Anstelle des monatlichen 0,03 % - Werts kann eine auf das Kalenderjahr bezogene Einzelbewertung der tatsächlich durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erfolgen. In diesem Fall werden pro (Hin- und Rück-) Fahrt 0,002 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer für maximal 180 Tage im Kalenderjahr als geldwerter Vorteil angesetzt[1].
Hierfür muss der Mitarbeiter dem Arbeitgeber schriftlich für jedes ihm im Kalenderjahr überlassene Fahrzeug kalendermonatlich und fahrzeugbezogen erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das Kfz tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat. Die bloße Angabe der Zahl der Tage ist nicht ausreichend.
Aus Vereinfachungsgründen kann im Lohnsteuerabzugsverfahren jeweils die Erklärung des Vormonats zugrunde gelegt werden. Die Versteuerung erfolgt also einen Monat zeitversetzt.
Der Mitarbeiter muss nicht angeben, wie er an den anderen Tagen zur ersten Tätigkeitsstätte gekommen ist, ob er auf Dienstreise war, etc.
Der Arbeitgeber kann den Lohnsteuerabzug aufgrund der Angaben des Mitarbeiters vornehmen, wenn dieser nicht erkennbar unrichtige Angaben macht. Ermittlungspflichten ergeben sich für ihn nicht.
Der geldwerte Vorteil muss pro Arbeitstag nur einmal versteuert werden, auch wenn der Mitarbeiter die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an einem Arbeitstag mehrfach zurücklegt.
Wie hoch der geldwerte Vorteil ist, wenn der Mitarbeiter die Strecke zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte an einem Kalendertag nur einmal zurücklegt, ist im BMF-Schreiben nicht geregelt. U.E. ist in diesem Fall ein Wert von 0,001 % zutreffend, denn der Mitarbeiter kann in diesem Fall auch nur die Hälfte der Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend machen.
Der Arbeitgeber muss die Einzelbewertung für alle dem Mitarbeiter im jeweiligen Kalenderjahr überlassenen Firmenwagen einheitlich vornehmen. Er darf die Methode während des Kalenderjahrs nicht wechseln.
Der geldwerte Vorteil ist jahresbezogen auf 180 Fahrten zu begrenzen, er darf nicht monatlich auf 15 Fahrten begrenzt werden.
Beispiel 1
Der Mitarbeiter hat dem Arbeitgeber datumsgenaue Erklärungen über die Tage, an denen er den Firmenwagen für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat, abgegeben. Daraus ergibt sich eine Nutzung an folgenden Tagen:
Januar bis Juni ► jeweils 14 Tage
Juli bis November ► jeweils 19 Tage
Dezember ► 4 Tage
Lösung
Der Arbeitgeber muss im Lohnsteuerabzugsverfahren folgenden geldwerten Vorteil versteuern:
Januar bis Juni: jeweils 14 Tage (84 Tage)
Juli bis November: jeweils 19 Tage (95 Tage)
Dezember: 1 Tag ► insgesamt 180 Tage im Kalenderjahr versteuert
Beispiel 2
Wie Beispiel 1, aber ab Dezember bekommt der Mitarbeiter einen neuen Firmenwagen mit einem um 10.000 € höheren Listenpreis.
Lösung
Für die Versteuerung bis November sind die Fahrten für den Bruttolistenpreis des genutzten Fahrzeugs zu versteuern. Im Dezember ist die eine Fahrt für den Bruttolistenpreis des neuen Fahrzeugs anzusetzen.
Wenn der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG mit 15 % pauschal versteuert, muss er der Pauschalierung die gleiche Zahl an Tagen zugrunde legen, für die der geldwerte Vorteil versteuert wurde. Auch hier ist die Pauschalierung nicht auf 15 Arbeitstage im Monat begrenzt[2].
Bisher hatte die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht zur Anwendung der Einzelbewertungsmethode verpflichtet ist[3]. Dies wurde nun geändert:
Ähnlich wie bei den vom Mitarbeiter selbst getragenen individuellen Kfz-Kosten vertritt die Finanzverwaltung nun die Auffassung, dass der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren auf Verlangen des Mitarbeiters zur Einzelbewertung der Fahrten verpflichtet ist, wenn sich aus der arbeitsvertraglichen oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Vereinbarung nichts anderes ergibt. Dies gilt ab dem 01.01.2019.
Der Arbeitgeber kann die Mitarbeiter aber - wie bisher - durch eine arbeits- oder dienstrechtliche Regelung darauf verweisen, dass die Einzelbewertung erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zur Anwendung kommt. Dies kann z.B. in der Firmenwagenrichtlinie oder dem Fahrzeugüberlassungsvertrag (arbeitsrechtliche Regelung) festgelegt werden.
Arbeitgeber, die die Einzelbewertungsmethode im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens nicht anwenden wollen, sollten die bestehenden Regelungen daraufhin überprüfen und ggf. anpassen, um Diskussionen mit den Mitarbeitern über die Höhe des geldwerten Vorteils zu vermeiden.
Der Mitarbeiter könnte z.B. ein Interesse an der Verringerung des geldwerten Vorteils durch Anwendung der Einzelbewertungsmethode haben, weil sich dazu auch das beitragspflichtige Arbeitsentgelt vermindert.
Im Einkommensteuerverfahren ist der Mitarbeiter aber weiterhin nicht an die im Lohnsteuerabzugsverfahren angewendete 0,03 % - Regelung gebunden. Er kann immer einheitlich für alle ihm im Kalenderjahr überlassenen Kfz zur Einzelbewertung wechseln. Dieses Wahlrecht ist unabhängig davon, ob der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren zur Anwendung der Einzelbewertung verpflichtet gewesen wäre oder nicht.
Für die Einzelbewertung muss der Mitarbeiter dem Finanzamt fahrzeugbezogen darlegen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er den Firmenwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat.
Er muss auch durch geeignete Nachweise glaubhaft machen, dass und in welcher Höhe der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil im Lohnsteuerabzugsverfahren bisher versteuert hat. Dies kann z.B. durch den Entgeltnachweis, der die Besteuerung des geldwerten Vorteils erkennen lässt, oder eine Arbeitgeberbescheinigung erfolgen.
(BMF-Schreiben vom 04.04.2018, Rz. 10, bisher BMF-Schreiben vom 01.04.2011 (BStBl. 2011 I, 301), Neuregelung in Bezug auf die Verpflichtung zur Anwendung der Einzelbewertung im Lohnsteuerabzugsverfahren)
[1] vgl. BFH-Urteile vom 22.09.2010, BStBl. 2011 II, 354, 358 und 359
[2] vgl. BMF-Schreiben vom 31.10.2013, BStBl. 2013 I, 1376
[3] Vgl. BMF-Schreiben vom 01.04.2011, BStBl. 2011 I, 301