1.1. Allgemeines
Wenn der Arbeitslohn des Mitarbeiters in Deutschland nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder dem Auslandstätigkeitserlass (ATE) freizustellen ist, muss dieser der Tätigkeit des Mitarbeiters im Inland- bzw. im Ausland zugeordnet werden.
Dabei ist im ersten Schritt zu prüfen, inwieweit der Arbeitslohn unmittelbar der Auslands- bzw. der Inlandstätigkeit zugeordnet werden kann. Dies gilt z. B. für Reisekosten, Überstundenvergütungen, Zuschläge für Sonn- Feiertags- oder Nachtarbeit, Auslandszulagen, Wohnungsgestellung im Tätigkeitsstaat, Unterstützungsleistungen für die mitumziehende Familie, etc.
Soweit eine unmittelbare Zuordnung nicht möglich ist, ist der verbleibende Arbeitslohn im zweiten Schritt aufzuteilen. Dies gilt z.B. für laufenden Arbeitslohn, Weihnachtsund Urlaubsgeld, Bonuszahlungen, etc.
Der Arbeitgeber muss diese Aufteilung bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren vornehmen. Im BMF-Schreiben vom 12.11.2014 (BStBl. I, 1467) hatte die Finanzverwaltung festgelegt, dass der Arbeitslohn nicht mehr nach dem Verhältnis der vereinbarten Arbeitstage, sondern nach den tatsächlichen Arbeitstagen, die der Mitarbeiter im Kalenderjahr im jeweiligen anderen Land verbracht hat, erfolgen muss.
Um diese Regelung für die Praxis handhabbar zu machen, werden nun für das Lohnsteuerverfahren verschiedene Aufteilungsmöglichkeiten zugelassen (vgl. Tz. 1.2.).
Nach Ablauf des Kalenderjahres, bzw. nach Beendigung des Dienstverhältnisses und vor der Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung muss der Arbeitgeber aber eine Zuordnung nach den tatsächlichen Arbeitstagen vornehmen, den bisher vorgenommenen Lohnsteuerabzug ggf. korrigieren und die Lohnsteuerbescheinigung mit dem nach tatsächlichen Arbeitstagen aufgeteilten Arbeitslohn an die Finanzverwaltung übermitteln (vgl. Tz. 1.4.).
Dies gilt für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31.12.2018 enden. Bis dahin können Arbeitgeber wie bisher nach den vereinbarten Arbeitstagen aufteilen.
1.2. Aufteilung des laufenden Arbeitslohns
Der Gesamtarbeitslohn abzüglich des direkt zuzuordnenden Arbeitslohns muss grundsätzlich nach den tatsächlichen Arbeitstagen des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums aufgeteilt werden. Da die tatsächlichen Arbeitstage des Kalenderjahres zum Zeitpunkt der monatlichen Lohnabrechnung meist noch nicht feststehen, lässt die Finanzverwaltung für den Lohnsteuerabzug folgende 4 Alternativen zu:
- Aufteilung nach tatsächlichen Arbeitstagen im gesamten Beschäftigungszeitraum innerhalb des Kalenderjahres (vgl. Tz. 1.2.1.)
- Aufteilung nach tatsächlichen Arbeitstagen im einzelnen Lohnzahlungszeitraum (vgl. Tz. 1.2.2.)
- Aufteilung nach vereinbarten Arbeitstagen im gesamten Beschäftigungszeitraum innerhalb eines Kalenderjahres (vgl. Tz. 1.2.3.)
- Aufteilung nach vereinbarten Arbeitstagen im einzelnen Lohnzahlungszeitraum (vgl. Tz. 1.2.4.)
Der Arbeitgeber muss sich für ein Kalenderjahr einheitlich für eine der Varianten entscheiden und darf nicht zwischen den Aufteilungsmethoden wechseln. Nach Ablauf des Kalenderjahrs bzw. am Ende des Beschäftigungsverhältnisses muss der Aufteilungsmaßstab überprüft und die Aufteilung ggf. korrigiert werden (vgl. Tz. 1.4.).
1.2.1. Aufteilung nach tatsächlichen Arbeitstagen im gesamten Beschäftigungszeitraum innerhalb des Kalenderjahres
Bei dieser Berechnungsmethode werden die voraussichtlichen tatsächlichen Arbeitstage des Kalenderjahres im In- und Ausland mittels einer Prognose ermittelt und ins Verhältnis zu den tatsächlichen Gesamtarbeitstagen des gesamten Beschäftigungszeitraums innerhalb des Kalenderjahres gesetzt.
Die Prognose ist jeweils anhand der am Ende des einzelnen Lohnzahlungszeitraums bekannten Tatsachen zu erstellen. Die möglichen Arbeitstage können nach Abzug der bekannten Urlaubstage sowie bereits angefallener Krankheitstage angesetzt werden. Künftige Krankheitstage sind nur zu berücksichtigen, wenn bereits bekannt ist, dass sie voraussichtlich anfallen werden (z. B. weil eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt). Dieser Aufteilungsmaßstab wird auf den einzelnen Lohnzahlungszeitraum angewandt (vgl. Beispiel 2 in Tz. 1.5.).
1.2.2. Aufteilung nach tatsächlichen Arbeitstagen im einzelnen Lohnzahlungszeitraum
Alternativ können auch die tatsächlichen Arbeitstage des einzelnen Lohnzahlungszeitraums im Rahmen einer Prognose ermittelt und für die Aufteilung des Arbeitslohns herangezogen werden (vgl. Beispiel 3 in Tz. 1.5.).
1.2.3. Aufteilung nach vereinbarten Arbeitstagen im gesamten Beschäftigungszeitraum innerhalb eines Kalenderjahres
Bei dieser Berechnungsmethode werden die im Kalenderjahr vereinbarten Arbeitstage im In- und Ausland mit den tatsächlich im Ausland ausgeübten Arbeitstagen ins Verhältnis gesetzt. Dieser Aufteilungsmaßstab wird auf den einzelnen Lohnzahlungszeitraum angewandt. Ändert sich die Prognose zu den vereinbarten Arbeitstagen (z. B. wegen Änderung der Urlaubsplanung oder Krankheitstagen nach Wegfall der Lohnfortzahlung), ist der neu ermittelte Aufteilungsmaßstab ab diesem Lohnzahlungszeitraum anzuwenden.
Die vertraglich vereinbarten Arbeitstage sind die Kalendertage pro Jahr abzüglich der Tage, an denen der Mitarbeiter laut Arbeitsvertrag nicht verpflichtet ist, zu arbeiten (z. B. Urlaubstage, Wochenenden) oder für die ein erkrankter Mitarbeiter keine Lohnfortzahlung erhält. Hierbei kommt es weder auf die Zahl der Kalendertage (365), noch auf die Steuertage im Kalenderjahr (360) an. In einem anderen Staat verbrachte Tage, die nicht zu den vereinbarten Arbeitstagen rechnen (z. B. Aufenthalt aus privaten Gründen), werden bei der Berechnung des steuerfreien Arbeitslohns nicht berücksichtigt.
1.2.4. Aufteilung nach vereinbarten Arbeitstagen im einzelnen Lohnzahlungszeitraum
Alternativ können für die Aufteilung des Arbeitslohns auch die vereinbarten Arbeitstage des einzelnen Lohnzahlungszeitraums herangezogen werden.
1.2.5. Grundsätze für die Aufteilung
Zeitpunkt für die Ermittlung der Verhältnisse zur Lohnabrechnung ist grundsätzlich der Tag, an dem der Lohnabrechnungszeitraum endet. Wird die Lohnabrechnung bereits vorher erstellt, können die zum Zeitpunkt der Lohnabrechnung bekannten Verhältnisse zu Grunde gelegt werden.
Ändert sich die Prognose für die Anzahl der tatsächlichen oder vereinbarten Arbeitstage in einem folgenden Lohnzahlungszeitraum, ist der neu ermittelte Aufteilungsmaßstab ab diesem Lohnzahlungszeitraum anzuwenden. Die bisher vorgenommenen Lohnabrechnungen können unverändert bleiben.
Beginnt oder endet das Dienstverhältnis im Laufe eines Kalendermonats liegt regelmäßig ein sog. Teillohnzahlungszeitraum vor. In diesem Fall sind nur die Tage zu betrachten, in denen das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich bestanden hat. Solange das Dienstverhältnis aber fortbesteht, sind bei der Bemessung des Lohnzahlungszeitraums auch solche in den Lohnzahlungszeitraum fallende Arbeitstage mitzuzählen, für die der Mitarbeiter keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn bezogen hat. Dies gilt sowohl bei unbeschränkter als auch bei beschränkter Steuerpflicht.
Beispiel 1
Ein in Österreich ansässiger Mitarbeiter (kein Grenzgänger) mit einem monatlichen Bruttolohn von 3.000 € wird im Mai an 10 Tagen für einen inländischen Arbeitgeber in Deutschland tätig. Nach dem DBA steht das Besteuerungsrecht für die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit Deutschland zu. Der Mitarbeiter erhält für die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit eine Erschwerniszulage von monatlich 500 €. Die übrigen 10 Arbeitstage des Monats arbeitet er in seinem Home-Office in Österreich. Im Juni hat der Mitarbeiter 2 Wochen Urlaub und arbeitet tatsächlich an 10 Tagen, davon an zwei Tagen im Home Office in Österreich und an 8 Tagen in Deutschland.
Lösung
Die Erschwerniszulage ist direkt der Tätigkeit im Inland zuordnen. Der nicht zuordenbare Arbeitslohn von 3.000 € ist nach dem Verhältnis der im In- und Ausland ausgeübten Tätigkeit aufzuteilen. Bei Aufteilung nach den tatsächlichen Arbeitstagen im Lohnzahlungszeitraum bedeutet dies für die Gehaltsabrechnung Mai:
Deutschland: 3.000 € x 10/20 = 1.500 €
Österreich: 3.000 € x 10/20 = 1.500 €
In Deutschland sind die direkt zugeordneten 500 € und der anteilige Arbeitslohn von 1.500 € zu versteuern. Da der Lohnzahlungszeitraum den ganzen Kalendermonat umfasst, ist die Lohnsteuer nach der Monatstabelle zu berechnen.
Im Juni ist der Arbeitslohn wie folgt aufzuteilen:
Deutschland: 3.000 € x 8/10 = 2.400 €
Österreich: 3.000 € x 2/10 = 600 €
In Deutschland sind die direkt zugeordneten 500 € und der anteilige Arbeitslohn von 2.400 € zu versteuern. Da der Lohnzahlungszeitraum den ganzen Kalendermonat umfasst, ist die Lohnsteuer nach der Monatstabelle zu berechnen.
1.3. Zuordnung und Aufteilung von sonstigen Bezügen
Auch bei sonstigen Bezügen muss zunächst geprüft werden, ob sie der Inlands- oder Auslandstätigkeit direkt zugeordnet werden können. Ist eine direkte Zuordnung nicht möglich, muss eine Aufteilung anhand der Gesamtarbeitstage in dem Zeitraum, für den Zahlung erfolgt. Es sind also sind die Verhältnisse des Erdienungszeitraums zu ermitteln, der Zeitpunkt der Auszahlung ist unbeachtlich (vgl. Rz 169 und 170 des BMF-Schreibens vom 12.11.2014).
Auch hier sind dem Arbeitgeber bekannten Tatsachen zum Ende des Kalendermonats des Zuflusses maßgebend. Wird die Gehaltsabrechnung zu einem früheren Zeitpunkt erstellt, können die zu diesem Zeitpunkt bekannten Tatsachen zu Grunde gelegt werden.
1.4. Überprüfung der im Kalenderjahr durchgeführten Lohnabrechnungen
Am Ende des Kalenderjahrs, bzw. bei Beendigung des Dienstverhältnisses, muss der Arbeitgeber den innerhalb des Kalenderjahres durchgeführten Lohnsteuerabzug überprüfen und bei Abweichungen korrigieren. Da der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt die tatsächlichen Arbeitstage im Beschäftigungszeitraum bzw. im Kalenderjahr kennt, muss er bei der Überprüfung die tatsächlichen In- und Auslandstage zugrunde legen.
Ein Wahlrecht zwischen den in Tz. 1.2. dargestellten Berechnungsmethoden besteht nicht.
Besondere Bedeutung hat diese Korrektur bei beschränkt Steuerpflichtigen, da bei diesen der Lohnsteuerabzug grundsätzlich Abgeltungswirkung hat (50 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Die Korrektur muss grundsätzlich im Nachhinein für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum erfolgen. Auch nach Ablauf des Kalenderjahres darf die Lohnsteuer grundsätzlich nicht nach dem Jahresarbeitslohn und der Jahrestabelle berechnet werden, sondern es muss grundsätzlich der jeweilige Monat betrachtet werden. Dies gilt bei beschränkt wie auch bei unbeschränkt Steuerpflichtigen und unabhängig davon, ob das Dienstverhältnis das ganze Kalenderjahr oder nur einen Teil des Kalenderjahres bestanden hat.
Nur unter folgenden Voraussetzungen beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn am Ende des Kalenderjahres und vor Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung eine einzige Korrektur unter Anwendung der Jahreslohnsteuertabelle vorgenommen wird:
- der Mitarbeiter war zumindest einen Teil des Kalenderjahres unbeschränkt steuerpflichtig,
- das Dienstverhältnis hat das ganze Kalenderjahr bestanden und
- » es ist im Laufe des Kalenderjahres nicht zu einer Änderung der Steuerklasse gekommen.
Zuviel einbehaltene Lohnsteuer ist an den Mitarbeiter zu erstatten. Zu wenig einbehaltene Lohnsteuer muss nachträglich einbehalten werden.
Auch wenn die Korrekturabrechnung erst nach Ablauf des Kalenderjahrs durchgeführt wird, handelt es sich bei der erstatteten bzw. nachträglich einbehaltenen Lohnsteuer um Lohnsteuer des abgelaufenen Kalenderjahres, die zusammen mit der übrigen einbehaltenen Lohnsteuer des abgelaufenen Kalenderjahres in einer Summe in der Lohnsteuerbescheinigung bescheinigt werden muss. Die nachträglich erstattete bzw. einbehaltene Lohnsteuer ist aber in die Lohnsteueranmeldung des Monats aufzunehmen, in dem die Korrektur erfolgt ist.
Aus Newsletter Lohnsteuer/GES 3/2017