Ausgestaltung der Krisenfrüherkennung und des Krisenmanagements nach § 1 StaRUG (IDW ES 16)

Zum 01.01.2021 trat das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) in Kraft und ergänzte das deutsche Restrukturierungsrecht um neue Instrumente, wie etwa gerichtliche Stabilisierungsmaßnahmen zur Abwehr von Einzelzwangsvollstreckungen. Ziel ist es, Unternehmen in der Krise frühzeitig handlungsfähig zu machen. Voraussetzung dafür ist eine wirksame Krisenfrüherkennung durch die Geschäftsleitung.

Am 28.02.2025 veröffentlichte das IDW hierzu den Entwurf des Standards ES 16 „Ausgestaltung der Krisenfrüherkennung und des Krisenmanagements nach § 1 StaRUG“. Er konkretisiert die gesetzlichen Anforderungen aus § 1 StaRUG und liefert eine praxisnahe Orientierung zur Ausgestaltung von Früherkennungssystemen und Krisenmanagement.

Der Entwurf betont die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens. Die Geschäftsleitung muss fortlaufend die Entwicklung des Unternehmens beobachten, um Risiken zu erkennen, die den Fortbestand gefährden könnten. Eine adäquate Unternehmensplanung, eingebunden in einen funktionierenden Planungsprozess, ist notwendig, um künftige negative Ereignisse frühzeitig zu erkennen und zu bewerten. Dies gilt grundsätzlich unabhängig von der Rechtsform und der Größe des Unternehmens.

Neu ist, dass der Entwurf eine klare, risikoorientierte Ausgestaltung der Planung fordert: Unternehmensziele, Annahmen und Szenarien müssen transparent dokumentiert und regelmäßig auf Plausibilität geprüft werden. Zudem sind spezifische Frühwarnindikatoren zu definieren, die individuell auf das Unternehmen zugeschnitten sind und eine verlässliche Krisenerkennung ermöglichen. Beispiele hierfür können Liquiditätskennzahlen (z.B. Liquiditätsgrad 1, d.h. kurzfristige Zahlungsfähigkeit), Veränderungen im Wettbewerbsumfeld (z.B. Markteintritt neuer Konkurrenten) oder betriebliche Leistungskennzahlen (z.B. Produktionsauslastung) sein.

Der Entwurf fordert zudem, dass Gegenmaßnahmen klar und nachvollziehbar geplant werden. Sie sollen nicht nur kurzfristig helfen, sondern Krisen langfristig bewältigen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist fortlaufend zu überprüfen, und bei Bedarf sind diese anzupassen. Auch die Rolle der Kontrollorgane wird gestärkt, sodass Aufsichtsräte oder Beiräte frühzeitig und umfassend über Risiken informiert werden müssen, um ihrer Kontrollfunktion angemessen nachkommen zu können.

Kleine und mittlere Unternehmen sollen die Vorgaben auch bei begrenzten Ressourcen angemessen erfüllen können. Hier empfiehlt der Entwurf, ggf. externe Experten hinzuzuziehen, um die Anforderungen praxisgerecht und haftungsminimierend umzusetzen.

Der IDW ES 16 unterstreicht damit die Bedeutung einer strukturierten, dokumentierten und individuell angepassten Krisenfrüherkennung als zentrales Element zur Erfüllung der Anforderungen des § 1 StaRUG. Unternehmen sollten ihre Planungs- und Kontrollprozesse daher regelmäßig überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um frühzeitig auf wirtschaftliche Risiken reagieren und Haftungsrisiken für die Geschäftsleitung und Kontrollorgane minimieren zu können.

Der Entwurf des IDW ES 16 stärkt die Pflicht zur frühzeitigen und systematischen Krisenerkennung und liefert wertvolle Leitlinien, um Unternehmen wirksam vor existenzgefährdenden Risiken zu schützen.

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