Die Öffnung des Steuerbereichs für eine verstärkte und gezielte Nutzung von KI-Modellen beruht vor allem auf den aktuellen Entwicklungen generativer Sprachmodelle (engl. Natural Language Processing (NLP)) und sogenannter Machine Learning Operations Plattformen (MLOps). Diese stehen gerade deshalb im Fokus der aktuellen Studie, da Transformer-basierte Sprachmodelle [1] für weitreichende Verbesserungen in der maschinellen Text- und Sprachverarbeitung gesorgt haben und die MLOps mittlerweile in der Lage sind, den Lebenszyklus von KI-Modellen ganzheitlich zu optimieren und zu automatisieren. Lösungen, die nicht nur KI-Experten und Entwickler sondern zunehmend auch Fachexperten nutzen können. Denn aufgrund ihrer einfacheren und robusteren Entwicklung empfehlen sich die KI-Methoden ab sofort auch für einen größeren Anwenderkreis.
Denn im Gegensatz zu vorherigen NLP-Methoden können Transformer-Modelle mittlerweile Kontexte in Textsequenzen über eine deutlich weitere Distanz aufrechterhalten. Auch eine parallele Datenverarbeitung ist möglich, wodurch das Trainieren und Anwenden deutlich effizienter abläuft. Ausgehend vom ursprünglichen Transformer-Modell wurden diverse neue Konzepte abgeleitet, wie z. B. BERT [2], welches ebenfalls ein zentraler Meilenstein im Bereich NLP darstellt. Aber auch heutzutage allgegenwärtige Modelle wie GPT [3] lassen sich auf Teile der Transformer-Architektur zurückführen.
Eine weitere Entwicklung ist die zunehmende Verbreitung von Konzepten vortrainierter Modelle und des Transfer Learning: Dabei werden Sprachmodelle zunächst auf einer großen allgemeinen Datenbasis vortrainiert, damit diese ein generelles Sprachverständnis erlernen. Um im nächsten Schritt für bestimmte Aufgaben feinjustiert werden. Dieses Vorgehen ermöglicht, dass der Zugang zu performanten Sprachmodellen maßgeblich vereinfacht und Eintrittsbarrieren überwunden wurden. Wodurch Unternehmen ein Sprachmodell auf ihre eigenen Anforderungen hin anpassen und sich so teils millionenschwere und aufwendige Trainingsprozeduren ersparen können [4].
In den vergangenen Jahren lässt sich zudem ein starker Trend hin zu immer größeren Modellen (im Sinne ihrer trainierbaren Parameter) feststellen [5]. Heutzutage sind Modelle mit einer Parameteranzahl im dreistelligen Milliardenbereich keine Ausnahme mehr. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Large Language Models (LLMs), die in Kapitel Große Sprachmodelle näher vorgestellt werden. Auch wenn dies ein wesentlicher Grund für die stetig zunehmenden Trainingskosten ist, führt es auch dazu, dass die KI-Modelle eine immer bessere Performanz erzielen können. Zu welchen Leistungen solche Modelle im Steuerkontext in der Lage sind, zeigte beispielsweise eine Kurzstudie von Taxy.io [6].
So viel steht jedenfalls fest: Größere KI-Modelle sind heutzutage immer besser in der Lage, komplexere Zusammenhänge der natürlichen Sprache zu erfassen und zu verstehen. Während sich Texte mit zunehmend sprachlicher Qualität generieren lassen, um bspw. für kreative Schreibaufgaben herangezogen zu werden. Trotz des durch ChatGPT Ende 2022 ausgelösten „Hypes“ zeigt der AI Index Report der Stanford University aus dem Jahr 2023 jedoch, dass die befragten Unternehmen generative Ansätze wie GAN (8%), NL Generation (12%) oder Transformer (11%) bisher nur begrenzt in ihre Unternehmenstätigkeiten integriert haben [5]. Aufgrund deren Neuartigkeit ist der Praxiseinsatz somit noch weitestgehend unerschlossen.
Auch im Kontext des Steuerbereichs befinden sich LLM-Anwendungen erst in den Anfangsphasen. Beispielsweise entwickelten Taxy.io und der Otto-Schmidt-Verlag erst kürzlich eine neue generative Steuer-KI, die es ermöglicht, das Problem der Halluzinationen, Bias und Fairness sowie Datenschutz zu lösen [7]. Eine richtungsweisende Entwicklung, die aber noch nicht breitflächig in der Praxis angekommen ist. Neben den Durchbrüchen generativer KI-Methoden zeigt sich aber auch, dass KI-Methoden nach wie vor für den Steuerbereich von hoher Relevanz sind, die schon seit längerer Zeit erforscht werden. Darunter fallen insbesondere Methoden zur Anomalieerkennung (vgl. Kapitel Anomalieerkennung) und Klassifikation (vgl. Kapitel Klassifikationsmethoden). Dies ist damit begründet, dass sich viele Anwendungsfelder im Steuerbereich auf diese Methoden übertragen lassen.
