Überarbeitung des IAS 37 durch den Exposure Draft (ED/2024/8) des IASB

Der International Accounting Standard IAS 37: Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen zählt zu den grundlegenden Standards der IFRS-Rechnungslegung. In der Praxis kommt es jedoch immer wieder zu Auslegungsfragen und Anwendungsunsicherheiten, insbesondere im Hinblick auf die Definition und den Ansatz gegenwärtiger Verpflichtungen, die Bewertung von Rückstellungen sowie die Verwendung von Abzinsungssätzen. Darüber hinaus ergab sich ein Anpassungsbedarf, da die Definition einer Schuld im Rahmen der Überarbeitung des IFRS-Rahmenkonzepts im Jahr 2018 angepasst wurde.

Als Reaktion auf diese Herausforderungen hat das International Accounting Standards Board (IASB) im November 2024 den Exposure Draft „Provisions - Targeted Improvements“ (ED/2024/8) veröffentlicht. Ziel dieses Entwurfs ist es, gezielte Verbesserungen an IAS 37 vorzunehmen, um Klarheit, Konsistenz und Vergleichbarkeit in der Bilanzierungspraxis zu verbessern. Die vorgeschlagenen Änderungen können dazu führen, dass sich der Ansatzzeitpunkt einiger Rückstellungen ändert und Unternehmen genauere Angaben zu deren Rückstellungsbewertung im Anhang machen müssen.

Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen vor allem den Ansatzzeitpunkt bestimmter Rückstellungen (IAS 37.14). Dies betrifft insbesondere Verpflichtungen zur Zahlung von Abgaben und Gebühren, denen sich ein Unternehmen aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr entziehen kann, wie z.B. Umweltabgaben und Gebühren für Abfallentsorgung, und damit einhergehend die Frage nach den Anforderungen an das Bestehen der sog. gegenwärtigen Verpflichtung („present obligation recognition criterion“). Künftig sollen derartige Rückstellungen früher und kontinuierlich erfasst werden, um den Adressaten der Finanzberichte nützlichere Informationen zu liefern.

In Bezug auf die Bewertung von Rückstellungen soll nach wie vor die sog. bestmögliche Schätzung („best estimate“) der zur Erfüllung der Verpflichtung erforderlichen Ausgaben maßgeblich sein. Das IASB schlägt jedoch vor, klarzustellen, dass diese Ausgaben nicht nur direkte Zusatzkosten, sondern auch anteilige, direkt zurechenbare Gemeinkosten umfassen, wie beispielsweise Abschreibungen auf Maschinen, die für die Erfüllung der Verpflichtung genutzt werden. Damit wird deutlich, dass dieselbe Kostenbasis wie bei der Bewertung sog. belastender Verträge („onerous contracts“, sog. Drohverlustrückstellungen) herangezogen werden soll.

Ziel der vorgeschlagenen Änderungen zur Abzinsung von (langfristigen) Rückstellungen ist, die Aussagekraft der Abschlüsse zu erhöhen. Derzeit bestehen in der Praxis erhebliche Unterschiede bei den verwendeten Abzinsungssätzen bzw. bei deren Zusammensetzung ((Nicht-)Berücksichtigung des sog. „non-performance risk“), was zu Verzerrungen in der Rückstellungshöhe und damit in der Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führen kann. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen nur unzureichende Angaben zu den verwendeten Zinssätzen machen. Der Vorschlag des IASB sieht daher vor, künftig als Abzinsungssatz (nur) einen risikofreien Zinssatz zu verwenden. Die konkrete Ermittlung dieses Zinssatzes soll jedoch nicht standardisiert werden. Stattdessen soll eine entsprechende Anhangangabe mit Informationen hierzu verpflichtend werden. Von den vorgeschlagenen Änderungen besonders betroffen wären Unternehmen mit hohen langfristigen Rückstellungen, etwa für die Stilllegung von Vermögenswerten oder Umweltsanierungen. Folglich wären Branchen wie Energieerzeugung, Öl und Gas, Bergbau und Telekommunikation am stärksten hiervon betroffen.

Die Kommentierungsfrist zum Exposure Draft endete am 12.03.2025. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der IASB-Sitzung vom 16.06. bis 18.06.2025 in London diskutiert.

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