Zinsvorteil bei Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens unterliegt der Schenkungsteuer – aber in welcher Höhe?

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegen freigebige Zuwendungen unter Lebenden der Schenkungsteuer. Eine freigebige Zuwendung kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch in der Gewährung eines zinslosen oder niedrig verzinslichen Darlehens liegen. Bei der Bewertung des Zinsvorteils ist grundsätzlich ein angemessener Zins in Höhe von 5,5 % anzunehmen, „wenn kein anderer Wert feststeht“ (§ 15 Abs. 1 BewG).

Mit Urteil vom 31.07.2024 hat der BFH zu der Frage, wie die Höhe der Zuwendung bei Gewährung eines Darlehens mit einem unter dem Marktniveau liegenden Zinssatz zu bewerten ist, Stellung genommen.

Im Streitfall wurde zwischen dem Kläger (Darlehensnehmer) und seiner Schwester (Darlehensgeberin) ein Darlehensvertrag über ca. € 1,8 Mio. ab dem 01.01.2016 geschlossen. Als Zinssatz vereinbarten die Geschwister einen Festzins von 1 % pro Jahr, die erstmalige Kündigungsmöglichkeit des (besicherten) Darlehens bestand nach vier Jahren. Mit Bescheid vom 29.11.2017 setzte das Finanzamt Schenkungsteuer gegen den Kläger fest. Der Jahreswert des Nutzungsvorteils des zinsgünstigen Darlehens wurde als Differenz zwischen dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % und dem vereinbarten Zins von 1 % berechnet.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG Mecklenburg-Vorpommern als unbegründet ab. Zur Begründung der Einschätzung, dass der vereinbarte Zinssatz von 1 % nicht dem marktüblichen Zins entsprochen habe, zog das Finanzgericht die durchschnittlichen Zinssätze für wirtschaftlich tätige Personen laut Statistiken der Deutschen Bundesbank i.H.v. effektiv 2,81 % bei ein- bis fünfjähriger Zinsbindung als vergleichbar heran. Der Jahreswert des Nutzungsvorteils wurde nach Ansicht des Finanzgerichts jedoch zutreffend als Differenz zwischen dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % und dem vereinbarten Zins von 1 % errechnet. Der Nachweis eines niedrigeren marktüblichen Zinssatzes durch den Kläger war gescheitert, da die Refinanzierungsangebote erst in 2018 angefragt wurden und diese insbesondere auch hinsichtlich Laufzeit und Zinsbindung von dem abgeschlossenen Darlehensvertrag abwichen.

Der gesetzlich normierte Zinssatz i.H.v. 5,5 % ist allerdings nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 BewG nur anzunehmen, „wenn kein anderer Wert feststeht“. Entgegen der Auffassung des FG Mecklenburg-Vorpommern sah der BFH in dem durchschnittlichen Zinssatz von 2,81 % einen solchen „feststehenden anderen Wert“. Schließlich habe das FG Mecklenburg-Vorpommern selbst in seiner Urteilsbegründung genau diesen als marktüblichen Zins herangezogen. Jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem das Finanzgericht einen aus vergleichbaren Darlehen abgeleiteten marktüblichen Zinssatz festgestellt und diesen auf die persönliche Situation des Steuerpflichtigen und die im Einzelfall vereinbarten Darlehenskonditionen bezogen hatte, stehe ein anderer Wert im Sinne des § 15 Abs. 1 BewG fest.

Der BFH betont in seinem Urteil, dass § 15 BewG gerade nicht einen Nachweis durch den Steuerpflichtigen – bspw. durch einschlägige Vergleichsangebote – erfordert, sondern nur das „Feststehen“ eines anderen Zinssatzes. Im Streitfall stand jedoch durch die Feststellungen der Tatsacheninstanz ein anderer Zins bereits fest. Der steuerbare jährliche Zinsvorteil beläuft sich daher nur auf 1,81 % und nicht auf 4,5 % der Darlehenssumme.

Das BFH-Urteil ist für den Kläger sicherlich erfreulich. Dennoch sollte aus Nachweisgründen darüber nachgedacht werden, bereits im Zeitpunkt der Darlehensgewährung Refinanzierungsangebote einzuholen. Ein allgemeiner marktüblicher Zinssatz, bei dem nicht bekannt ist, ob die zugrunde liegenden Darlehen zu vergleichbaren Bedingungen abgeschlossen wurden wie das tatsächlich vereinbarte Darlehen, kann nicht als „feststehender anderer Wert“ i.S.d. § 15 BewG herangezogen werden, wie der BFH in diesem Urteil erneut bekräftigte.

Bildquelle: Unsplash, Kristaps Ungurs