären Nachweisverfahrens erfolgt bereits eine Berücksichtigung der Anzahl der Kinder. Sofern in dieser Übergangszeit Erstattungsfälle entstehen, zum Beispiel aufgrund verspäteter Mitteilung der Kinderanzahl, besteht laut GKV-Spitzenverband grundsätzlich kein Anspruch auf Verzinsung der zu viel gezahlten Beiträge.
Praktische Hinweise
- Die Erstattungsansprüche auf zu viel gezahlte Beiträge sowie die darauf anfallenden Zinsen sind bei Beschäftigten vom Arbeitgeber und bei Selbstzahlern von den Pflegekassen auszuzahlen oder mit künftigen Beitragsansprüchen zu verrechnen.
- Für die Verrechnung ist keine Zustimmung des Versicherten erforderlich.
- Die Verrechnung von Erstattungen und Zinsen durch den Arbeitgeber soll im Rahmen der bestehenden Beitragsnachweisverfahren umgesetzt werden.
Weitere interessante Hinweise zu anderen vom Wachstumschancengesetz einbezogene Steuerbereiche, erhalten Sie in unserem entsprechenden Webinar am 06.06.2024, in dem wir Ihnen unternehmensrelevanten Steuerrechtsänderungen durch dieses Gesetz und weitere ausgewählte in Kraft getretene Gesetzesänderungen für 2024 aufzeigen werden.
