Klassifikationsmethoden

Bei der Klassifizierung handelt es sich um eine Art des Überwachten Lernens. Ziel dieser Methode ist es, die kategorialen Klassenbezeichnungen neuer Datenpunkte vorherzusagen – und zwar auf der Grundlage früherer Beobachtungen. Oder anders formuliert: Ein Klassifizierungsalgorithmus lernt aus einem Datensatz mit bekannten Klassenbezeichnungen die Zuordnung neuer Datenpunkte in eine oder mehreren Klassen.

Bei vielen realen und betriebswirtschaftlichen Problemstellungen handelt es sich im Wesentlichen um Klassifizierungsprobleme. Dadurch lässt sich die Klassifikation auch als grundlegendes Konzept interpretieren, das nicht nur für eine Vielzahl praktischer Anwendungen genutzt wird. Es dient auch als Basis für die Entwicklung und Evaluation komplexer maschineller Lernsysteme

Gerade im Steuerbereich können Algorithmen zur Klassifikation die Steuerfunktion maßgeblich unterstützen. Denn jede Transaktion, jeder Vermögenswert und jeder Abzug wirkt sich unmittelbar auf die steuerliche Last eines Unternehmens aus. Je nach Aufgabe kann dabei zwischen drei Arten der Klassifikation unterschieden werden: Während sich die binäre Klassifikation durch genau zwei Klassenlabels auszeichnet, können bei der Mehrklassen-Klassifikation auch mehr als zwei Klassenlabels vorhanden sein. Demgegenüber bezeichnet die Multi-Label-Klassifikation ein Klassifikationsproblem, bei dem neue Daten einem oder gleich mehreren Klassen zugeordnet werden können.

(1) Binäre Klassifikation: Innerhalb eines Geschäftsjahrs entstehen eine Vielzahl unterschiedlicher Betriebsausgaben, die allerdings nicht alle in gleicher Höhe bzw. überhaupt steuerlich absetzbar sind. Umso herausfordernder ist es für Unternehmen, genau jene Ausgaben zu identifizieren, die tatsächlich absetzbar sind. Durch entsprechende Vorhersagen kann ein binäres Klassifizierungsmodell den Steuerexperten dabei unterstützen, herauszufinden, inwiefern bestimmte Geschäftsausgaben steuerlich absetzbar sind oder nicht.

(2) Mehrklassen-Klassifikation: Eine Vielzahl gesetzlicher und organisatorischer Gegebenheiten beeinflussen die Bestimmung der Umsatzsteuer. Für Unternehmen und insbesondere für solche, die unterschiedlichen Produktportfolios oder Dienstleistungen tätig sind, kann die Zuordnung des richtigen Steuersatzes eine echte Herausforderung werden. Unterstützung erhält der Steuerexperte seitens des Mehrklassen-Klassifizierungsmodells, das lernt jeder Art von Transaktion den richtigen Steuersatz zuzuordnen.

(3) Multi-Label-Klassifikation: Werden Güter im Ausland eingekauft, kann eine Transaktion mehrere steuerliche Auswirkungen gleichzeitig haben. So kann ein einziger Vorgang bei der Bearbeitung beispielsweise als „einfuhrzollpflichtig“ und „mehrwertsteuerpflichtig“ gekennzeichnet sein. Im Gegensatz zur Mehrklassen-Klassifikation, die aus mehreren Optionen eine Kategorie zuordnen würde, unterbreitet die Multi-Label-Klassifikation dem Steuerexperten neben einem Vorschlag auch die Zuordnung gleich mehrerer Kategorien.

Die spezifische Auswahl der verwendeten Algorithmen und Strategien hängen immer auch von den Grenzen eines KI-Systems ab. So sind Klassifikationsalgorithmen stark von der Qualität und Quantität der Daten abhängig, auf denen sie trainiert wurden. Sind diese verzerrt, unvollständig, unausgewogen oder nicht repräsentativ, können die Vorhersagen des Modells ungenau oder schlimmstenfalls fehlerhaft sein.

Beim Einsatz von Algorithmen kann es ebenso zu Schwierigkeiten kommen, wenn die Anzahl der Datenattribute (Merkmale) im Vergleich zur Anzahl der Trainingsinstanzen zu hoch ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Interpretierbarkeit des Modells. Einige Klassifizierungsmodelle wie z. B. tiefe neuronale Netze, werden oft als Blackbox-Modelle betrachtet, denen es an Interpretierbarkeit fehlt. Entsprechend schwierig ist es auch zu verstehen, wie das Modell zu bestimmten Entscheidungen kommt. Ein Umstand, der besonders in jenen Bereichen problematisch ist, wo maximale Transparenz erforderlich ist.

Wird der Klassifikationsalgorithmus zu eng auf die Trainingsdaten zugeschnitten, lässt sich das Modell unter Umständen nicht auf neue Daten verallgemeinern. Ähnliches gilt, wenn das Modell zu kurz oder auf zu wenig Daten trainiert wurde. Zudem können Klassifizierungsmodelle, die auf historischen Daten trainiert wurden, im Laufe der Zeit an Genauigkeit verlieren. Ein Problem, das immer genau dann auftritt, wenn sich die zugrundeliegenden Muster und Beziehungen in den Daten ändern sollten. Das kann sich insbesondere im Steuerbereich negativ auf die Leistung des verwendeten Klassifikationsmodells auswirken, da die Werte in den Datensätzen aufgrund neuer Vorschriften, Steuergesetze und wirtschaftlicher Veränderungen mitunter stark schwanken können.