Hallo Lars, du treibst seit Jahren das Thema Change Management in Transformations-Projekten voran und bist quasi erster Ansprechpartner bei WTS für das Thema. Was macht aus deiner Sicht in der heutigen Zeit erfolgreiches Change Management aus?
[Lars Bax] Auch wenn man das Gefühl hat, dass die digitale Transformation immer schneller voranschreitet, ist eines immer noch so sicher wie vor 20 oder 100 Jahren: Unternehmen werden von Menschen mit Leben erfüllt. Jeder substanzielle Wandel, muss also auch von den Menschen verstanden, angenommen und mitgetragen werden. Das noch so tolle und neue IT-System, für dessen Anschaffung es einen glasklaren Business Case gibt, muss von der Belegschaft auch akzeptiert, verstanden und genutzt werden. Ein logischer und schlanker Geschäftsprozess, der einheitlich ausgerollt und eingehalten werden soll, muss von den Mitarbeitenden auch gelebt werden. Langfristiger und nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg bedarf also immer eines harmonischen Dreiklangs von Systemen, Prozessen aber vor allem auch dem Menschen. Erfolg hat das Unternehmen, welches erst den Menschen in den Vordergrund rückt und erst dann passgenaue Geschäftsprozesse entwickelt und am Ende das optimale IT Systemen auswählt.
Du hast zwei Ingenieur Abschlüsse. Wie bist du zum Thema Change Management gekommen und was begeistert dich daran konkret ?
[Lars Bax] Als logisch denkender Ingenieur war eine meiner ersten Arbeitstätigkeiten das Thema Prozessoptimierung. Nachdem ich einige Prozesse effizient nach Logik optimiert hatte und feststellte, dass diese von Mitarbeitenden nicht gelebt wurden, habe ich mich sehr stark mit dem Thema Akzeptanz von Veränderungen beschäftigt und bin dort mit dem Themen Lean- und Change Management in Kontakt getreten. Beides rein menschenzentrierte Methoden. Ich war sehr fasziniert von der Psychologie von Menschen, was mich zur Weiterbildung in der systemischen Lehre und der Leidenschaft für die Arbeit mit Menschen gebracht hat.
Ich bin fest davon überzeugt, dass jegliche Veränderungsvorhaben nur dann erfolgreich sind, wenn wir Akzeptanz bei den Mitarbeitenden erreichen.
Wann sollte aus deiner Sicht die Belegschaft in Veränderungsprozesse involviert werden?
[Lars Bax] Schon vor dem eigentlichen Start eines Veränderungsprojektes ist die direkte Ansprache durch Führungskräfte ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Mögliche Verunsicherung bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollte immer so früh wie möglich abgebaut werden. Dies gelingt vor allem durch eine klare Vision und eindeutige Ziele des zu initiierenden Veränderungsvorhabens.
Idealerweise erfolgt die erste Kommunikation auch nicht abgeschottet, also via simplen Informationsversand, sondern als quasi dialogische Kommunikation - offen, transparent und vor allem Stakeholder gerecht. Nur so kann man die Mitarbeitenden wirklich mitnehmen. Man darf ihnen die Veränderung nicht aufzwingen, sondern muss die Notwendigkeit aufzeigen und versuchen mit Argumenten zu überzeugen. Dabei ist es wichtig, dass Mitarbeitende auch die Chance bekommen Fragen zu stellen, oder, gerade auch zu Beginn, ihre Hoffnungen und Sorgen zu platzieren. Erst dann können Betroffene zu Beteiligten werden und für die Veränderung gewonnen oder gegebenenfalls qualifiziert werden. Im besten Falle erhalten Sie darüber sogar wertvolles Feedback, welches dann auch in die Projektplanung einfließen kann.
Veränderungen sind meist von Skepsis begleitet. Wie gehst du mit Widerständen um?
[Lars Bax] Veränderungen werden natürlich nicht von allen gleich angenommen. Der Klassiker ist dabei sicherlich die Abwehr mit der beliebten Phrase „Das haben wir aber schon immer so gemacht“. Die große Herausforderung ist es dann, Menschen, die viele Jahre so gearbeitet haben, an neue Anforderungen anzupassen. Gleichzeitig ist es wichtig, ihre bis dahin geleistete Arbeit wertzuschätzen und zu vermitteln, dass sich die Zeiten und das Umfeld geändert haben. Das heißt, es geht darum „Sinn zu vermitteln“. Trotzdem wird man es nie schaffen, dass alle von der Notwendigkeit einer bevorstehenden Veränderung überzeugt sind. Daher ist es mir extrem wichtig zu versuchen, Multiplikatoren in der Belegschaft zu mobilisieren bzw. Mitarbeitende zu finden, die einem Projektvorhaben positiv gegenüber eingestellt sind und diese von unserem Konzept überzeugt sind. Diese Multiplikatoren fungieren schließlich als Mittler und tragen so die wichtigen Projektbotschaften auch an die Kolleginnen und Kollegen weiter, und dienen als verlängerter Arm in die Organisation.
Klar ist aber auch - wir können nicht jeden mitnehmen. Wichtig ist die Mehrheit in dem vom Management gegebenen Rahmen hinter dem Projekt zu versammeln.
Gibt es eigentlich auch ein zu hohes Maß an Kommunikation?
[Lars Bax] Wenn diverse Jour-Fixes und Meetings nur zur reinen Informationsweitergabe abgehalten werden, ohne den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit eines direkten Feedbacks zu geben, hat das Auswirkungen auf die Kommunikationskultur. Das stärkt nur die Gerüchteküche. Die Erfolgsformel ist daher ein ausgewogener Mix aus Informationsbereitstellung und dialogischer Kommunikation. Sinnvoll ist es immer, eine Plattform für die Mitarbeitenden zu schaffen, in der sie Fragen stellen, oder Ideen und Meinungen einbringen können.
Mein größtes Learning über die Jahre ist, dass man nie zu viel kommunizieren kann. Immer dann, wenn man denkt, dass es einem schon aus dem Ohren herauskommt, hat man genau richtig kommuniziert. Hintergrund ist, dass man selbst extremen Wissensvorsprung als Führungskraft, Initiator etc. hat und dies in der Kommunikation berücksichtigt werden muss.
Hast du einen abschließenden Geheimtipp für uns, wie man Mitarbeitende in Zeiten eines gefühlten Dauerwandels immer wieder für neue Herausforderungen motiviert?
[Lars Bax] Natürlich! Wertschätzung der bisherigen Tätigkeiten und kleine Erfolge feiern, sind zwei der wichtigsten Punkte um einen dauerhaften kontinuierlichen Verbesserungsprozess am Leben zu halten. Außerdem müssen Mitarbeitende an das glauben was sie tun, um authentisch zu wirken und Veränderungen als ihren Alltag zu begreifen.