Mit zwei Urteilen vom 30.11.2016 (VI R 49/14 und VI R 2/15) hatte der BFH entschieden, dass ein vom Mitarbeiter an den Arbeitgeber für den Firmenwagen gezahltes Nutzungsentgelt den zu versteuernden geldwerten Vorteil mindert, da der Mitarbeiter insoweit nicht bereichert ist (vgl. TAX WEEKLY # 7/2017). Dies gilt auch für vom Mitarbeiter selbst getragene (laufende) individuelle Kraftfahrzeugkosten (z.B. Benzin). Der geldwerte Vorteil kann allerdings nur bis auf € 0 gemindert werden; evtl. den geldwerten Vorteil übersteigende Eigenanteile führen nicht zu negativem Arbeitslohn und können auch nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Der Mitarbeiter muss den Aufwand im Einzelnen nachweisen.
Die Finanzverwaltung wird die Urteile nun im Bundessteuerblatt veröffentlichen. Das bisherige BMF-Schreiben zur Berücksichtigung von Eigenanteilen am Dienstwagen (BMF-Schreiben 19.04.2013) wird aufgehoben. Laut BMF-Schreiben vom 21.09.2017 gilt nun für alle offenen Fälle Folgendes:
Zahlungen des Mitarbeiters für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an den Arbeitgeber oder auf dessen Weisung an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Arbeitgebers (abgekürzter Zahlungsweg) mindern den geldwerten Vorteil sowohl bei der Anwendung der 1 % - Regelung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG als auch bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG.
Wie bisher liegt ein Nutzungsentgelt vor, wenn der Mitarbeiter aufgrund einer arbeitsvertraglichen oder anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage
- einen nutzungsunabhängigen pauschalen Betrag (z.B. Monatspauschale) oder
- einen an den gefahrenen Kilometern ausgerichteten Betrag (z. B. Kilometerpauschale) entrichtet oder
- die Leasingrate übernimmt.
Anders als bisher wird nun aber ein Nutzungsentgelt auch bei arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter vollständiger oder teilweiser Übernahme einzelner Kraftfahrzeugkosten durch den Arbeitnehmer anerkannt. Dies gilt auch, wenn
- der Arbeitgeber diese Kosten zunächst verauslagt und anschließend dem Mitarbeiter weiterbelastet oder
- der Mitarbeiter zunächst pauschale Abschlagszahlungen leistet, die zu einem späteren Zeitpunkt nach den tatsächlich entstandenen Kraftfahrzeugkosten abgerechnet werden.
Kraftfahrzeugkosten in diesem Sinne sind Kosten, die zu den Gesamtkosten des Fahrzeugs i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG gehören, also z.B. Treibstoffkosten, Wartungs- und Reparaturkosten, Kraftfahrzeugsteuer, Beiträge für Halterhaftpflicht- und Fahrzeugversicherungen, Garagen-/Stellplatzmiete, Aufwendungen für Anwohnerparkberechtigungen, Aufwendungen für die Wagenpflege/ -wäsche, Ladestrom. Unberücksichtigt bleiben z.B. Fährkosten, Straßen- oder Tunnelbe-nutzungsgebühren (Vignetten, Mautgebühren), Parkgebühren, Aufwendungen für Insassen- und Unfallversicherungen, Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgelder. Das Schreiben enthält keine Aussage, ob auch Unfallkosten zu den Fahrzeugkosten gehören.
In Gehaltsumwandlungsfällen (der Mitarbeiter verzichtet auf Barlohn, im Gegenzug überlässt ihm der Arbeitgeber einen Firmenwagen) ist in dem Barlohnverzicht kein Nutzungsentgelt zu sehen. Der steuerpflichtige Bruttolohn des Mitarbeiters wird in diesen Fällen bereits durch den Gehaltsverzicht gemindert.
Übersteigt das Nutzungsentgelt den geldwerten Vorteil, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten.
Bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode fließen vom Mitarbeiter selbst getragene individuelle Kraftfahrzeugkosten grundsätzlich nicht in die Gesamtkosten ein und erhöhen damit nicht den geldwerten Vorteil (R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 8 zweiter Halbsatz LStR). In diesem Fall können sie auch nicht als Nutzungsentgelt berücksichtigt werden. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht, wenn die vom Mitarbeiter selbst getragenen Kosten in die Gesamtkosten einbezogen und dann wie bei der 1 % - Regelung als Nutzungsentgelt behandelt werden.
Beispiel:
Für den Firmenwagen sind Kosten von € 10.000 entstanden, davon entfallen € 3.000 auf Benzinkosten, die vom Mitarbeiter getragen werden. Privatnutzung 10 %.
Lösung a)
Die Benzinkosten bleiben bei der Ermittlung der Gesamtkosten außer Ansatz: der geldwerte Vorteil beträgt 10 % von € 7.000 (€ 700), die vom Mitarbeiter getragenen Kosten haben keine Auswirkung auf den geldwerten Vorteil.
Lösung b)
Die Benzinkosten werden in die Gesamtkosten einbezogen: der geldwerte Vorteil beträgt 10 % von € 10.000 (€ 1.000). Die vom Mitarbeiter getragenen Kosten (3.000 €) mindern den geldwerten Vorteil auf € 0. Der übersteigende Betrag von € 2.000 bleibt steuerlich ohne Auswirkung.
Leistet der Mitarbeiter eine Zuzahlung zu den Anschaffungskosten des Firmenwa-gens kann diese nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauf folgenden Kalenderjahren auf den geldwerten Vorteil für das jeweilige Kraftfahrzeug bis auf € 0 angerechnet werden (R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 und 3 LStR).
Die Zuzahlungen können sowohl im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens als auch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Mitarbeiters berücksichtigt werden.
Für das Lohnsteuerabzugsverfahren muss der Mitarbeiter dem Arbeitgeber jährlich, fahrzeugbezogen und schriftlich die Höhe der individuellen Kraftfahrzeugkosten und die Gesamtfahrleistung des Kraftfahrzeugs erklären und im Einzelnen umfassend darlegen und belastbar nachweisen. Der Arbeitgeber muss aufgrund dieser Erklärungen und Belege den Lohnsteuerabzug durchführen, sofern der Mitarbeiter nicht erkennbar unrichtige Angaben macht. Ermittlungspflichten des Arbeitgebers ergeben sich hierdurch aber nicht. Die Erklärungen und Belege des Mitarbeiters muss der Arbeitgeber im Original zum Lohnkonto nehmen.
Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn im Lohnsteuerabzugsverfahren zunächst die Erklärung des Vorjahres zugrunde gelegt wird und die tatsächlichen vom Mitarbeiter getragenen Kosten erst nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses ermittelt werden. Die Versteuerung ist in diesem Fall im Rahmen des § 41c EStG zu korrigieren (R 8.1 Abs. 9 Nr. 3 Satz 2 und 3 LStR).
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der Arbeitgeber verpflichtet, die vom Mitarbeiter getragenen Kosten bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils zu berücksichtigen, wenn sich aus der arbeitsvertraglichen oder anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage nichts anderes ergibt. Arbeitgeber, die die vom Mitarbeiter getragenen Kosten nicht im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigen wollen, sollten daher die Firmenwagenregelungen und -überlassungsverträge überprüfen und ggf. anpassen und klarstellen, dass vom Mitarbeiter selbst gezahlte Kosten nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung vom geldwerten Vorteil abgezogen werden können.
Im Einkommensteuerverfahren muss der Mitarbeiter die Nutzungsvereinbarung vorlegen und fahrzeugbezogen erläutern, wie der Arbeitgeber den versteuerten geldwerten Vorteil ermittelt hat. Dies kann z.B. durch die Gehaltsabrechnung, aus der die Ermittlung und Besteuerung des geldwerten Vorteils erkennbar ist, oder eine Bescheinigung des Arbeitgebers erfolgen. Zusätzlich muss der Mitarbeiter schriftlich die Höhe der von ihm selbst getragenen individuellen Kraftfahrzeugkosten und die Gesamtfahrleistung des Kraftfahrzeugs im Kalenderjahr umfassend darlegen und belastbar nachweisen. Im Ergebnis sind die selbst gezahlten Kosten also in Form einer Korrektur des Bruttoarbeitslohns und nicht als Werbungskosten geltend zu machen. Der Arbeitnehmerpauschbetrag bleibt davon unberührt.