Aufgrund des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche restriktive Maßnahmen gegen die Russische Föderation und Belarus erlassen, soeben das achte Sanktionspaket. Die aktuellsten Entwicklungen haben wir Ihnen im Folgenden aus exportkontrollrechtlicher Sicht zusammengefasst.
1. Was ist jetzt zu beachten und zu tun?
2. Übersicht: Relevante Embargoverordnungen
3. Zusammenfassung - achtes Sanktionspaket - neue Sanktionen gegen Russland
4. Bereits geltende restriktive Maßnahmen gegen Russland
5. Bereits geltende restriktive Maßnahmen gegen Belarus
Die Maßnahmen und Sanktionslisten können sich in der aktuellen Situation jederzeit - auch kurzfristig - ändern. Daher empfehlen wir in jedem Fall bereits bei Geschäftsanbahnung und letztmalig vor unmittelbarem Versand der Ware eine sorgfältige Prüfung des Sachverhalts, insbesondere der Sanktionslisten in Bezug auf beteiligte Endkunden und Banken sowie der einschlägigen Embargoverordnungen.
Die Risiken von Geschäften mit oder Lieferungen an russische/belarussische Personen oder Unternehmen sind vielfältig.
Neben der juristisch anspruchsvollen Prüfung der einzelnen exportkontrollrechtlichen Embargoverordnungen und Sanktionsvorschriften besteht zusätzlich ein hohes strafrechtliches und wirtschaftliches Risiko bei Geschäften mit Russland und Belarus. Das gilt z.B. in folgenden Fällen:
Daneben gibt es rein praktische Hürden, z.B. werden an der Grenze zu Belarus/Russland die Waren nicht von den EU-Zollbehörden freigegeben, weil exportkontrollrechtliche Dokumente fehlen oder es findet sich kein Spediteur, der die Ware in die beiden Länder (weiter-) transportiert, weil sich während des Transportes die Sanktionsvorschriften geändert haben.
Eine konkrete Handlungsempfehlung gültig für alle Fälle ist daher an dieser Stelle, auch aufgrund der ständigen Rechtsänderungen, nicht möglich. Jeder Sachverhalt muss individuell gewürdigt werden.
Folgende generelle Anregungen für eine geschäftliche Tätigkeit und den Umgang mit der gegenwärtigen Lage können wir Ihnen geben:
Wir stehen Ihnen bei der juristischen Prüfung Ihres konkreten Sachverhalts sowie mit praktischen Empfehlungen für Ihr Russland/Belarus-Geschäft in dieser herausfordernden Zeit gerne zur Verfügung.
Im Juni und Juli 2014 wurden als Reaktion auf die unrechtmäßige Eingliederung der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation folgende Maßnahmen erlassen (Verordnung (EU) Nr. 692/2014):
In Reaktion auf die Anerkennung der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk ist die Verordnung (EU) Nr. 2022/263 vom 23. Februar 2022 beschlossen worden. Seit dem 04.10.2022 umfasst der Geltungsbereich die Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja (Verordnung (EU) 2022/1903 zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/263). Diese umfasst folgende Maßnahmen:
Im März 2014 wurden Finanzsanktionen gegen bestimmte Personen erlassen, die für Handlungen verantwortlich sind, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (Verordnung (EU) Nr. 269/2014). Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, die im Eigentum oder Besitz der in Anhang I der Verordnung aufgeführten Personen sind, werden eingefroren. Eingefrorene Gelder und Ressourcen müssen nun in der Regel bis zum 1. September an das BAFA (bzw. die zuständige Behörde im jeweiligen Mitgliedsstaat) gemeldet werden, ein Unterlassen wird als Umgehungstatbestand gewertet (Verordnung (EU) Nr. 2022/1273 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014).
Ferner dürfen diesen Personen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen (Bereitstellungsverbot). Seit diesen Erlassen erfolgten immer wieder Ergänzungen des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014. Die Maßnahmen betreffen nur die Personen, die in Anhang I Verordnung (EU) Nr. 269/2014 aufgeführt sind. Mit diesen Personen in Verbindung stehende natürliche oder juristische Personen, Einrichtungen oder Organisationen sind nur betroffen, wenn sie selbst ebenfalls in Anhang I aufgeführt sind. Das mittelbare Bereitstellungsverbot bleibt davon unberührt und ist zu beachten.
Im Juli 2014 wurden weitere Embargomaßnahmen erlassen. Diese umfassten ein Waffenembargo, Handelsbeschränkungen für Dual-Use-Güter und für Ausrüstung für den Energiebereich sowie die Beschränkungen des Zugangs zum Kapitalmarkt der Europäischen Union (Verordnung (EU) Nr. 833/2014).
Die Maßnahmen wurden im September 2014 im Rahmen verschiedener Rechtsakte ausgeweitet. Bestehende Dienstleistungsbeschränkungen in bestimmten Bereichen der Erdölexploration und -förderung wurden ausgeweitet und weitere Beschränkungen des Zugangs zum Kapitalmarkt wurden erlassen (Verordnung (EU) Nr. 960/2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014). Weiterhin wurden die Listungsgründe des Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 erweitert (Verordnung (EU) Nr. 959/2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014). In diesem Zuge erfolgte ebenfalls der Erlass des Verbots des Verkaufs, der Lieferung, der Verbringung und der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern des Anhangs I der EU-Dual-Use-VO (Verordnung (EU) 2021/821) an die in Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 960/2014 genannten Empfänger und das Verbot der Erbringung von hiermit in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen.
Im Dezember 2014 wurden die restriktiven Maßnahmen generell überarbeitet (u.a. Spezifikation von Begriffen wie "Arktis"). Außerdem wurde an dieser Stelle die Genehmigungspflicht für die Ausfuhr, Lieferung und den Verkauf der Güter des Anhangs II der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 an Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland ins Leben gerufen. Dies schließt die Erbringung technischer Dienstleistungen im Zusammenhang mit diesen Gütern mit ein (Verordnung (EU) Nr. 1290/2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014).
Die Maßnahmen um Kapitalbeschränkungen in Zusammenhang mit der Bereitstellung von Finanzmittel an Russland, die Regierung und die Zentralbank wurden durch die Verordnungen (EU) 2022/259, 2022/262, 2022/394 und 2022/580 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 erweitert. Dies schließt neben Banknoten jeglicher Währungen der EU auch Wertpapiere, welche als Zahlungsmittel verwendet werden können mit ein, was auch die Kryptowährungen beinhaltet. Weiterhin wurden mehrere russische Banken vom Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen (Verordnung (EU) 2022/345 und 879/2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014). Ebenso wurden Transaktionen mit der russischen Zentralbank verboten (Verordnung (EU) 2022/334 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014).
Erweiterungen der Namenliste des Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 werden als Reaktion auf die aktuellen Kriegsgeschehnisse immer wieder durchgeführt. Die Namensliste der vom Embargo betroffenen Personen und Organisationen umfasst nun unter anderem einflussreiche Oligarchen, wichtige Militärs und den russischen Außenminister Sergei Lawrow sowie den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Änderungen wurden durch die Verordnungen (EU) 2022/236, 2022/260, 2022/261, 2022/332, 2022/336, 2022/396, 2022/408, 2022/427, 2022/581, 2022/878, 2022/1270, 2022/1906, 2022/2430 und 2022/2476 veranlasst. Wie oben beschrieben, werden die Vermögen der genannten Personen und Organisationen in der Europäischen Union durch die Listung eingefroren, und es herrscht ein Bereitstellungsverbot von finanziellen Mitteln.
Hinweis: Im Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 sind auch belarussische Staatsbürger (zumeist Mitglieder des Militärs) erfasst
Weiterhin wurde in den Verordnungen (EU) 2022/328, 2022/394, 2022/428, 2022/576, 2022/879 und 2022/1904 zur Änderung der Verordnung (EU) 833/2014 festgelegt, dass die Ausfuhr der im Folgenden genannten Güter nach Russland oder zur Verwendung in Russland nunmehr grundsätzlich verboten ist. Dies schließt die technische Hilfe, Vermittlungsdienste oder Finanzhilfen im Zusammenhang mit solchen Gütern ein:
Der neue Artikel 12b (Verordnung (EU) 2022/2474 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014) führt zeitlich befristete Ausnahmen von Exportverboten (Verkauf, Lieferung, Verbringung) ein in Bezug auf:
Entsprechende Genehmigungen können bis zum 30. September 2023 erteilt werden.
Folgende Waren und damit verbundene technische Hilfe, Vermittlungsdienste oder Finanzhilfen sind zur Einfuhr aus Russland verboten (Verordnungen (EU) 2022/576, 2022/879, 2022/1269 und 2022/2474 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014):
Für diese Einfuhr- und Ausfuhrverbote sind Ausnahmen möglich, insbesondere für bereits abgeschlossene Geschäfte. Diese Ausnahmen sind jedoch genehmigungspflichtig und müssen somit vor Ausfuhr mit dem BAFA abgestimmt werden.
Des Weiteren wurden durch die Verordnungen (EU) 2022/334, 2022/576 und 2022/1269 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 allen russischen Luftfahrtunternehmen, Schiffen, welche unter russischer Flagge registriert sind und allen Kraftverkehrsunternehmen der Zugang zum europäischen Luftraum, den europäischen Flughäfen, Häfen und Schleusen, sowie die Durchfahrt durch die EU untersagt. Eine Ausnahme dieses Verbots wurde für das Abladen von Gütern zum Ausbau erneuerbarer Energien geschaffen (Verordnung (EU) 2022/1269 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014).
In der Liste des Anhang XV der Verordnung (EU) 2022/350 und 2022/879 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 sind russische Medienhäuser und deren Niederlassungen in der EU genannt, welche zur Verbreitung von Propaganda und Falschinformationen beitragen. Es ist den Betreibern verboten, ob über Fernsehen oder Internet, in der EU Inhalte zu verbreiten. Weiterhin ist es verboten diesen Medienhäusern Übertragungsgenehmigungen und Rundfunklizenzen zu erteilen.
Durch die Verordnung (EU) 2022/428 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 wurde der Anhang XIX hinzugefügt, welche Unternehmen mit einer Beteiligung von 50% oder mehr durch den russischen Staat oder die russische Zentralbank enthält. Sämtliche Geschäfte mit diesen Unternehmen sind verboten. In dieser Verordnung wurde weiterhin ein Verbot von Ratingdiensten für russische Unternehmen hinzugefügt. Weiterhin ist es verboten in sanktionierten Unternehmen, sowie in allen russischen Unternehmen Posten in Leitungsgremien zu bekleiden (Verordnungen (EU) 2022/1904 und 2022/2474 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014).
Es ist weiterhin verboten Beteiligungen innezuhaben oder Investitionen in Unternehmen des russischen Energiesektor, nun erweitert um den Bergbausektor, zu tätigen (Verordnung (EU) 2022/2474 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014).
Mit der Verordnung (EU) 2022/576 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 wurde ein Verbot öffentliche Aufträge an russische Personen oder Organisationen zu vergeben verhängt. Weiterhin gilt ein Verbot der Registrierung von Trusts, sofern russische Personen oder Organisationen begünstigt sind. Januar 2023 WTS Customs Seite 10 von 12
Durch die Verordnungen (EU) 2022/879, 2022/1904 und 2022/2474 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 wurde ein Verbot zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung einschließlich Abschlussprüfung, Buchführung und Steuerberatung, Unternehmens- und Public-Relations-Beratung, Architektur und Ingenieurwesen, Rechtsberatung, IT-Beratung, Markt- und Meinungsforschung, technische physikalische und chemische Untersuchung und Werbung für die russische Regierung und russische Unternehmen eingeführt. Zahlreiche Ausnahmen, um unter anderem Demokratie zu fördern und Menschenrechte zu wahren sowie die Energieversorgung sicherzustellen, wurden durch die Verordnungen (EU) 2022/1904 und 2022/2474 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 eingeführt.
Im Jahr 2006 wurde die Verordnung (EG) Nr. 765/2006 erlassen, worin festgelegt wurde, dass die finanziellen Mittel in der EU der Personen und Organisationen, welche im Anhang I der Verordnung genannt werden, eingefroren werden. Weiterhin gibt es ein Bereitstellungsverbot finanzieller Mittel.
Angesichts der politischen Entwicklungen im Land und der erzwungenen Landung der Ryanair-Maschine in Minsk wurden weitere Sanktionsmaßnahmen gegen Belarus erlassen. Güter- und personenbezogene Maßnahmen wurden durch die Verordnung (EU) 2021/1030 und Verordnung (EU) Nr. 588/2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 erlassen. Neben einem Waffenembargo wurden dabei die folgenden Maßnahmen in Kraft gesetzt, wobei Dienstleistungen, technische Hilfe, Reparaturen und Wartungsmaßnahmen von den Beschränkungen mit umfasst sind. Folgende Güter sind für den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe und die Ausfuhr nach Belarus oder zur Verwendung in Belarus verboten:
Als Reaktion auf die Unterstützung des Angriffskriegs auf die Ukraine durch Belarus wurden die bestehenden Embargomaßnahmen gegen Belarus massiv verschärft. In der Verordnung (EU) 2022/355, 2022/876 und 2022/877 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 wurden folgende Maßnahmen festgelegt:
Durch die Verordnung 2022/398 und 2022/577 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 wurden weiterhin folgende Embargomaßnahmen erlassen:
Die Kommission hat bereits weitere Sanktionsmaßnahmen gegen Belarus angekündigt
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