1. Definition: beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer
Im Gegensatz zum unbeschränkt Steuerpflichtigen - der im Grundsatz mit seinem Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig ist - ist der beschränkt Steuerpflichtige nur mit seinen in § 49 EStG bestimmten inländischen Einkünften steuerpflichtig, u.a. bei Einkünfte aus einer Deutschland ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit.
Eine Person ist nur beschränkt steuerpflichtig, wenn diese in Deutschland über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt.
2. ELStAM - Abruf für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer
Seit Einführung des ELStAM-Verfahrens im Jahr 2013 steht der Plan, in einem zweiten Schritt die beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer in das ELStAM-Verfahren zu integrieren. Die Finanzverwaltung geht den nächsten Schritt in Richtung ihres Ziels der Voll-Digitalisierung. Der elektronische Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) im ELStAM-Verfahren wird zum 01. Januar 2020 auch für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer freigeschaltet.
Bisher bedurfte es eines Papier-Antrags durch den Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber, um bestimmte für den Lohnsteuerabzug maßgebenden persönlichen Besteuerungsmerkmale (z.B. Steuerklasse 1, Freibeträge) ausgestellt zu bekommen. In das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale waren beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer bis zu diesem Zeitpunkt nicht einbezogen
Die ELStAM können nun ab dem 01. Januar 2020 unter Angabe des Geburtsdatums und der Steueridentifikationsnummer des jeweiligen beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmers angemeldet werden.
Zuteilungsverfahren Steueridentifikationsnummer
Bei beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmern stellt sich an dieser Stelle insbesondere die Frage der erstmaligen Zuteilung der Steueridentifikationsnummer.
Da dieser Personenkreis in Deutschland regelmäßig nicht meldepflichtig ist, kann die für das Lohnsteuerabzugsverfahren erforderliche steuerliche Identifikationsnummer nicht durch die Gemeinde zugeteilt werden. Deshalb muss der Arbeitnehmer selbst die Zuteilung beim Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers beantragen. Aufgrund der praktischen Herausforderung für die jeweiligen Arbeitnehmer, kann der Arbeitgeber als Bevollmächtigter im Sinne des § 80 Abs. 1 AO die Steueridentifikationsnummer im Namen des jeweiligen Arbeitnehmers beantragen.
Für den Fall, dass dem Arbeitnehmer bereits eine Steueridentifikationsnummer zugeteilt wurde, kann der Arbeitnehmer diese Nummer erneut beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt erfragen. Auch an dieser Stelle kann der Arbeitgeber diese Anfrage - als Bevollmächtigter - übernehmen.
Zur Beantragung stellt die Finanzverwaltung einen bundeseinheitlichen Vordruck unter http:///www.formulare-bfinv.de zur Verfügung (Formular 010250).
Fortsetzung des Papierverfahrens - Ausnahmefälle
Die beschriebene Erweiterung des Abrufs im Rahmen des ELStAM-Verfahrens wird jedoch durch den Gesetzgeber vorerst noch beschränkt.
Demnach werden für die im Folgenden aufgeführten Sachverhaltskonstellationen nach wie vor Papier-Bescheinigungen ausgestellt und der ELStAM-Abruf bleibt durch die Finanzverwaltung gesperrt:
- dem beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer wird keine Steueridentifikationsnummer zugeteilt,
- dem beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer wird ein Freibetrag als Steuerabzugsmerkmal bescheinigt,
- der Arbeitslohn ist nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei zu stellen,
- der Arbeitslohn wird durch ein Doppelbesteuerungsabkommen begrenzt oder gemindert,
- der Arbeitnehmer ist erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 EStG) oder
- der Arbeitnehmer ist auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln (§ 1 Abs. 3 EStG).
In diesen gelagerten Fällen bleibt es im Ergebnis bei der Papier-Bescheinigung, welche unverzüglich dem Arbeitgeber durch den jeweiligen Arbeitnehmer vorzulegen ist. Sollte in den beschriebenen Szenarien bereits der ELStAM-Abruf erfolgt sein, so ist das Verfahren im Nachgang mit der Papier-Bescheinigung fortzusetzen und die Bescheinigung tritt sodann für den vermerkten Zeitraum an die Stelle der abgerufenen Steuerabzugsmerkmale.
Vereinfachtes Antragsverfahren
Bislang haben einige Betriebsstättenfinanzämter die Bescheinigungen - bei einer Vielzahl an gleichgelagerten Einzelfällen wie beispielsweise beschränkt steuerpflichtige Betriebsrentnern - im vereinfachten Antrags- oder Listenverfahren erteilt.
An dieser Stelle die praktikable Lösung: Dieses Verfahren kann auch nach dem 31. Dezember 2019 angewandt und die Vergabe der Steueridentifikationsnummer in Listenform beantragt werden (BMF-Schreiben vom 08. November 2018 (BStBl. I S. 1137) IV C 5 - S 2363/19/10007). Diese Übergangsregelung wird bis zum Abschluss der programmtechnischen Einbindung von im Inland nicht meldepflichtiger Arbeitnehmer in das ELStAM-Verfahren anwendbar sein. Allerdings bleibt zu betonen, dass hierbei die im bundeseinheitlichen Vordruck genannte Bestimmungen zum Datenschutz einzuhalten sind.
Folgen für die eTIN (elektronische Transfer-Identifikations-Nummer)
Mit Ausweitung der ELStAM-Verfahrens auf den Personenkreis der beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer verliert die eTIN im Rahmen der elektronischen Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung an das Finanzamt an Bedeutung. Daher werden die Regelungen für die eTIN mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2023 aufgehoben. Aufgrund der bis dato fehlenden Steueridentifikationsnummern bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern, konnte der Arbeitgeber mit Hilfe der eTIN (Kombination aus Geburtsdatum und Name des Arbeitnehmers) die Lohnsteuerbescheinigung trotzdem elektronisch an das jeweilige Finanzamt übermitteln. Die Notwendigkeit einer eTIN ist zukünftig nicht mehr gegeben, da mit beschriebener Ausweitung des ELStAMVerfahrens auch beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer eine Steueridentifikationsnummer haben werden.
3. Betrieblicher Lohnsteuer-Jahresausgleich bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern
In Konsequenz zur Erweiterung des ELStAM-Verfahrens auf den Personenkreis der beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer kann und ab 10 Arbeitnehmer muss der betriebliche Lohnsteuer-Jahresausgleich ab dem 01. Januar 2020 auch bei beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber durchgeführt werden.
Hintergrund ist folgender: Mit Einführung des ELStAM-Verfahrens für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer wird es dem Arbeitgeber im Fortgang nicht mehr möglich sein, die Steuerpflicht (unbeschränkte/beschränkte) des jeweiligen Arbeitnehmers zu erkennen. Dementsprechend kann der Arbeitgeber die Entscheidung der Notwendigkeit des betrieblichen Lohnsteuer-Jahresausgleichs nicht mehr ohne weiteres treffen.
Unberührt bleibt jedoch die Vorschrift, dass der Arbeitgeber diesen Lohnsteuer-Jahresausgleich nur für die Arbeitnehmer durchführen darf, welche ganzjährig beim eben diesem Arbeitgeber beschäftigt sind.
Zu betrachten ist der betriebliche Lohnsteuer-Jahresausgleich bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern etwa bei ausländischen Betriebsstätten-Mitarbeitern mit inländischem Stammhaus (da hier nicht die ausländische Betriebsstätte, sondern das inländische Stammhaus als zivilrechtlicher Arbeitgeber qualifiziert). Allerdings wird bei dieser Konstellation in den meisten Fällen der Ausnahmetatbestand des § 42b Abs. 1 Nr. 6 EStG greifen, wonach ein betrieblicher Lohnsteuer-Jahresausgleich nicht durchzuführen ist, wenn der Arbeitnehmer im Ausgleichsjahr ausländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen oder unter Progressionsvorbehalt nach § 34c Abs. 5 EStG von der Lohnsteuer freizustellen waren.
4. Neue Pauschalierung der Lohnsteuer für kurzfristige Tätigkeit von Arbeitnehmern aus dem Ausland
Bei der physischen Arbeitsausübung in Deutschland von Arbeitnehmern, welche einer ausländischen Betriebsstätte einer inländischen Stammhaus-Gesellschaft zugeordnet sind, entsteht im Grundsatz für jeden in Deutschland physisch verbrachten Arbeitstag eine Lohnsteuerabzugsverpflichtung des inländischen Stammhauses.
Unter diesen Gegebenheiten steht Deutschland - auch bei Ländern mit Doppelbesteuerungsabkommen - für diese deutschen Arbeitstage das Besteuerungsrecht zu und die deutsche Gesellschaft ist lohnsteuerabzugsverpflichteter inländischer Arbeitgeber i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Denn die ausländische Betriebsstätte ist nach deutscher Rechtsauffassung kein selbständiges Rechtssubjekt. Vielmehr ist nur das deutsche Stammhaus Arbeitgeber im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen und gemäß des § 38 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 EStG inländischer Arbeitgeber.
Das deutsche Stammhaus musste daher schon bisher stets gewährleisten, dass die deutschen Arbeitstage Mitarbeiter einer ausländischen Betriebsstätte im Inland lohnversteuert wurden. Dies verursacht regelmäßig einen erheblichen administrativenAufwand.
Zur Minderung des hohen administrativen Aufwandes fügt der Gesetzgeber im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes III mit Wirkung bereits ab 01. Januar 2020 einen neuen § 40a Abs. 7 EStG ein.
Danach kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer von beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern - die einer ausländischen Betriebsstätte zugeordnet sind - mit einem Pauschalsteuersatz in Höhe von 30 % des Arbeitslohns erheben. Jedoch darf die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit des Arbeitnehmers 18 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigen. Der Arbeitgeber kann sodann bei Anwendung der Pauschalierungsmethode (Wahlrecht des Arbeitgebers!) auf den Abruf der ELStAM verzichten.
Eine administrative Erleichterung dürfte aber nur eingeschränkt eintreten. Denn auch nach dieser Pauschalierungsvorschrift sind sowohl die deutschen Arbeitstage, die Überschreitung der 18-Tages-Grenze als auch die Gesamtvergütung der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Gerade diese verwaltungstechnischen Aufzeichnungserfordernisse haben aber schon in der Vergangenheit zu eben diesen großen administrativen Aufwand geführt und es bleibt abzuwarten, ob eine Entlastung hierdurch tatsächlich eintritt.
5. Abschließende Vereinheitlichung der Pflichtveranlagungstatbestände für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer
Durch eine Anpassung des § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 EStG werden nunmehr ab 01.01.2020 die Pflichtveranlagungstatbestände für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer in dieser Vorschrift abschließend geregelt. Zudem werden durch die Ergänzung die Pflichtveranlagungstatbestände für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer an die Regelungen von unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer angepasst.
Unter anderem wird vorgesehen, dass die Bagatellgrenze des § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG in § 50 Abs. 2 Nr. 4 Buchstabe a) EStG überführt. Danach werden beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer von der Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung befreit, wenn sie lediglich bis zu der Bagatellgrenze von 11.900 € im Kalenderjahr Arbeitslohn erzielen, auch wenn für diesen Arbeitnehmer ein Freibetrag für den Lohnsteuerabzug ermittelt wurde.
Ferner werden bestimmte Pflichtveranlagungstatbestände, welche bisher ausschließlich für unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer galten, durch die Einführung des § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe c) EStG (mit Verweis auf explizit diese Tatbestände aus § 46 Abs. 2 EStG) auch für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer Anwendung finden. Dies betrifft etwa die Pflichtveranlagung bei mehreren Dienstverhältnissen (unter Anwendung der Steuerklasse 6) nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 EStG oder die Pflichtveranlagung bei Anwendung der Fünftelregelung (bspw. bei Abfindungen) nach § 46 Abs. 2 Nr. 5 EStG.