Der letzte Entwurf eines aktualisierten bzw. überarbeiteten BMF-Schreibens zur Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG (sog. Mantelkaufregelung) stammt vom 15.04.2014. Erst jetzt wurde das finale BMF-Schreiben vom 28.11.2017 veröffentlicht.
Der neue Erlass ersetzt das bisherige BMF-Schreiben vom 04.07.2008. In Rz. 66 wird darauf hingewiesen, dass § 8c Satz 1 bzw. Abs. 1 Satz 1 KStG im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29.03.2017 – 2 BvL 6/11 – für unmittelbare Beteiligungserwerbe von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor dem 01.01.2016 bis zu einer gesetzlichen Neuregelung vorerst nicht anzuwenden ist (Rz. 66).
Die wesentlichen Änderungen der Erlasses beziehen sich zum einen auf den unterjährigen Beteiligungserwerb. Zum anderen trifft die Finanzverwaltung erstmalig Aussagen sowohl zur sog. Konzernklausel (§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG) als auch zur sog. Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 Satz 6 bis 9 KStG). Beide Regelungen wurden nachträglich mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 eingefügt und sind erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 anzuwenden. Die nachträglich vorgenommene nochmalige Änderung der Konzernklausel wirkt ebenfalls auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 zurück.
Eingearbeitet wurde auch das bereits um Bundessteuerblatt veröffentlichte BFHUrteil vom 22.11.2016 (I R 30/15) zur Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen. Die Abstimmung dürfe danach nicht nur auf Absprachen beschränkt sein, die sich auf den Erwerb als solchen beziehen - z. B. mit Blick auf die Preisfindung oder das Bewahren eines bisher vorliegenden Verhältnisses im Anteilsbesitz. Weiterhin soll Indiz gleichgerichteter Interessen auch die gemeinsame Beherrschung der Körperschaft sein; vgl. H 8.5 Beherrschender Gesellschafter – Gleichgerichtete Interessen KStH 2015. Auch wenn das BMF-Schreiben hierauf nicht weiter eingeht, kann im Hinblick auf die BFH-Entscheidung die schlichte Möglichkeit des Beherrschens (allein aufgrund der zusammengerechneten Beteiligung) nicht ausreichend sein.
Die Ausführungen zur Anwendung des § 8c KStG bei unterjährigem Beteiligungserwerb wurden umfangreich überarbeitet (Rz. 33 bis 38):
- Die Finanzverwaltung hatte das BFH-Urteil vom 30.11.2011 (I R 14/11), wonach ein bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielter Gewinn mit noch nicht genutzten Verlusten verrechnet werden kann, bereits im Jahr 2012 mit Veröffentlichung im Bundessteuerblatt für allgemein anwendbar erklärt. Die gegenteilige Aussage im bisherigen BMF-Schreiben ist seitdem überholt. Das neue BMF-Schreiben konkretisiert nun, in welcher Weise die beschriebene Verrechnung zu erfolgen hat. Die noch im Entwurf enthaltene – und viel kritisierte – Voraussetzung, wonach die Verrechnung ein insgesamt positives Ergebnis des Wirtschaftsjahres voraussetzen sollte, wurde im finalen BMF-Schreiben wieder aufgegeben. Maßgebend ist der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielt positive Gesamtbetrag der Einkünfte. Bei der Verrechnung unterjähriger Gewinne sollen dann auch die Grundsätze der sog. Mindestgewinnbesteuerung anzuwenden sein. Ein verbleibender Verlust kann ggf. weiter vorgetragen werden.
- Für die Ermittlung des bis zum unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb erzielten Ergebnisses soll das Ergebnis des gesamten Wirtschaftsjahres grundsätzlich nach wirtschaftlichen Kriterien aufzuteilen sein (Rz. 35). Dies könne durch die Aufstellung eines Zwischenabschlusses auf den Stichtag des schädlichen Beteiligungserwerbs und eine getrennte Einkommensermittlung für die Zeit vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb erfolgen. Sofern ein Zwischenabschluss nicht erstellt werde, sei die Aufteilung des Ergebnisses sachlich und wirtschaftlich begründet zu schätzen (z. B. betriebswirtschaftliche Auswertung oder zeitanteilige Aufteilung).
- Auch für vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahre sieht das BMFSchreiben die entsprechende Anwendung der vorbeschriebenen Grundsätze vor (Rz. 36).
- In Bezug auf Organschaften führt das BMF-Schreiben ausdrücklich aus, dass die Anwendung von § 8c KStG auf Ebene des Organträgers und der Organgesellschaft getrennt erfolgt. Ein schädlicher Beteiligungserwerb beim Organträger sei aber regelmäßig auch ein (mittelbarer) schädlicher Beteiligungserwerb bezogen auf die Organgesellschaft (Rz. 37). Die Verrechnung eines unterjährig bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielten Gewinns der Organgesellschaft soll ausgeschlossen sein (Rz. 38). Auch wenn bzw. gerade weil hier eine Verrechnung mit Verlusten des Organträgers nicht ausdrücklich angesprochen wird, muss im Gesamtzusammenhang des BMF-Schreibens davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung einer solchen Verrechnung ablehnend gegenübersteht.
Die Ausführungen zur Konzernklausel beziehen sich auf die nachträglich vom Gesetzgeber klargestellte Fassung der sog. Konzernklausel (vgl. Rz. 39 bis 48).
Nach der sog. Stille-Reserven-Klausel kann ein – infolge eines schädlichen Beteiligungserwerbs – nicht abziehbarer nicht genutzter Verlust abgezogen werden, soweit er die anteiligen bzw. die gesamten zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs vorhandenen im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven im Betriebsvermögen der Verlustgesellschaft nicht übersteigt. Die wesentlichen Aussagen des BMF-Schreibens hierzu lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Nach § 8b Abs. 2 KStG privilegierte Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind für die Ermittlung der im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven der Verlustgesellschaft ausdrücklich vollständig ausgenommen (Rz. 52).
- Bei mehrstufigen Beteiligungen (Rz. 58) sowie bei Organschaften (Rz. 59) sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Stille-Reserven-Klausel grundsätzlich für jede Verlustgesellschaft gesondert zu prüfen und dabei allein die in der Verlustgesellschaft vorhandenen im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven zu berücksichtigen. Der Steuerpflichtige kann die in der Verlustgesellschaft vorhandenen stillen Reserven – anstelle der grundsätzlich vorgesehenen Berechnung aus dem für die Obergesellschaft gezahlten Entgelt – z.B. auch durch Vorlage einer Unternehmensbewertung nachweisen.
- In Bezug auf die Prüfung der Stille-Reserven-Klausel auf Ebene einer Organträger-Verlustgesellschaft vertritt die Finanzverwaltung die restriktive Auffassung, dass im Betriebsvermögen der Organgesellschaft enthaltene und im Inland steuerpflichtige stille Reserven nicht zu berücksichtigen sind (Rz. 59).
Darüber hinaus sind im BMF-Schreiben Aussagen zu "negativem Eigenkapital der Verlustgesellschaft" (Rz. 56), "unterjährigem Beteiligungserwerb" (Rz. 57) sowie zur Zuordnungsreihenfolge der stillen Reserven in Bezug auf die Erhaltung von Verlusten (Rz. 61 ff.) enthalten.
Ergänzend sei in diesem Zusammenhang auf die gleich lautenden Erlasse der Länder vom 29.11.2017 zur Anwendung des § 8c KStG auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge (§ 10a Satz 10 GewStG) hingewiesen.