UPDATE: Wir weisen darauf hin, dass das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) am 31.05.2023 im Bundesgesetzblatt verkündet, und das Gesetz am 02.07.2023 in Kraft treten wird.
Am 12. Mai 2023 hat der Bundesrat das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) beschlossen und setzt damit die bereits am 16. Dezember 2019 in Kraft getretene "EU-Whistleblower-Richtlinie" (Richtlinie (EU) 2019/1937) mit großer Verspätung um. Vier Wochen nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, voraussichtlich Mitte Juni 2023, tritt das Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland in Kraft.
Im Folgenden zeigen wir Ihnen auf, ob Sie vom neuen deutschen Hinweisgeberschutzgesetz betroffen sind, wie Sie die Vorgaben in der Praxis bestmöglich umsetzen und wie wir Sie darin unterstützen können.
Hintergrund
Auslöser für die EU-Whistleblower-Richtlinie waren mehrere Vorfälle (unter anderem das Facebook Datenleck und die "Panama Papers"), die jeweils durch Hinweisgeber an die Öffentlichkeit gelangt sind. Mitarbeitende in Organisationen erfahren von solchen Missständen innerhalb von Organisationen häufig als Erste und können durch eine Meldung solcher Vorkommnisse zur Aufdeckung und Vermeidung von Schäden beitragen. Hinweisgeber sind jedoch häufig aus Angst vor Vergeltung oder negativen Konsequenzen davor zurückgeschreckt, Bedenken zu melden. Darüber hinaus war der Schutz von Hinweisgebern innerhalb der Europäischen Union auf nationaler Ebene uneinheitlich geregelt. Diese Umstände nahm die EU-Kommission zum Anlass, solche Personen zu schützen, und initiierte im April 2018 einen Legislativvorschlag.
Eine Umsetzung in deutsches Recht innerhalb der Umsetzungsfrist, also Ende 2021, wurde vom deutschen Gesetzgeber versäumt und nunmehr - nach einem bereits von der EU eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren - verspätet verabschiedet.
Die EU-weiten Vorschriften schaffen einen Rahmen für Hinweisgeber, vertrauensvoll und über leicht zugängliche Meldekanäle mögliche Verstöße anzeigen zu können, ohne Vergeltung oder negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Ziel der Richtlinie ist es zudem, dem öffentlichen Interesse auf europäischer Ebene zu dienen, um anderenfalls unentdeckt gebliebene Schäden oder Bedrohungen zu verhindern. Auch soll die Haftbarkeit von Hinweisgebern (sei es zivil-, straf- oder verwaltungsrechtlich) vermieden werden, Verstöße ans Tageslicht gebracht bzw. präventiv unterbunden und in Konsequenz die Rechtsdurchsetzung EU-weit verbessert werden.
Vorgaben des deutschen Hinweisgeberschutzgesetzes
Der deutsche Gesetzgeber hat in der Umsetzung der EU-Richtlinie nun vorgesehen, dass natürliche Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld Informationen über Verstöße erlangt haben, diese an interne (innerhalb ihrer Organisation) oder externe Meldestelle (Bundesamt für Justiz) weitergeben können. Die interne Meldestelle kann entweder von der Organisation selbst betrieben (z.B. durch einen abbestellten Mitarbeitenden oder einer Abteilung) oder von einer externen Drittpartei betreut werden (§ 14 HinSchG). An welche Stelle sich der Hinweisgeber wendet, steht ihm frei.
Unternehmen, mit mehr als 250 Beschäftigten, sind sofort (ab Inkrafttreten des Gesetzes voraussichtlich im Juni 2023) verpflichtet, solche internen Meldestellen einzurichten und zu betreiben, bestimmte Branchen, wie z.B. Wertpapierdienstleistungsunternehmen, haben eine solche Pflicht unabhängig von ihrer Beschäftigtenzahl. Kleinere Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter (und bis zu 249 Mitarbeiter) ab dem 17. Dezember 2023.
Die Hinweise müssen mündlich, schriftlich oder auch persönlich erfolgen können. Die interne Stelle hat den Hinweis innerhalb von sieben Tagen zu bestätigen und muss innerhalb von drei Monaten den Hinweisgeber darüber informieren, wie mit der Meldung verfahren wurde.
Um den Schutzstandard für Hinweisgeber zu gewährleisten, sieht das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz vor, dass Repressalien (Abmahnungen, Disziplinarmaßnahmen etc.) gegenüber Hinweisgebern verboten sind.
Chancen
Sinn und Zweck des Gesetzes ist jedoch nicht nur der Schutz für Hinweisgeber, sondern soll zugleich den Interessen der Unternehmen Rechnung tragen. Durch die erhofft vermehrten Meldungen von Missständen über vertrauensvolle interne Meldestellen, bietet sich auch den Unternehmen selbst die Chance, bislang unbekannte Missstände gezielt und effizient zu beseitigen. So können Unternehmen bereits erhaltene Informationen prüfen und darauf reagieren, bevor die Öffentlichkeit von Verstößen erfährt. Dadurch werden Imageschäden und Schäden für die Interessen der Öffentlichkeit vermieden.
Sanktionen
Verstoßen Unternehmen gegen die tragenden Vorgaben des Gesetzes (z.B. Einrichtung einer internen Meldestelle oder Verbot von Repressalien), so sind Verstöße als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro bedroht.
Fazit und Folgen für die Praxis: Was Unternehmen künftig beachten müssen
Für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigen gilt eine Umsetzungsfrist des Hinweisgeberschutzgesetzes bis zum 17. Dezember 2023. Aufgrund der Komplexität der Umsetzung, empfehlen wir, die erforderlichen Prozesse bereits jetzt einzuleiten. Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten müssen das Gesetz unverzüglich nach Inkrafttreten umsetzen, sodass sofortiges Handeln geboten ist.
Für die zeitliche Planung sind unter anderem folgende Punkte zu berücksichtigen:
- Sofern in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat besteht, ist zu beachten, dass dieser bei der Umsetzung des Gesetzes Mitbestimmungsrechte hat
- Bei Konzernen empfiehlt es sich, eine konzernweite interne Meldestelle einzurichten
- Zu prüfen ist auch, ob in Ihrem Unternehmen bereits eine Meldestelle besteht, die lediglich an die Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes angepasst werden muss
Das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz bringt durchaus gewisse Herausforderungen bei der Umsetzung mit sich, bietet aber nach erfolgreicher Implementierung Chancen für Unternehmen.
Wir stehen Ihnen zur Seite – mit Expertise und der richtigen Technologie
Mit uns an Ihrer Seite hat die Umsetzung des deutschen Hinweisgeberschutzgesetzes keine Auswirkungen auf Ihre personellen Ressourcen und gelingt schnell und einfach, damit Sie sich auf Ihr Kerngeschäft und strategisch wichtige Themen konzentrieren können.
Wir beraten Sie, welche Anforderungen an Ihr Unternehmen gestellt werden und setzen diese rechtlich sowie auch technisch, unter Einsatz einer für Sie und Ihre Mitarbeitenden einfach zu bedienenden und von uns für Sie eingerichteten Software (Plattform) um. Wir helfen Ihnen bei der Einrichtung Ihrer internen Meldestelle unter Einhaltung aller rechtlichen Anforderungen und sorgen anschließend für deren Betreuung als neutrale Dritte – schnell, unkompliziert und mit geringem Aufwand. Im Rahmen der Einführung stehen Ihnen unsere ausgebildeten Expert*innen, die sich mit viel Fingerspitzengefühl nahtlos in ihre Organisation einfügen, Schritt für Schritt zur Seite. Wenn Sie mehr zu unserer softwarebasierten Expertenlösung erfahren möchten, dann vereinbaren Sie gerne ein Gespräch mit uns. Unsere Rechtsanwälte sind kompetente Begleiter auf diesem Weg und stehen Ihnen mit Expertise, Technologie-Affinität und einer Leidenschaft, Herausforderungen in Opportunitäten zu verwandeln, jederzeit zur Verfügung.