Das Bundeskabinett hatte am 30.08.2023 den Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes beschlossen und damit das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet (vgl. hierzu TAX WEEKLY # 31/2023 und zum Referentenentwurf bereits TAX WEEKLY # 26/2023 und # 27/2023).
In ihrer Gegenäußerung vom 25.10.2023 zur Stellungnahme des Bundesrats vom 20.10.2023 sprach sich die Bundesregierung gegen eine äußerst beachtliche Anzahl von Forderungen der Länderkammer aus (vgl. TAX WEEKLY # 38/2023). Dazu zählen wesentliche Forderungen, wie eine Erhöhung des Bundesanteils bei der Finanzierung des Gesetzes, eine Finanzierung der Investitionsprämie aus dem Bundeshaushalt, ein Verzicht auf Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs, ein vollständiger Verzicht auf die Sammelpostenregelung (§ 6 Abs. 2a EStG), eine haushaltsverträglichere Ausgestaltung bei der Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG-E) und bei der steuerlichen Forschungsförderung ein Verzicht auf die Ausweitung der förderfähigen Aufwendungen auf für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben erforderliche und unerlässliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.
Am 17.11.2023 hat nun der Bundestag den Regierungsentwurf in der Fassung „Beschlussempfehlung und Bericht“ seines Finanzausschusses in 2./3. Lesung beschlossen. Insbesondere folgende Neuerungen bzw. Änderungen sind bezogen auf den Regierungsentwurf zu erwähnen:
- Änderungen im Zusammenhang mit der Klimaschutz-Investitionsprämie (Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz – KlimaInvPG): Zunächst soll der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz auf den 01.03.2024 verschoben werden. Der Beginn des Förderzeitraums in § 3 Abs. 1 Satz 1 KlimaInvPG-E wird entsprechend angepasst. Nur so bleibe genug Zeit, fristgerecht einen genehmigungsfähigen Evaluierungsplan bei der EU-Kommission einzureichen. Würde ein solcher Evaluierungsplan nicht fristgerecht eingereicht (oder von der Kommission nicht genehmigt), wäre das KlimaInvPG nur sechs Monate lang nach seinem Inkrafttreten anwendbar. Die Voraussetzung der Begünstigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 KlimaInvPG-E in Bezug auf die Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Anspruchsberechtigten wurde überarbeitet. Nunmehr soll auf Betriebsstätten abgestellt werden, die in einem EU-Mitgliedstaat, einem EWR-Staat oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft belegen sind. Der Bundesrat hatte hier europarechtliche Bedenken geäußert, die durch diese Änderung ausgeräumt werden sollen. Darüber hinaus wurden einige Regelungen noch redaktionell hinsichtlich der intendierten und in § 2 Abs. 1 KlimaInvPG-E geregelten Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffung- oder Herstellungskosten angepasst. Schließlich soll nun in § 6 Abs. 2 KlimaInvPG-E klargestellt werden, dass die Investitionsprämie nur dann gewährt werden kann, wenn die hiernach förderfähigen Aufwendungen nicht bereits durch andere staatliche Förderungen, die staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 107 AEUV darstellen, gefördert wurden oder werden.
- Einschränkungen bei der Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs: Die im Regierungsentwurf diesbezüglich enthaltenen Regelungen wurden nun vom Bundestag doch wieder eingeschränkt. Es bleibt zwar bei der Erweiterung des Verlustrücktrags bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf drei Jahre. Der diesbezügliche Höchstbetrag von € 10 Mio. bzw. € 20 Mio. bei Zusammenveranlagung soll nun aber nicht dauerhaft, sondern nur bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2025 fortgeführt werden. Ab dem Veranlagungszeitraum 2026 soll der Höchstbetrag von ursprünglich € 1 Mio. bzw. € 2 Mio. bei Zusammenveranlagung dauerhaft auf € 5 Mio. bzw. € 10 Mio. bei Zusammenveranlagung angehoben werden (§ 10d Abs. 1 EStG-E). In Bezug auf die Nutzung von Verlustvorträgen soll bei der Mindestgewinnbesteuerung die Prozentgrenze von derzeit 60 % temporär (von 2024 bis 2027) nur noch auf 75 % angehoben werden (§ 10d Abs. 2 EStG-E und § 10a GewStG-E). Im Regierungsentwurf waren es noch 80 %.
- Firmen- und Dienstwagenbesteuerung – Halbierung der Anhebung der Bruttolistenpreisgrenze und Entfall der alternativen Reichweitengrenze ab 01.01.2025: Die im Regierungsentwurf enthaltene Anhebung des Höchstbetrags für die Inanspruchnahme des Viertels der 1%-Bemessungsgrundlage für die private Nutzung bei rein elektrischen Firmenwagen (inkl. Brennstoffzellenfahrzeuge), die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, von € 60.000 auf € 80.000 wurde nun auf € 70.000 Listenpreis reduziert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 Nr. 3 EStG-E). Darüber hinaus soll die Bemessungsgrundlage bei der Bewertung der Entnahme für die private Nutzung betrieblicher Elektrofahrzeuge, die nicht in den Genuss der Viertel-Regelung kommen, und extern aufladbarer Hybridelektrofahrzeuge nur noch dann zur Hälfte anzusetzen sein, wenn das Fahrzeug einen Kohlendioxidausstoß von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat. Die bisher vorgesehene Alternative einer elektrischen Mindestreichweite des Fahrzeugs von mindestens 80 Kilometern soll entfallen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 5 und Satz 3 Nr. 5 EStG-E). Dies gilt für Fahrzeuge, die nach dem 31.12.2024 angeschafft werden. Die Änderungen gelten entsprechend bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 2 Satz 2, 3 und 5 EStG). Mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2025 soll auch in der gewerbesteuerlichen Regelung zum Hinzurechnungsumfang bei Verträgen über die Anmietung von extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen die alternative elektrische Mindestreichweite gestrichen werden (§ 8 Nr. 1 Buchst. d Satz 2 Doppelbuchst. bb GewStG-E).
- Bewertung von Einlagen junger Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG-E): Entsprechend einer Forderung des Bundesrats soll zur Vermeidung von Gestaltungen § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG auf Zuführungen aus dem Privatvermögen begrenzt werden, so dass dann für innerhalb der letzten drei Jahre angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter (sog. junge Wirtschaftsgüter) der Ansatz mit den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten in der Konstellation Mutter-Tochter-Kapitalgesellschaft nicht mehr möglich ist. Ansonsten könnten stille Reserven in „jungen Wirtschaftsgütern“ auf Tochtergesellschaften verlagert und die Anteile nach § 8c Abs. 2 KStG steuerfrei veräußert werden. Es handelt sich bei der Maßnahme um eine Reaktion auf die BFH-Entscheidung vom 21.06.2021 (I R 32/17). Die Neuregelung soll erstmals auf Wirtschaftsgüter anzuwenden sein, die nach dem Tag der Verkündung des Wachstumschancengesetzes eingelegt werden.
- Änderungen im Zusammenhang mit der Einführung einer geometrisch-degressiven AfA für neue Wohngebäude (§ 7 Abs. 5a EStG-E): Insoweit soll nun der Abschreibungssatz auf den Restwert nach Wechsel zur linearen AfA vom pauschalen Prozentsatz nach § 7 Abs. 4 EStG gelöst werden. § 7 Abs. 5a Satz 8 EStG-E aus dem Regierungsentwurf wurde dahingehend neugefasst, dass sich der nach dem Wechsel zur linearen AfA zugrunde zu legende Abschreibungssatz aus der Differenz zwischen dem dem pauschalen Prozentsatz nach § 7 Abs. 4 EStG zugrundeliegenden Abschreibungszeitraum und dem bisherigen Abschreibungszeitraum des Gebäudes bezogen auf den Restwert ermittelt (ähnliche Regelung in § 7a Abs. 9 EStG). Nach der kaum verständlichen Regelung ergibt sich der weitere AfA-Satz, aus der typisierten Nutzungsdauer des § 7 Abs. 4 EStG (33 1/3 Jahre) vermindert um den Zeitraum der degressiven AfA. Darüber hinaus wird nun in § 7a Abs. 9 EStG-E klargestellt, dass sich nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums einer Sonderabschreibung (wie z.B. der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG) die weitere Absetzung für Abnutzung auch nach § 7 Abs. 5a EStG-E (Restwert und dem nach § 7 Abs. 5a EStG-E maßgebenden Prozentsatz) bemessen kann. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut auch vor Ablauf des Begünstigungszeitraums der Sonderabschreibung bereits degressiv nach § 7 Abs. 5a EStG-E abgeschrieben hat.
- Änderungen an der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau (§ 7b EStG-E): Die Sonderabschreibung für die Herstellung neuer Mietwohnungen nach § 7b EStG soll angesichts der dynamischen Entwicklung insbesondere der Baukosten auch weiterhin adäquate Anreize für den Bau von neuen Mietwohnungen schaffen. Deshalb soll § 7b EStG künftig auch auf die degressive AfA für neue Wohngebäude nach § 7 Abs. 5a EStG-E aufsetzen (§ 7b Abs. 1 Satz 1 EStG-E). Die Kostenbezugsgrößen sollen an die veränderten Realitäten im Bausektor angepasst werden (Baukostenobergrenze in § 7b Abs. 2 EStG-E: € 5.200 statt bisher € 4.800; maximale Bemessungsgrundlage in § 7b Abs. 3 EStG-E: € 4.000 statt bisher € 2.500). Um auch im Zusammenwirken mit der neu geschaffenen geometrisch-degressiven Absetzung für Abnutzung für neue Wohngebäude zusätzliche Investitionspotenziale im Sinne eines „Investitionsboosters“ zu eröffnen, soll der zeitliche Anwendungsbereich der Sonderabschreibung auf Wohnungen erweitert werden, für die der Bauantrag oder die Bauanzeige vor dem 01.10.2029 gestellt wird (nach aktuellem Recht: „vor dem 01.01.2027“). Alle diese Regelungen hat der Bundestag ganz neu in den Gesetzentwurf aufgenommen.
- Reform und Anpassung der Zinsschranke – Streichung der Anti-Fragmentierungsregelung (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG-E): Aufgrund der Vielzahl an vorgetragenen Kritikpunkten wurde die im Regierungsentwurf enthaltene Anti-Fragmentierungsregelung, wonach die Freigrenze i.H.v. € 3 Mio. im Falle von gleichartigen Betrieben unter einheitlicher Leitung oder beherrschendem Einfluss nur einmal genutzt werden können sollte, aus dem Gesetzentwurf genommen.
- Verzicht auf Zinshöhenschranke (4l EStG-E im Regierungsentwurf) und Lösung im Rahmen von § 1 AStG: Entsprechend einer Forderung des Bundesrats wird im nun vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf auf die im Regierungsentwurf enthaltene Regelung einer Zinshöhenschranke (4l EStG-E im Regierungsentwurf) verzichtet. Stattdessen sollen in § 1 AStG mit Wirkung ab 2024 (der Bundesrat war hier von 2023 ausgegangen) Regelungen für grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen (§ 1 Abs. 3d AStG-E) und Finanzierungsdienstleistungen (§ 1 Abs. 3e AStG-E) eingefügt werden, die den Fremdvergleich bei Finanzbeziehungen in Übereinstimmung mit dem Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien regeln. Damit soll für grenzüberschreitende Finanzbeziehungen die Wirkung einer Zinshöhenschranke erzielt werden.
- Vorziehen des Anwendungszeitpunkts der Änderungen bei der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG-E): Es soll der Anwendungszeitpunkt für die Änderungen insgesamt – nicht nur wie vom Bundesrat gefordert für die Regelung zur Anwachsung – auf den Veranlagungszeitraum 2024 vorgezogen werden (§ 52 Abs. 34 Satz 2 EStG-E), da die Änderungen in § 34a EStG laut Gesetzesbegründung keinen größeren Aufwand bei der technischen Umsetzung verursachen werden.
- Energetische Gebäudesanierung (§ 35c Abs. 1a EStG-E): Eine vom Bundestag neu in den Gesetzentwurf aufgenommene Änderung von § 35c EStG soll dazu führen, dass selbstnutzende Wohneigentümer die energetische Sanierung ihrer Bestandsgebäude zu einem höheren Prozentsatz als bisher geltend machen können. Die Förderung steigt danach um zehn Prozentpunkte auf 30 % der Aufwendungen, sofern die Sanierung in 2024 oder 2025 erfolgt.
- Regelungen im Zusammenhang mit der Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen unbeschränkt Steuerpflichtiger aus Freistellungs-Betriebsstätten in DBA-Staaten (§§ 36, 36a EStG-E): Durch Änderung in § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG-E soll klargestellt werden, dass auch Erstattungs- bzw. Anrechnungsansprüche unbeschränkt Steuerpflichtiger, die aus einer DBA-Freistellung resultieren, in das Anrechnungsverfahren bei Veranlagung einbezogen werden. Dies ist zwar gängige Verwaltungspraxis, allerdings hat die Norm den Fall vom Wortlaut her nicht abgedeckt. Eine weitere Änderung in § 36a Abs. 1 Satz 1 EStG-E zielt darauf ab, dass eine Erstattung nach § 36 EStG in den Fällen inländischer Dividendeneinkünfte aus Freistellungs-Betriebsstätten in DBA-Staaten zusätzlich auch der Anrechnungsbeschränkung des § 36a EStG unterliegen. Dabei handelt es sich um ein treaty override, da Deutschland Anrechnungsbeträge aus Betriebsstätteneinkünften, vorbehaltlich von Aktivitätsklauseln und § 20 Abs. 2 AStG, vollumfänglich erstatten müsste. Nunmehr würde lediglich die Erstattung von 2/5 der Kapitalertragsteuer gewährt, wenn die Voraussetzungen des § 36a EStG nicht gegeben sind. Die Maßnahme dient der Sicherung des Steueraufkommens.
- Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung – Begrenzung der Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf eingetragene GbRs (§ 1a KStG-E): Insoweit soll einer Forderung des Bundesrats folgend, in Entsprechung zum Formwechsel, der (nach dem MoPeG) für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften sowie für eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts möglich ist, die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 1a KStG auf diese Personengesellschaften begrenzt werden (§ 1a Abs. 1 Satz 1 bis 4 KStG-E).
- Streichung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG (doppelte Verlustberücksichtigung bei ertragsteuerlicher Organschaft): Einer Forderung des Bundesrats folgend, soll die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG zu negativen Einkünften eines Organträgers oder einer Organgesellschaft, die in einem ausländischen Staat im Rahmen der Besteuerung berücksichtigt werden, gestrichen werden. Mit der Einführung von § 4k EStG durch das ATAD-Umsetzungsgesetz werde nunmehr bereits eine doppelte Berücksichtigung von Aufwendungen (§ 4k Abs. 4 EStG) verhindert.
- Einführung einer Mitteilungspflicht bezogen auf innerstaatliche Steuergestaltungen – Änderung zur Prüfung der Einkünfte- oder Einkommensschwelle (§ 138l Abs. 5 AO-E): Um allen Beteiligten mehr Rechtssicherheit zu verschaffen, soll bei der Prüfung der Einkünfte- oder Einkommensschwelle auf bereits festgesetzte Steuern abgestellt werden (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO-E). Als Folgeänderung soll auch die Regelung zur Prüfung der Einkünfte- oder Einkommensschwelle für die Fälle, in denen die Steuerpflicht des Nutzers erst in den letzten drei Kalenderjahren oder Wirtschaftsjahren oder in dem Kalenderjahr oder Wirtschaftsjahr, in dem das Ereignis nach § 138n Abs. 1 Satz 2 AO-E eingetreten ist, entstanden ist, geändert werden (§ 138l Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 AO-E). Folgerichtig soll insoweit auf die nach Satz 1 Nr. 1 Buchst. b maßgebenden Beträge für nur einen Veranlagungszeitraum abgestellt werden. Maßgebend sind dabei nicht nur die in einer Steuerfestsetzung, sondern auch die der Festsetzung einer Steuervorauszahlung zu Grunde gelegten Beträge. In Fällen, in denen keine Einkommensteuerfestsetzung erfolgt, insbesondere weil der Nutzer der innerstaatlichen Steuergestaltung ausschließlich nach § 32d EStG dem gesonderten Steuertarif unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, soll die Einkünfteschwelle dann wieder unabhängig von Steuerfestsetzungen geprüft werden (§ 138l Abs. 5 Satz 3 AO-E).
- Umsatzsteuersatz für Gas- und Wärmelieferungen: Nach der aktuellen Gesetzeslage unterliegt die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und von Wärme über ein Wärmenetz bis zum 31.03.2024 dem ermäßigten Steuersatz. Zwischenzeitlich war von der Bundesregierung die Formulierungshilfe eines Änderungsantrags beschlossen worden, wonach die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aufgrund der gesunkenen Energiepreise bereits zum 31.12.2023 hätte beendet werden sollen (vgl. TAX WEEKLY # 31/2021). Dies ließ sich allerdings nicht in vollem Umfang durchsetzen. Verblieben ist nun eine nur um einen Monat verkürzte Anwendung, d.h. die Regelung soll nunmehr nur noch bis zum 29.02.2024 anzuwenden sein (§ 28 Abs. 5 und 6 UStG-E).
- Änderungen im Zusammenhang mit der Einführung der obligatorischen eRechnung – EDI-Verfahren und Verlängerung Optionszeitraum (§ 14 UStG-E): Entgegen der bisherigen Fassung im Regierungsentwurf soll eine elektronische Rechnung nunmehr auch in anderem Format als dem nach den EN 16931 ausgestellt werden können. Zwar soll dieses Format weiterhin den Grundfall für Syntax und Semantik einer elektronischen Rechnung bilden und es den Unternehmen so ermöglichen, sich auf ein einheitliches Format einzustellen. Allerdings sollen sich die am Leistungsaustausch Beteiligten auch auf ein anderweitiges Format verständigen können (§ 14 Abs. 1 Satz 6 UStG-E). Voraussetzung ist, dass dieses Format die richtige und vollständige Extraktion der erforderlichen Angaben aus der elektronischen Rechnung in ein Format ermöglicht, das der Norm EN 16931 entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dies sicherstellen, dass insbesondere über EDI-Verfahren ausgestellte Rechnungen, deren Format den Vorgaben der CEN-Norm EN 16931 nicht entspricht, ebenfalls als elektronische Rechnungen anzusehen sind. An dem bisher geplanten Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 01.01.2025 wird zwar festgehalten. Allerdings werden die damit verbundenen Vereinfachungsregelungen angepasst: Unternehmer sollen demnach generell noch bis zum 31.12.2026 auf andere Rechnungsformen als die elektronische Rechnung ausweichen können (§ 27 Abs. 39 Nr. 1 UStG-E). Die Vereinfachungsregelung für Unternehmer, deren Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als € 800.000 betragen hat, wird auf den 31.12.2027 verlängert (§ 27 Abs. 39 Nr. 2 UStG-E).
- Ausschluss der Immobilienteilfreistellung bei fehlender Vorbelastung (§ 57 Abs. 8 Satz 1 und Satz 4 InvStG-E): Einkünfte aus Investmentfonds, die gemäß den Anlagebedingungen fortlaufend mehr als 50 % ihres Aktivvermögens in Immobilien und Immobilien-Gesellschaften anlegen (sog. Immobilienfonds i.S.d. § 2 Abs. 9 InvStG) unterliegen auf Ebene der Investoren gem. § 20 Abs. 3 InvStG einer besonderen Steuerbefreiung. Nach § 2 Abs. 9a InvStG-E werden Immobilien künftig nicht mehr für die maßgebliche Quotenberechnung berücksichtigt, wenn die Einkünfte aus der Immobilie oder deren Veräußerung in vollem Umfang oder zu mehr als 50 % von der Besteuerung befreit sind. Der Regierungsentwurf sah einen Anwendungsbeginn zum 01.01.2024 vor. Im Zuge der Anhörung der betroffenen Wirtschaftsverbände hat sich herausgestellt, dass § 2 Abs. 9a InvStG-E Umsetzungen auf Seiten der Fondsbranche erfordern, die eine Verschiebung des Anwendungsbeginns auf den 01.01.2025 erforderlich machen.
- Steuerbarkeit der Werterhöhung einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA (§ 7 Abs. 9 ErbStG-E): Entsprechend einer Forderung des Bundesrats soll klarstellend gesetzlich geregelt werden, dass – wie bisher schon im Rahmen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG von der Finanzverwaltung vertreten – auch die Werterhöhung einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien als schenkungsteuerbarer Vorgang erfasst wird.
- Befristete Beibehaltung des Status Quo in der Grunderwerbsteuer (§ 24 GrEStG-E): Die bisher im Regierungsentwurf enthaltene Regelung, die sich nur auf die Auswirkungen des MoPeG zum 31.12.2023 auf laufende Nachbehaltensfristen bezog, wurde durch eine zeitlich begrenzte umfassende Lösung ersetzt. Der neu eingefügte § 24 GrEStG-E soll für ein Jahr (Aufhebung mit Ablauf des 31.12.2024) gelten und fingieren, dass rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten. Die in Bezug genommenen rechtsfähigen Personengesellschaften sollen in einem neu eingefügten § 14a Abs. 2 Nr. 2 AO legal definiert werden und umfassen u.a. auch Gesellschaften (§ 705 BGB), Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen. Der neue, zeitlich begrenzte Lösungsansatz geht auf eine Forderung des Bundesrats zurück, der allerdings noch eine Lösung über § 39 AO gesucht hatte.
Ob der Bundesrat dem Gesetz zustimmen oder den Vermittlungsausschuss anrufen wird, ist nach derzeitigem Stand völlig offen. Wegen des Risikos der Anrufung des Vermittlungsausschusses haben die Koalitionsfraktionen eine Fristverkürzung beantragt, um für diesen Fall genügend Zeit zu haben, das Vermittlungsverfahren noch in diesem Jahr durchzuführen und das Gesetzgebungsverfahren so zeitig abzuschließen, dass es – dann ohne Rückwirkung – zum 01.01.2024 in Kraft treten kann. Die Entscheidung des Plenums des Bundesrats wird daher vom ursprünglich geplanten 15.12.2023 auf den 24.11.2023 vorgezogen. Die dem Beschluss des Plenums vorgelagerte Befassung der Bundesratsausschüsse, insbesondere des federführenden Finanzausschusses, wird durch eine schriftliche Durchführung beschleunigt, die bereits am 20.11.2023 abgeschlossen werden soll.