In der USt Info Dezember 2017 haben wir über die BMF-Schreiben vom 10.10.2017 und 14.12.2017 hinsichtlich grenzüberschreitender Warenlieferungen in ein inländisches Konsignationslager informiert (vgl. USt Info # 2/2017, Beitrag 4.3.).
Hierzu hat das BMF zu einigen aufgeworfenen Fragestellungen des VDA (Verband der Automobilindustrie e. V.) und des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.) wie folgt Stellung genommen:
Zeitpunkt der Lieferung / Zeitpunkt der Abrechnung mittels Gutschrift
Durch die oben genannten Verbände ist die Frage aufgekommen, ob der Zeitpunkt der (innergemeinschaftlichen) Lieferung zukünftig nicht mehr mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Entnahme der Ware zusammenfällt und wann dann die Abrechnung über die entnommene Ware zu erfolgen hat. Hier ist anzunehmen, dass unter Beibehaltung des umsatzsteuerlichen Gutschriftsverfahrens die Abnehmer der Ware wie bisher nur eine Abrechnung im Zeitpunkt der tatsächlichen physischen Entnahme technisch darstellen können.
Das BMF hat geantwortet, dass bei den zuvor genannten innergemeinschaftlichen Lieferungen bzw. innergemeinschaftlichen Erwerben der Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuer nicht anders zu beurteilen sei als bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, bei denen die Ware nicht in ein Konsignationslager gelangt. Die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entstehe gesetzlich gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch in dem Kalendermonat, der dem innergemeinschaftlichen Erwerb folgt. Bei einer Abrechnung per Gutschrift entstehe die Umsatzsteuer somit mit Ausstellung der Gutschrift, spätestens jedoch mit Ablauf des dem innergemeinschaftlichen Erwerbs folgenden Monats. Einer durch die Verbände gewünschten Vereinfachung der Regelung, dass die Umsatzsteuer grundsätzlich erst bei Entnahme der Ware entstehe, sei den Ausführungen des BMF zu Folge nicht zulässig.
Definition für kurzfristige Zwischenlagerung
Gemäß Abschn. 1a Abs. 6 Satz 4 UStAE steht es der Annahme einer im übrigen Gemeinschaftsgebiet beginnenden Beförderungs- oder Versendungslieferung nicht entgegen, wenn die Ware kurzzeitig, d. h. einige Tage oder Wochen, in einem auf Initiative des Abnehmers eingerichteten Konsignationslagers im Inland zwischengelagert wird. Es ist ausschlaggebend, dass der Abnehmer in dieser Zeit ein uneinge-schränktes Zugriffsrecht auf die Ware hat. In einem solchen Fall liegt nur eine Unterbrechung der Beförderung oder Versendung vor, jedoch kein Abbruch. Lt. BMF könne insoweit nicht von starren Fristen im Sinne von zeitlichen Obergrenzen, innerhalb derer die Ware zwischengelagert werden darf, ausgegangen werden. Branchenübliche Lagerfristen könnten demnach grundsätzlich als unschädlich angenommen werden. Diese seien für den Einzelfall zu prüfen. Weitere konkrete Regelungen blieb das BMF schuldig.
Belieferung ohne Abnahmeverpflichtung
Vom BDI wurde der Punkt angeführt, dass davon auszugehen sei, dass im Konzern üblicherweise Konsignationslagerverträge abgeschlossen werden, bei denen seitens des Kunden keine verbindliche Pflicht zur Abnahme aller im Konsignationslager gelagerten Waren bestehe. Somit fehle es hier, so nimmt der BDI an, an einer verbindlichen Abnahmeverpflichtung. Seitens der Verwaltung bedarf es hier jedoch keiner weiteren Klarstellung, da für die Annahme einer im Ausland beginnenden Beförderungs- oder Versendungslieferung in ein inländisches Konsignationslager entscheidend sei, dass bei Beginn der Beförderung oder Versendung der Abnehmer feststeht und die Ware zu Beginn der Beförderung oder Versendung verbindlich bestellt oder bezahlt wurde. Es komme nach Auffassung des BMF hier nicht darauf an, dass eine Abnahmeverpflichtung bestehe. Die Nichtabnahme von verbindlich bestellter oder bereits bezahlter Ware führe regelmäßig zu einer Rücklieferung und den damit verbundenen umsatzsteuerlichen Folgen.
Beschickungen von Konsignationslägern mit Waren aus dem Drittland / Verfügungsmacht des Abnehmers als Voraussetzung für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer
Nach Auffassung der Verbände sei die Lieferung von Ware aus dem Drittland in ein inländisches Konsignationslager noch ungeklärt. Um die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen zu können, sei regelmäßig auf die Verfügungsmacht (im Sinne der Eigentümerstellung) an der Ware abzustellen. Die Verbände plädieren hier darauf, dass der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer, bei Annahme von einer nicht steuerbaren Lieferung aus dem Drittland, beim Abnehmer liege, auch wenn dieser erst mit Entnahme zum zivilrechtlichen Eigentümer dieser wird und somit auch erst zu diesem (späteren) Zeitpunkt die Verfügungsmacht über die Ware hat.
Hier bedarf es nach Auffassung des BMF ebenfalls auch keiner Klarstellung. Bei Fällen in denen nicht der Ort der Lieferung gemäß § 3 Abs. 8 UStG als in das Inland verlagert gilt (Anmerkung: bspw. bei Lieferungen mit INCOTERMS 2010 „DDP Bestimmungsort Deutschland“), ergäbe sich die Verfügungsmacht zum Zeitpunkt der Einfuhr aus Abschn. 3.12 Abs. 7 Satz 1 UStAE. Bei einem zu Beginn der Beförderungs- oder Versendungslieferung feststehenden Abnehmer, liege ein im Drittland steuerbarer Umsatz vor. Beginnt die Beförderung oder Versendung der Ware in ein inländisches Konsignationslager im Drittland und der Abnehmer fertigt diese zum einfuhrumsatzsteuer- und zollrechtlich freien Verkehr ab, könne der Abnehmer auch die entstandene Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer entsprechend abziehen, da der Abnehmer in einem solchen Fall die Verfügungsmacht über die Ware zu Beginn der Beförderung oder Versendung erhalten hat (Abschn. 15.8 Abs. 4 Satz 2 UStAE gilt bei vorliegenden Voraussetzungen entsprechend).
Abweichende Sichtweise eines anderen EU-Mitgliedstaats
Die Verbände plädieren dafür, eine Vereinfachungsregelung für innergemeinschaftliche Lieferungen / Verbringungen in ein ausländisches Konsignationslager in den UStAE aufzunehmen, um hier Rechtssicherheit für die Fälle zu schaffen, wenn der Bestimmungsmitgliedstaat die innergemeinschaftliche Lieferung erst im Zeitpunkt der Entnahme der Ware aus dem Konsignationslager annehme. Die Verbände hatten offenbar nicht den Fall angesprochen, dass der Bestimmungsmitgliedstaat eine von der deutschen Regelung abweichende Rechtsauffassung vertritt – entsprechend der „alten“ deutschen Regelung mit Registrierungspflicht des Lieferanten, Erklärung innergemeinschaftlicher Erwerb durch Verbringen mit anschließender lokaler Lieferung durch den Lieferanten. Jedoch ist das BMF der Auffassung, dass die Aufnahme einer solchen Regelung in den UStAE nicht zweckdienlich sei, da Deutschland sowie die EU-Kommission bisher die Auffassung vertreten, dass für die Konsignationslagerregelungen einiger EU-Mitgliedstaaten keine unionsrechtliche Grundlage besteht.
Die Finanzverwaltung bevorzugt hier die Regelungen im Rahmen einer Verfügung einer untergeordneten Behörde (vgl. Rundverfügung OFD Frankfurt a.M. vom 14.05.2018). Im Einzelfall könne demnach zugelassen werden, dass der Unternehmer den Tatbestand der Warenentnahme aus dem Konsignationslager als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt. Hierdurch entfällt somit die umsatzsteuerliche Erfassung als innergemeinschaftliches Verbringen beim Transport der Ware in das Konsignationslager. Die innergemeinschaftliche Lieferung an den Abnehmer ist dementsprechend in der Zusammenfassenden Meldung anzugeben.
Rundverfügung OFD Frankfurt a.M. vom 14.05.2018
Die aktualisierte Rundverfügung der OFD Frankfurt a.M. enthält eine übersichtliche Darstellung der Auffassung der Finanzverwaltung zu den einzelnen Fallkonstellationen der Lieferungen über inländische Konsignationslager durch ausländische (EU- und Drittlands-) Unternehmer und über ausländische Konsignationslager durch deutsche Unternehmer. Weitere Zweifelsfragen beantwortet diese Verfügung jedoch auch nicht.
Pläne der EU-Kommission
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission im Rahmen des Mehrwertsteueraktionsplans an einer europaweit einheitlichen Behandlung von Konsignationslagern arbeitet. Dies sollte als sog. Quick Fixe ursprünglich bereits zum 01.01.2019 umgesetzt werden. Da sich die EU-Mitgliedstaaten jedoch bislang noch nicht auf eine einheitliche Regelung verständigt haben, erscheint ein Inkrafttreten bereits zum Jahreswechsel derzeit unwahrscheinlich.