Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 15.05.2025 ein neues Merkblatt zur grenzüberschreitenden Prüfungszusammenarbeit mit Steuerverwaltungen anderer Staaten veröffentlicht. Das neue Schreiben ersetzt das alte Merkblatt zur koordinierten steuerlichen Außenprüfung (BMF-Schreiben vom 06.01.2017). Es wird ergänzend zum Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe angewandt (BMF-Schreiben vom 29.05.2019).
Das neue Merkblatt unterscheidet zwischen drei verschiedenen Formen der Prüfungszusammenarbeit. Eine eindeutige Unterscheidung war im bisherigen Merkblatt in dieser Form nicht enthalten:
- Gemeinsame Prüfung (Joint Audit): Deutsche und ausländische Beamte prüfen gemeinsam mit dem Ziel eines gemeinsamen Prüfberichts.
- Gleichzeitige Prüfung (Simultaneous Audit): Jede Behörde prüft unabhängig voneinander im eigenen Land. Die gewonnenen Erkenntnisse werden lediglich ausgetauscht.
- Anwesenheit von Bediensteten: Prüfer eines anderen Staates können bei deutschen Betriebsprüfungen anwesend sein, haben dabei aber keine eigenen Befugnisse. Ebenfalls gibt es diese Möglichkeit für deutsche Prüfer bei Prüfungen im Ausland. Ziel ist hier die Erlangung von ansonsten schwierig zugänglichen Informationen.
Ausführungen zum Informationsaustausch
In Bezug auf alle drei Formen der Prüfungszusammenarbeit wird im Merkblatt auf die Möglichkeit des Informationsaustausches nach § 4 EUAHiG abgestellt. Dies setzt insbesondere eine voraussichtliche Erheblichkeit nach § 6a EUAHiG voraus. Die Definition im Merkblatt lehnt sich nun an § 6a EUAHiG an. Es muss demnach eine realistische Möglichkeit bestehen, dass die auszutauschenden Informationen in dem Staat, der die Informationen erhält, für die Steuerangelegenheiten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger relevant sind.
Eine Weitergabe von Informationen, die ein Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden, ist rechtlich nicht ohne Weiteres möglich. Nach Verwaltungsauffassung sei die Weitergabe von Informationen, die üblicherweise zur Prüfung der Angemessenheit von Verrechnungspreisen geeignet sind, bei Joint Audits und Simultaneous Audits davon in der Regel nicht geschützt.
Nach Abschluss der gemeinsamen Prüfung mit EU-Mitgliedstaaten muss ein gemeinsamer Prüfungsbericht die Feststellungen, soweit Einigkeit besteht, festhalten. Bei gemeinsamen Prüfungen mit Drittstaaten soll dies erfolgen, soweit ein solcher dazu bereit ist. Prüfungsfeststellungen aus einer nationalen Außenprüfung, die nicht Gegenstand der gemeinsamen Prüfung waren, dürfen nicht in den gemeinsamen Prüfungsbericht aufgenommen werden.
Beteiligung des Steuerpflichtigen
Dem Steuerpflichtigen wird im neuen Merkblatt die Möglichkeit zur Anregung einer Prüfungskooperation zugestanden, obwohl kein formelles Antragsrecht besteht. Dies soll insbesondere dann gelten, wenn der Steuerpflichtige Hinweise darauf hat, dass es sonst zu einer Doppelbesteuerung kommen könnte.
Die Initiierung gemeinsamer und gleichzeitiger Prüfungen erfolgt auf Vorschlag der zuständigen deutschen Finanzbehörde bei dem zentralen Verbindungsbüro des BZSt. Dieses nimmt auch Anfragen ausländischer Staaten entgegen und prüft in beiden Fällen die Zulässigkeit. Der Steuerpflichtige wird im Regelfall unverzüglich über die Durchführung einer Prüfung unter Zusammenarbeit informiert. Eine Anhörung muss bei gemeinsamer oder gleichzeitiger Prüfung mit EU-Mitgliedstaaten nicht erfolgen. Bei der Anwesenheit ausländischer Bediensteter außerhalb solcher Prüfungen und gemeinsamer oder gleichzeitiger Prüfung mit Drittstaaten ist jedoch eine Anhörung erforderlich.
