IDW PH 1/2016
Mit Bezug zum Anwendungserlass des BMF zu § 153 AO (Berichtigung von Steuererklärungen) hat das Institut der Wirtschaftsprüfer im Frühjahr 2016 zunächst den Entwurf eines Praxishinweises (IDW EPH 1/2016) zur konkreten Ausgestaltung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten veröffentlicht („Entwurf eines Praxishinweises 1/2016: Ausgestaltung und Prü- fung eines Tax Compliance Management Systems gemäß IDW PS 980“; vgl. hierzu auch WTS Journal 03/2016).
Demnach muss ein Tax CMS (wie ein CMS) folgende sieben Grundelemente umfassen, die in die Geschäftsprozesse eingebunden sind:
- Compliance-Kultur
- Compliance-Ziele
- Compliance-Organisation
- Compliance-Risiken
- Compliance-Programm
- Compliance-Kommunikation
- Compliance-Überwachung und -Verbesserung
Die finale Version des Praxishinweises wurde vom IDW nun am 31.05.2017 verabschiedet. Neben einigen redaktionellen Änderungen wurden im Wesentlichen noch folgende Punkte aufgenommen bzw. überarbeitet:
Reihenfolge der sieben Grundelemente korrigiert
- Die Reihenfolge bei der Aufzählung der sieben Grundelemente wurde im Kapitel 4.3 (Rz. 22) korrigiert. Dies beseitigt einerseits eine Inkonsistenz im ursprünglichen Entwurf, bestätigt aber andererseits auch die von WTS im Rahmen von Steuer IKS-Einführungsprojekten empfohlene und angewandte Methodik, dass die einzelnen Grundelemente aufeinander aufbauen und jeweils den Rahmen für die nachfolgenden Grundelemente vorgeben.
Know-How der Handelnden betont
- Für die individuelle Ausgestaltung eines Tax CMS gibt es viele Einflussfaktoren, wie z.B. die Größe eines Unternehmens. Der Praxishinweis listet unter Kapitel 4.3 (Rz. 24) eine Reihe von Kriterien auf. In der finalen Version wurde diese Aufzählung ergänzt um den Punkt der „Kontinuität der personellen Zusammensetzung der Steuerfunktion (Fluktuation)“. Damit wird dem Know-How bzw. dem Wissen einzelner Handelnder über konkrete unternehmerische Abläufe eine höhere Bedeutung im Zusammenhang mit der Einrichtung und dem Betrieb eines wirksamen Tax CMS eingeräumt.
Begrifflichkeit des Tax CMS klargestellt
- Zur Begrifflichkeit des „Tax CMS“ führt der Praxishinweis im Kapitel 4.3.3 unter Rz. 39 aus, dass „der Begriff Compliance Management unabhängig von der Bezeichnung der einzelnen Abteilungen und Funktionen im Unternehmen zu verstehen“ ist. Die Einrichtung und der Betrieb eines wirksamen Tax CMS, d.h. die Identifikation möglicher steuerlicher Risiken in allen Geschäftsprozessen und die Einrichtung entsprechender Maßnahmen und Kontrollen betrifft nahezu alle Unternehmensbereiche (vgl. hierzu auch WTS Journal 01/2017; „Steuer IKS – nicht nur ein Thema für die Steuerabteilung“). Mit dieser Ausführung ist klargestellt, dass viele organisatorische Maßnahmen im Unternehmen eingerichtet sein können, die der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dienen, ohne dass diese explizit als „Tax CMS“ bezeichnet werden müssen.
Tax CMS findet auch außerhalb der Steuerabteilung statt
- Fehler, die dazu führen können, dass steuerlich relevante Daten fehlerhaft in Steuererklärungen Eingang finden, entstehen oft in den (vorgelagerten) operativen Prozessen bei der Datenerfassung, Datenverarbeitung oder Datenübertragung. Die Einrichtung und der Betrieb eines Tax CMS kann daher nicht als alleinige Aufgabe der Steuerabteilung angesehen werden. Im Kapitel Kapitel 2 (Rz. 11) wird diese Tatsache nochmals betont: Es wird hier ergänzend explizit dargestellt, dass die Erfüllung von steuerlichen Pflichten nicht ausschließlich auf die Steuerabteilung beschränkt ist, sondern viele Stellen im Unternehmen Teil der steuerrelevanten Informationskette sind (vgl. WTS Journal 01/2017).
Die im Zuge der finalen Fassung des Praxishinweises vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen bestätigen vollumfänglich das Verständnis der WTS bzgl. eines Tax CMS und wurden auch so bereits in zahlreichen Projekten umgesetzt.
Fazit
Der IDW Praxishinweis 1/2016 zur Ausgestaltung und Prüfung eines Tax Compliance Management Systems gemäß IDW PS 980 stellt allerdings für Unternehmen nur einen begrenzt praxistauglichen Leitfaden für die Ausgestaltung eines angemessenen steuerlichen Kontrollsystems dar:
- Die Beschreibung der sieben Grundelemente ist an vielen Stellen sehr abstrakt und bei jeder Umsetzung stark konkretisierungsbedürftig.
- Die beschriebene Ausgestaltung zielt in ihrer Komplexität nur auf größere Unternehmen; konkrete Hinweise zur Umsetzung der Inhalte durch kleinere Unternehmen fehlen.
- Die Darstellung des tatsächlichen Nutzens der Zertifizierung eines implementierten Tax CMS bleibt der IDW Praxishinweis schuldig
Ein angemessenes, schlankes Tax CMS, dessen Ausgestaltung individuell auf das einzelne Unternehmen ausgerichtet ist, kann die angestrebte enthaftende Wirkung entfalten und gleichzeitig die operative Organisation unterstützen, statt sie zu behindern. Um dies zu erreichen, muss bei der Einführung des Tax CMS neben fundiertem steuerlichen Know-How insbesondere auch umfassende Erfahrung in Bezug auf die Implementierung von internen Kontrollsystemen zum Einsatz kommen.