Manuelle vs. automatisierte Prozesse - am Beispiel der Transaktionsdatenanalyse
Keyfacts
Standardisierte und automatisierte Prozesse heben Effizienz und Effektivität im Tagesgeschäft
Transparenz und „audit trail“ ermöglichen Sicherheit in Betriebsprüfungen
Mehr denn je steht der Verrechnungspreisbereich vor der Herausforderung, effiziente, fehlerfreie und nachvollziehbare Prozesse über alle Phasen des Verrechnungspreismanagements zu implementieren. In der Praxis kommen häufig noch aufwändige, manuelle Abläufe zur Anwendung, die für Dritte teils schwer nachvollziehbar und – angesichts der immer größer werdenden Anforderungen an den Steuerpflichtigen – zunehmend mit steuerlichen Risiken behaftet sind. Die Automatisierung von Verrechnungspreisprozessen mit Hilfe flexibler Low-Code-Lösungen wie Alteryx oder PowerBI kann deutlich zur Senkung steuerlicher Risiken beitragen. Wie dies konkret aussehen kann, zeigen wir an der Transaktionsdatenanalyse in einem Sachverhaltsbeispiel aus unserer Beratungspraxis.
Sachverhaltsbeispiel
Die Featherlight Components GmbH („FLC GmbH“) ist ein innovativer Automobilzulieferer aus dem Münsterland. Sie produziert ultraleichte Einzelteile für Rennfahrzeuge der weltweit bekanntesten Unternehmen im Motorsport. Die im Münsterland und in der Schweiz („FLC Schweiz GmbH“) entwickelten Hightech-Einzelteile sorgen für erhebliche Gewichtsreduktion bei Fahrzeugen, weshalb das Unternehmen auch immer größere Zulieferverträge im Bereich der Elektromobilität erhält. Die FLC GmbH leitet ihr internationales Geschäft aus dem Münsterland. Hier betreibt sie Forschung &Entwicklung und erbringt zentrale Accounting- und IT-Dienstleistungen für ihre ausländischen Tochtergesellschaften. Bei der FLC GmbH ist auch die Verrechnungspreisabteilung angesiedelt. Die FLC Schweiz GmbH ist ebenfalls maßgeblich an den Entwicklungsprozessen beteiligt. Die Prototypenwerden im Anschluss an die F&E entworfen und an Lohnfertiger ins Ausland zwecks Serienproduktion zur Verfügung gestellt. Der globale Vertrieb läuft über lokale Vertriebseinheiten in Europa und Nordamerika mit eingeschränktem Funktions- und Risikoprofil.
Fallbeispiel Transaktionsdatenauswertung
Manueller Prozess
Die Transaktionsdatenauswertung spielt im Rahmen des Verrechnungspreismanagements jeden Unternehmens eine zentrale Rolle. Übersichten der Transaktionsdaten in Form von Transaktionsmatrizen müssen jährlich für die Verrechnungspreisdokumentation der FLC GmbH erstellt werden. Dies bedeutet, dass die Transaktionsvolumina je Transaktionsgruppe und Transaktionspartner ermittelt und in tabellarischer Form in einem Text-Dokument aufgenommen werden. Zudem bildet die Zuordnung der Transaktionen zu Transaktionsgruppen eine wesentliche Grundlage für das unterjährige Monitoring.
Aktuell läuft dieser Prozess bei der FLC GmbH noch manuell. Zunächst exportieren die Mitarbeiter der Verrechnungspreisabteilung die für die Transaktionsübersicht notwendigen Daten aus dem ERP-System und der Beteiligungsmanagement-Software und fügen diese in verschiedene Tabellenblätter einer Excel-Datei zusammen. Hierbei müssen die relevanten Transaktionen mit nahestehenden ausländischen Gesellschaften identifiziert werden. Dazu werden zunächst sämtliche Transaktionenmit ausländischen verbundenen Gesellschaften aus dem ERP-System extrahiert. Im Anschlusswerden auf Basis eines Abgleichs mit den Daten aus dem Beteiligungsmanagement-System die Transaktionen herausgefiltert, die die Anforderungen an eine nahestehende Person im Zusammenhang mit der Beteiligungsquote gemäß §1 Abs. 2 Nr. 1 AStG erfüllen.
Liegt die auf Transaktionen mit ausländischen nahestehenden Personen verkürzte Übersicht der Einzeltransaktionen vor, wird diese um weitere benötigte Informationen angereichert. Dazu gehören die Sitzstaaten der nahestehenden Unternehmen aus der Beteiligungsübersicht sowie die Zuordnung der Transaktionen als Ertrag bzw. Aufwand bei der dokumentierenden Gesellschaft auf Basis des Kontenrahmens. Zudem werden Stornobuchungen mittels der Suchfunktion identifiziert und gelöscht.
Nach diesen vorbereitenden Schritten beginnt die eigentliche Herausforderung: die Zuordnung der verbleibenden Einzelbuchungen zu Transaktionsgruppen. Dies erfordert das Erfahrungswissen der Mitarbeiter des Verrechnungspreisbereichs. Anhand von Schlüsselwörtern in den Buchungstexten oder anhand der Kontonummern können die Mitarbeiter relevante Transaktionsgruppen mittels Such- und Filterfunktionen zuordnen. Zudem haben sie eine Liste von Gesellschaften erstellt, mit denen jeweils nur Transaktionen einer bestimmten Transaktionsgruppe durchgeführt werden. Hierbei erfolgt die Zuordnung per S-Verweis. Die resultierende Tabelle mit den zu Transaktionsgruppen klassifizierten Buchungsdaten wird im Anschluss in Form einer Pivot-Tabelle so dargestellt, dass die relevanten Volumina je Transaktionsgruppe und Transaktionspartner händisch in die vorbereiteten Tabellen des Dokumentations-Templates kopiert werden können. Sind im Vergleich zum Vorjahr neue Unternehmen oder Transaktionsgruppen dazugekommen, müssen die verwendeten Excel-Formeln aktualisiert und erweitert werden.
Durch zahlreiche Formeln, die über verschiedene Tabellenblätter reichen, sowie händisches Kopieren zwischen verschiedenen Dokumenten, ist der Prozess fehleranfällig und nur für Mitarbeiternachvollziehbar, die mit dem Prozess gut vertraut sind.
Automatisierter Prozess
Wie kann Alteryx hier helfen? Ein Alteryx-Workflow kann einen großen Teil der beschriebenen Schritte automatisieren. Mit dieser Lösung werden die Transaktionsvolumina bereinigt, mit anderen Systeminformationen kombiniert, kategorisiert und im Zielformat ausgegeben. Die folgende Abbildung zeigt den schematischen Aufbau des Lösungsansatzes:
Zunächst werden die relevanten Daten aus den Vorsystemen entweder mittels Konnektoren direktimportiert oder von einem vorher spezifizierten Ort abgerufen.
Nach der Bereinigung, Filterung der relevanten Transaktionen sowie Kategorisierung nach Aufwand bzw. Ertrag erfolgt die Zuordnung von Transaktionsdaten. Dazu werden innerhalb des Workflows sog. Look-Up-Tabellen genutzt. Hierin werden bspw. Schüsselwörter für den Buchungstextaufgenommen, die auf eine bestimmte Transaktionsgruppe hindeuten. Ebenso wird mit Kontonummern und Gesellschaften verfahren, die mit einer bestimmten Transaktionsgruppeassoziiert werden. Die Look-Up-Tabellen lassen sich flexibel an neue Erkenntnisse anpassen.
Der Mitarbeiter kann auf Basis einer Liste der bisher noch nicht zugeordneten Transaktionen prüfen, ob es notwendig ist, noch weitere Regeln in die Look-Up-Tabellen aufzunehmen. Sollten Transaktionen verbleiben, die z.B. aufgrund ihrer Einmaligkeit händisch zugeordnet werden sollen, lässt sich die Tabelle zunächst exportieren, manuell ergänzen und wieder in den Workflow laden. Anhand der finalen Tabelle lassen sich schließlich automatisierte Reports im für die Dokumentation benötigten Format generieren und automatisch abspeichern.
Eine solche Transaktionsdatenauswertung kann nun jährlich genutzt werden und erzeugt durcheinen Durchlauf des Workflows die relevanten Transaktionstabellen, die nur noch durch einen fachkundigen Mitarbeiter auf Plausibilität überprüft und in die entsprechende Verrechnungspreisdokumentation eingefügt werden müssen. Der durchgeführte Prozess kann auch Jahre später, z.B. im Rahmen einer Betriebsprüfung, noch klar nachvollzogen werden. Die folgende Tabelle die wichtigsten Unterschiede zwischen manueller und automatisierter Durchführung gegenüber:
Prozessschritt
Manueller Prozess
Automatisierter Prozess
Daten-Input
Manuelles Einfügen in verschiedene Tabs einer Tabellenkalkulations-Datei
Automatisch vom Sharepoint oder per Konnektor direkt aus dem jeweiligen System
Zusammenführen der Input-Daten und Transformation
Mittels Formeln über mehrere Tabellenblätter hinweg, manuelles Kopieren und Filtern
Automatisiert innerhalb des Workflows mittels „Join“-Tools, Look-Up-Tabellen, Formel- und Filter-Tools
Zuordnen der Einzeltransaktionen zu Transaktionsgruppen
Erstellen einer Pivot-Tabelle und händisches Kopieren der Werte in Dokumentations-Template
Automatisches Abspeichern im gewünschten Zielformat
Datenvisualisierung - Mit den richtigen Dashboards effizient die gesuchten Antworten finden.
Die Ergebnisse der automatisierten können als Dashboard visualisiert werden. Diese Dashboards sind nicht nur zur reinen Visualisierung zu gebrauchen, sondern ermöglichen darüber hinaus flexible und adressatengerechte Detailanalysen über unterschiedliche Filter- und Vergleichsbefehle. Die folgenden Abbildungen zeigen ein Dashboard in Microsoft PowerBI Für die Transaktionsdatenanalyse. Die Transaktionsvolumina können nach Transaktionsgruppen nach Ländern, Segmenten, Gesellschaften und Wirtschaftsjahr gefiltert und analysiert werden können. Die Daten lassen sich so hinterlegen, dass ein „Herunterklicken“ bis auf Einzeltransaktionsebene möglich ist.
Dashboard Überblick
Beispiel-Filter per Klick auf „HQ Company“
Fazit und Ausblick
D&A-Tools erweisen sich als echte Game Changer in den verschiedenen Phasen des Verrechnungspreismanagements. Die dargestellten Fälle aus unserer Beratungspraxis zeigen, wie Alteryx die bisherigen Datenverarbeitungs- und Analyseprozesse verändert und eine komplett neue Herangehensweise für die Grundherausforderungen des Verrechnungspreisbereichs bietet. Die automatisierten Prozesse lassen sich flexibel an den zugrundeliegenden Prozess anpassen und führen zu deutlich effizienteren Lösungen bei geringerer Fehleranfälligkeit. Zudem ermöglichen sie einen konsistenten „Audit Trail“. Dadurch werden komplexe interne Verrechnungspreismodelle für fachkundige Dritte leichter nachvollziehbar. Dies ist sowohl bei internen Personalwechseln als auch für Betriebsprüfungen relevant, die idR viele Jahre nach Verwirklichung der Sachverhalte stattfinden. Die Zeitersparnis durch die Automatisierung repetitiver Tätigkeiten ermöglicht es den Mitarbeitern des Verrechnungspreisbereichs, ihren Fokus auf andere Tätigkeiten zu legen. Dies kann einen Beitrag dazu leisten, dass der Verrechnungspreisbereich im Unternehmen stärker als Business Partner und Value Creator wahrgenommen wird.
Wir erwarten, dass mittelfristig die Anwendung von D&A-Tools zur Standard-Toolbox des Verrechnungspreismanagements gehören wird, sowohl aus der Perspektive der Steuerpflichtigen als auch der Finanzverwaltung. Je mehr Kenntnisse über die aktuellen technischen Möglichkeiten in der Finanzverwaltung aufgebaut werden, umso höher wird auch die Erwartungshaltung gegenüber den Steuerpflichtigen im Rahmen der Prüfung der Verrechnungspreissysteme werden. Angesichts der immer neuen Herausforderungen im Verrechnungspreisbereich sind auch aus Sicht der Steuerpflichtigen effiziente und nachvollziehbare Verrechnungspreisprozesse unabdingbar. Durch die Verwendung von Workflow-Tools zur Kommunikation zwischen verschiedenen Mitarbeitern bzw. Abteilungen sowie RPA-Software, die – wo nötig – hilft, verschiedene Lösungen miteinander zu verbinden, lassen sich darüber hinaus noch mehr Effizienzgewinne heben. Dies setzt voraus, dass zunächst klare, standardisierte Prozesse implementiert werden.
Neben den neueren D&A-Tools werden unserer Einschätzung nach die „klassischen“ Tools, wie Tabellenkalkulationsprogramme, beim Verrechnungspreismanagement weiterhin eine große Rolle spielen. Eine neue Herausforderung für die Entscheidungsträger im Verrechnungspreisbereich ist es daher, das Potential bereitstehender Lösungen einschätzen zu können und zu entscheiden, in welchen Fällen welche Lösung zum Einsatz kommen soll.
Michel
Braun
Partner
Digital Transfer Pricing & AI
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