Um ihre ehrgeizigen Klimaziele und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Einklang zu bringen, setzt die Bundesregierung auf eine Energiewende hin zu strom- und wasserstoffbasierten Technologien. Aufgrund eines Corona-bedingten Sondereffektes auf die EEG-Umlage drohte nun jedoch ein massiver Anstieg der Strompreise. Durch einen Zuschuss aus Bundesmitteln zur Senkung dieser Stromnebenkosten sollen die Strompreise stabil gehalten werden.
Berechnungsmechanismus der EEG-Umlage
Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird seit mittlerweile 20 Jahren der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland gefördert. Das Gesetz regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz. Es garantiert Erzeugern von grünem Strom grundsätzlich feste Einspeisevergütungen für 20 Jahre ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme ihrer Anlagen. Zur Finanzierung dieser im Regelfall über dem Marktpreis liegenden Förderung wird die von den Energieversorgungsunternehmen an die Letztverbraucher weitergereichte EEG-Umlage erhoben.
Infolge der Corona-Krise sind in diesem Jahr eine spürbar geringere Stromnachfrage und verhältnismäßig niedrige Börsenstrompreise zu verzeichnen. Somit ergeben sich für 2020 auch deutlich unterdurchschnittliche Einnahmen auf dem durch die Übertragungsnetzbetreiber verwalteten EEG-Konto. Infolge des kontinuierlichen Ausbaus der Erneuerbaren steigen die garantierten Auszahlungen an die Anlagenbetreiber jedoch hiervon unbeeindruckt weiter an. Da das Umlagesystem einen jährlichen Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben vorsieht, drohte die EEG-Umlage in 2021 stark anzusteigen.
Absenkung der EEG-Umlage durch Haushaltsmittel
Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie hat der Koalitionsausschuss am 03.06.20 ein umfangreiches Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket beschlossen. Um die Energiekosten der privaten Haushalte und Unternehmen stabil und verlässlich zu halten, wird der Bund einen Zuschuss aus Haushaltsmitteln zur Senkung der EEG-Umlage leisten, sodass diese 2021 bei 6,5 ct/kWh und 2022 bei 6,0 ct/kWh liegen wird. Ohne Sondereinflüsse wurde die EEG-Umlage für 2020 im letzten Jahr auf 6,756 ct/kWh festgelegt.
Eine Zuführung staatlicher Mittel in den EEG-Ausgleichmechanismus war bisher gesetzlich nicht vorgesehen. Die Bundesregierung vereinbarte aber bereits im Dezember 2019, Einnahmen aus dem neuen nationalen Zertifikatehandels für Brennstoffemissionen nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) teilweise für eine Senkung der EEG-Umlage zu verwenden. Zu diesem Zweck sollen nach § 3 Abs. 3a EEV n.F. auch Zahlungen der Bundesrepublik Deutschland an die Übertragungsnetzbetreiber zur Absenkung der EEG-Umlage erfolgen. Da die Zusatzeinnahmen aus dem BEHG voraussichtlich nicht zur Deckelung der EEG-Umlage ausreichen werden, rechnet die Bundesregierung mit einem Finanzbedarf aus Haushaltsmitteln für dieses Vorhaben in Höhe von 11 Milliarden Euro.
Auswirkungen auf die Begünstigungen für stromkostenintensive Unternehmen
Die Absenkung der EEG-Umlage kann dazu führen, dass stromkostenintensive Unternehmen die Schwellenwerte für die Inanspruchnahme der Besonderen Ausgleichsregelung nicht mehr erreichen. Eine Verringerung der EEG-Umlage impliziert einen geringeren Strompreis und damit eine verminderte Stromkostenintensität. Effektiv ergeben sich für die betroffenen Unternehmen zukünftig höhere Stromkosten.
Hierbei ist zu beachten, dass bei der Berechnung der Stromkostenintensität stets der Zeitraum der letzten drei Jahre heranzuziehen ist. Zwar ist die aktuelle Absenkung auf 6,5 ct/kWh bzw. 6,0 kWh nur relativ gering. Nichtsdestoweniger sollten betroffene Unternehmen auch vor dem Hintergrund möglicher Corona-bedingter Produktionsanpassungen bereits heute prüfen, ob die Inanspruchnahme der Besonderen Ausgleichregel auch nach der Rechtsänderung weiterhin möglich und sinnvoll ist.
Besondere Ausgleichsregelung und Eigenstromprivileg erneut im beihilferechtlichen Fokus
Durch die Finanzierung der Absenkung der EEG-Umlage aus staatlichen Mitteln rücken die Besondere Ausgleichsregelung und das Eigenstromprivileg als selektive Begünstigungsregelungen erneut in den beihilferechtlichen Fokus. Mit Urteil vom 28.03.2019 (C-405/16 P - Deutschland/ Kommission) hatte der EuGH hinsichtlich des EEG 2012 entschieden, dass keine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliege, weil der Umwälzmechanismus keine „aus staatlichen Mitteln gewährte“ Förderung darstelle.
Indem nun ausdrücklich Mittel aus dem Bundeshaushalt in die Finanzierung der EEG-Umlage aufgenommen werden sollen, ist davon auszugehen, dass die EU-Kommission die Begünstigungen aus beihilferechtlicher Sicht neubewerten wird. Fraglich ist, ob die modifizierte EEG-Umlage nach Art. 107 Abs. 2 Buchst. b) AEUV als zulässige Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, einzustufen ist. Eine frühzeitige entsprechende Klarstellung wäre für die Planungssicherheit der betroffenen Unternehmen sehr wünschenswert.
Auch die Zuführung von Mitteln aus dem nationalen Emissionshandel birgt Diskussionspotenzial. Insbesondere hinsichtlich der Einführungsphase mit festen CO2-Preisen und ohne Emissionsmengenbegrenzung besteht Uneinigkeit über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Instruments (vgl. u.a. Stefan Klinski, Sachverständigengutachten, Deutscher Bundestag, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, 52. Sitzung am 06.11.2019, Protokoll 19/52, Ausschussdrucksache 19(16)293-A).
Keine Anpassung des Stromsteuertarifs
Dagegen führte das Gesetzgebungsverfahren nicht zu Änderungen bei der Stromsteuer. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hatte am 19.03.2020 eine Aussetzung der Stromsteuer und der EEG-Umlage zur Entlastung von Bürgern und Betrieben gefordert. Auch der Finanz- und Wirtschaftsausschuss des Bundesrates hatte in seiner Stellungnahme vom 12.05.2020 zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) die Prüfung einer Senkung der Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß angeregt. Das Stromsteueraufkommen 2017 betrug 6,944 Mrd. EUR. Der Regelsteuersatz beträgt aktuell 20,50 EUR/MWh. Durch die Energiesteuerrichtlinie RL 2003/96/EG werden Mindeststeuersätze von 0,50 EUR/MWh für die betriebliche Verwendung und 1,00 EUR/MWh für die nichtbetriebliche Verwendung vorgegeben, die ohne gesonderte Rechtfertigung nicht unterschritten werden dürfen. Der Vorschlag konnte jedoch im Bundesrat keine Mehrheit gewinnen.