China – IIT Reform 2018 / 2019
Ein Bruttoinlandsprodukt unter dem weltweiten Durchschnitt und massenhafte Steuerhinterziehungen veranlassten den China People’s National Congress am 31.08.2018 die erste Einkommensteuerreform seit elf Jahren zu verabschieden. Ziel der Reform war die Erhöhung des verfügbaren Nettoeinkommens bei Durchschnittsverdienern, um die Wirtschaft anzukurbeln. Parallel sollte die Steuererhebung effizienter und einfacher gestaltet und eine Angleichung an internationale Standards erreicht werden. Die ebenfalls angepassten Ausführungsbestimmungen wurden am 18.12.2018 veröffentlicht. Die reformierten Grundsätze traten grundsätzlich ab dem 01.01.2019 in Kraft, manche davon sind jedoch bereits seit Oktober 2018 anwendbar.
Die wesentlichen Änderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Neue Regeln zur beschränkten bzw. unbeschränkten Steuerpflicht
Bisher bestanden folgende Steuerpflichten in China:
- Unbeschränkte Steuerpflicht: Bei Wohnsitz („domiciled“) oder Aufenthalt für ein volles Kalenderjahr („resident“). Ein volles Kalenderjahr Aufenthalt war bei einem Aufenthalt von 365 Tagen gegeben, wobei Abwesenheiten von weniger als 30 zusammenhängenden Tagen und insgesamt weniger als 90 Tagen außer Acht blieben. Grundsätzlich Steuerpflicht mit Welteinkommen.
- Beschränkte Steuerpflicht: Kein Wohnsitz („non-domiciled“), aber Aufenthalt in China weniger als ein volles Kalenderjahr („non-resident“). Steuerpflicht im Wesentlichen für Einkünfte aus chinesischen Quellen.
- Besondere beschränkte Steuerpflicht: Kein Wohnsitz („non-domiciled“), aber Aufenthalt in China für mehr als ein aber weniger als fünf volle Kalenderjahre („resident“). Zu den Abwesenheiten siehe unbeschränkte Steuerpflicht. Steuerpflicht für Einkünfte aus chinesischen Quellen und ausländische Einkünfte, wenn diese aus Zahlungen aus China bestehen.
Durch die Neuregelung ergeben sich nun folgende Steuerpflichten:
- Unbeschränkte Steuerpflicht: Bei Wohnsitz („domiciled“) oder Aufenthalt für mehr als 183 Tage im Kalenderjahr („resident“). Grundsätzlich Steuerpflicht mit Welteinkommen.
- Beschränkte Steuerpflicht: Kein Wohnsitz („non-domiciled“), aber Aufenthalt in China weniger als 183 Tage im Kalenderjahr („non-resident“). Steuerpflicht im Wesentlichen für Einkünfte aus chinesischen Quellen.
- Besondere beschränkte Steuerpflicht: Kein Wohnsitz („non-domiciled“), aber Aufenthalt in China für mehr als 183 Tage aber weniger als sechs Kalenderjahre („resident“). Abwesenheiten von weniger als 30 zusammenhängenden Tagen bleiben außer Acht. Das Kriterium der Abwesenheiten von insgesamt weniger als 90 Tagen wurde abgeschafft (vgl. oben). Innerhalb der sechs Kalenderjahre Steuerpflicht für Einkünfte aus chinesischen Quellen und ausländische Einkünfte, wenn diese aus Zahlungen aus China bestehen, danach unbeschränkte Steuerpflicht.
Der Status der besonderen beschränkten Steuerpflicht kann also über die sechs Jahre hinaus beibehalten werden, wenn die Abwesenheit in China für mindestens 30 Tage am Stück in einem der sechs Jahre unterbrochen wird, obgleich die Aufenthaltsdauer mindestens 183 Tage pro Jahr beträgt. In diesem Fall beginnt der Zeitraum der sechs Jahre nach der Unterbrechung erneut. In China tätigen Ausländern wird daher empfohlen, sich innerhalb der sechs Jahre in einem der Jahre für mindestens 30 Tage am Stück außerhalb von China aufzuhalten, wenn eine unbeschränkte Steuerpflicht in China vermieden werden soll.
Bestehende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sorgen selbstverständlich weiterhin für eine Vermeidung der Doppelbesteuerung im bekannten Umfang.
Zusammenlegung von Einkommenskategorien
Bisher galten für verschiedene Einkommensarten unterschiedliche Steuersätze. Nun werden Löhne und Gehälter, freiberufliche Einkünfte (Dienstleistungen), Autorenvergütungen und Lizenzeinnahmen in eine Kategorie als „comprehensive income“ zusammengefasst, und unterliegen künftig denselben Steuersätzen (sieben progressiv-verlaufende Steuerbänder, von 3 % - 45 %).
Auch Gewinne aus dem Produktions- und Geschäftsbetrieb oder anderen Einzelunternehmen sowie Erträge aus Vertrags-/Leasingdienstleistungen, die bisher einzeln zu erfassen waren, werden nun zusammengefasst als „business income“ bezeichnet und unterliegen denselben Steuersätzen (fünf progressiv-verlaufende Steuerbänder, von 5 % - 35 %).
Zinsen, Dividenden und Einkünfte aus der Vermietung oder Übertragung von Vermögen, sowie bestimmte andere Erträge („capital income“) unterliegen unverändert einem pauschalen Steuersatz von 20 %.
Ausweitung Einkommensstufen je Steuersatz
Die Einkommensstufen für die Anwendung der „comprehensive income“ Steuersätze von 3 % - 25 % wurden großzügig ausgedehnt. Der Eingangssteuersatz von 3 % findet künftig auf ein jährliches Einkommen bis RMB 36.000 Anwendung, statt wie bisher auf Einkommen bis RMB 18.000. Die Einkommensbänder für die Steuersätze ab 25 % (30 %, 35 %, 45 %) bleiben unverändert.
Anpassung des Freibetrags („standard deduction“) für Arbeitslohn
Dieser Abzug wurde mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2018 für alle (sowohl unbeschränkt als auch beschränkt Steuerpflichtige) monatlich pauschal von RMB 3.500 auf RMB 5.000 angehoben. Der zusätzliche Freibetrag für ausländische Arbeitnehmer in Höhe von RMB 1.300 wurde abgeschafft.
Zusätzliche Abzugsmöglichkeiten
Vollumfänglich im Rahmen des „comprehensive income“ abziehbar bleiben Kosten wie die Beiträge für eine Basisabsicherung für Rente und Krankheit, die Arbeitslosenversicherung und Beiträge zum sogenannten „Housing Fund“. Weiterhin teilweise abziehbar sind beispielsweise Beiträge an eine private Krankenversicherung oder Spenden.
Neu dazu kommen ab dem 01.01.2019 Schulgelder, Aufwendungen für Weiterbildungen, nicht erstattete Krankheitskosten im Falle einer schweren Krankheit, Hypothekenzinsen, Miete für eine Wohnung und Unterhaltsleistungen an ältere Personen (Eltern).
Nicht Ansässige ohne Wohnsitz („non-domiciled“), die in China unbeschränkt steuerpflichtig sind („tax resident“), können aktuell noch bestimmte Zulagen steuerfrei erhalten, siehe Option A. Im Zeitraum vom 01.01.2019 – 31.12.2021 können diese ausländischen Steuerpflichtigen jährlich zwischen dem steuerfreien Bezug der Zulagen gemäß Option A und den neuen Abzugsmöglichkeiten gemäß Option B wählen.
Beide dürfen nicht zugleich in Anspruch genommen werden. Ab dem 01.01.2022 entfällt Option A. Die Wahl wird einmalig pro Kalenderjahr für das gesamte Jahr getroffen:
Derzeit steuerfreie Zulagen (Option A) |
Neue Abzugsmdglichkeiten (Option B) |
Miete (unbegrenzt) |
Miete (begrenzt) |
Schulgelder (unbegrenzt) |
Schulgelder (begrenzt) |
Sprachtraining (unbegrenzt) |
Aus-/Weiterbildungskosten (begrenzt) |
Heimreisen |
Hypothekenzinsen |
Verpflegung und Reinigungskosten |
Unterstützung für ältere Familienmitglieder |
Umzugskosten |
Krankheitskosten für ernste Erkrankungen |
Reisekosten |
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Business income
Die Einkommensstufen wurden in Bezug auf „business income“ ebenfalls ausgedehnt. Der Eingangssteuersatz von 5 % ist für Einkommen bis RMB 30.000 anwendbar (bisher: RMB 15.000). Der Spitzensteuersatz von 35 % ist erst ab einem jährlichen Einkommen von RMB 500.001 einschlägig (bisher: RMB 100.001).
Administrative Änderungen
Behördeninterne Prozesse wurden gestrafft und Funktionen zusammengelegt, um die Steuererhebung effizienter zu gestalten. Jeder Steuerzahler soll nun eine eigene Steuer-ID erhalten.
Unbeschränkt Steuerpflichtige unterliegen grundsätzlich einer monatlichen und ggfs. einer jährlichen Erklärungspflicht. Beschränkt Steuerpflichtige werden weiterhin nur einer monatlichen Erklärungspflicht unterliegen, ohne jährliche Ausgleichsmöglichkeit. Bisher waren alle gleichermaßen zur ausschließlich monatlichen Einreichung von Einkommensteuererklärungen verpflichtet. Sofern vorhanden ist der Auszahlende („withholding agent“) verpflichtet, die Steuer bis zum 15. des Folgemonats oder im Falle von „business income“ bei Zahlung an die Steuerbehörden zu melden und zu zahlen.
Darüber hinaus wurden die Fristen und Zeiträume für die Einreichung von Steuererklärungen wie folgt neu definiert:
Einkunftsart |
Frist |
Beschränkt Steuerpflichtige („non resident") mit Arbeitslohn von mehreren Arbeitgebern |
Bis zum 15. des Folgemonats |
Steuerpflichtiges Einkommen (ohne „withholding agent ) |
Bis zum 15. des Folgemonats |
Steuerpflichtiges Einkommen (fehlende oder fehlerhafte Erklarung des „withholding angent") |
Bis zum 30. Juni des Folgejahres bzw. einer von der zuständigen Steuerbehörde gesetzten abweichenden Frist |
Ausländisches Einkommen |
1. März bis 30. Juni des Folgejahres |
"comprehensive income"
jährliche Steuererklärungen |
1. März bis 30. Juni des Folgejahres |
"business income"
monatliche/quartalsweise und jährliche Steuererklärungen |
Bis zum 15. des Folgemonats/-quartals; 31. März des Folgejahres |
Steuerliche Freigabe für Steuerpflichtige, die auswandern und den chinesischen Wohnsitz aufgeben |
Vor Aufgabe des chinesischen Wohnsitzes |
Einführung einer pauschalen Steuervermeidungsklausel
Die folgenden Gestaltungen werden als missbräuchlich betrachtet und aus steuerlicher Sicht grundsätzlich nicht mehr anerkannt:
- Geschäftsbeziehungen natürlicher Personen mit nahestehenden Unternehmen und Personen, die nicht dem Fremdvergleichsprinzip entsprechen oder für die es keine offensichtlich triftigen Gründe gibt und die nur den Zweck verfolgen, eigene Steuerverbindlichkeiten oder die von verbundenen Unternehmen zu minimieren;
- Fälle in denen eine in China ansässige Person ein Unternehmen in einem anderen Staat / Region mit einem deutlich niedrigeren Steuersatz kontrolliert (so genannte "Steueroasen") und Gewinne ohne valide betriebliche Gründe gar nicht oder nur in geringer Höhe an sich ausschüttet;
- Andere Vereinbarungen, die ohne offensichtlichen betrieblichen Nutzen durchgeführt werden, um unangemessene Steuervorteile zu erlangen.
Die zuständige Steuerbehörde behält sich vor, in solchen Fällen die Steuerkalkulationen neu zu prüfen und anzupassen und ist zur entsprechenden Eintreibung der nachträglich fälligen Steuern zzgl. Zinsen ermächtigt.
Ausblick und Empfehlungen
Die aktuelle Reform ändert mehr als alle anderen Reformen seit der Einführung des Einkommensteuergesetzes vor 38 Jahren. Insbesondere die effektive Senkung der Steuersätze für niedrigere Einkommensklassen wird sicherlich zur finanziellen Stärkung der kleineren Betriebe und der Personen mit niedrigem und mittlerem Einkommen beitragen. Andererseits führen die Fristverkürzung bei der unbeschränkten Steuerpflicht, die geplante Abschaffung bestimmter steuerfreier Zulagen und die Änderungen bei der besonderen beschränkten Steuerpflicht aber auch zu potentiellen Steuerbelastungen, insbesondere für ausländische Steuerpflichtige. Für diese gilt es nun im Einzelfall zu klären, welche Auswirkungen die Steuerreform hat.