Am 29.03.2019 wird das Vereinigte Königreich aus der EU ausscheiden. Ab diesem Stichtag bzw. spätestens nach Ablauf einer aktuell zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich in Verhandlung befindlichen Übergangsphase können sich nach derzeitigem Stand die nach britischem Recht gegründeten Unternehmen nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen. Die schätzungsweise 8.000 bis 10.000 Unternehmen in der britischen Rechtsform einer „private company limited by shares“ (Ltd.), die hierzulande ihren Verwaltungssitz haben, werden in Deutschland nicht länger als solche anerkannt (vgl. hierzu auch bereits WTS Journal 03/2017).
Qualifikation führt zur persönlichen Haftung der Gesellschafter
Nach gefestigter BGH-Rechtsprechung ist eine aus deutscher Sicht nicht mehr anerkannte Ltd., die ein Handelsgewerbe betreibt, als offene Handelsgesellschaft (OHG) bzw. – im Fall einer Ein-Mann-Ltd. – als Einzelkaufmann zu qualifizieren, ansonsten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bzw. Einzelperson. Im Vereinigten Königreich wird die Gesellschaft weiterhin als Ltd. firmieren, was zu einer Vielzahl praktischer und rechtlicher grenzüberschreitender Probleme führen kann (sog. Statutenverdopplung). Schwerer wiegt aus Sicht des Unternehmers wohlaber die Tatsache, dass die ursprünglich mit der gewählten Rechtsform beabsichtigte Haftungsbeschränkung hinfällig wird. Gesellschafter haften in der OHG und in der GbR persönlich und unbegrenzt. In den überwiegenden Fällen wird die vorstehend dargestellte Qualifikation von den Gesellschaftern der „deutschen“ Ltd. nicht akzeptiert werden können. Nach geltendem Recht bestehen verschiedene Lösungswege, die nachstehend auszugsweise skizziert werden. Abschließend wird auf den Referentenentwurf zur Änderung des Umwandlungsgesetzes eingegangen.
In Frage kommt zunächst ein rechtzeitig im Vorfeld angestoßener grenzüberschreitender Formwechsel in eine deutsche Rechtsform. Dieser ist nicht gesetzlich geregelt, wird aber im Lichte der EuGHRechtsprechung in Rechtssachen VALE und Polbud für zulässig erachtet. Als Zielrechtsformen kommen dabei alle in § 191 Abs. 2UmwG Genannten in Betracht. Das große Manko liegt beim grenzüberschreitenden Formwechsel allerdings gerade in der fehlenden gesetzlichen Regelung. Das Versagen der Anerkennung eines solchen Formwechsels durch das britische Companies House verhindert in vielen Fällen die Eintragung in das deutsche Handelsregister. Um einen grenzüberschreitenden Formwechsel zu verwirklichen, ist daher eine enge Zusammenarbeit und Absprache mit inländischen und ausländischen Behörden sowie Registergerichten notwendig.
Eine nennenswerte Erleichterung könnte der im „Company Law Package“ der EU-Kommission enthaltene Vorschlag für einen EU-rechtlich normierten grenzüberschreitenden Formwechsel leisten. Voraussichtlich werden diese Regelungen zu grenzüberschreitenden Umstrukturierungen allerdings nicht rechtzeitig vor dem Brexit verabschiedet, sodass sie insoweit nicht als Lösung herangezogen werden können.
Grenzüberschreitende Verschmelzung
Als Alternative bietet sich die grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine deutsche Kapitalgesellschaft an, die in den §§ 122a ff. UmwG geregelt ist. Diese Variante könnte jedoch Bedenken begegnen, wenn sich der Unternehmer seinerzeit u.a. wegen der strengen Kapitalaufbringungs und -erhaltungsvorschriften und ggf. auch im Hinblick auf Mitbestimmungsrechte gegen eine AG oder GmbH und für die Gründung einer Ltd. mit Verwaltungssitz in Deutschland entschieden hatte.
Gesetzentwurf zur Änderung des Umwandlungsgesetzes
Einen potentiellen „Rettungsanker“ für die Ltd. hat nun die Bundesregierung mit ihrem auf dem Referentenentwurf des BMJV aufbauenden Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 10.10.2018 ausgeworfen. Darin wird die Beschränkung der Hineinverschmelzung auf Kapitalgesellschaften aufgehoben und der Kreis der möglichen aufnehmenden Rechtsträger um Personenhandelsgesellschaften – insbesondere auch die KG – erweitert. Dies eröffnet generell – d. h. ohne Beschränkung auf Brexit-Fälle – die Möglichkeit zur Verschmelzung z.B. auch auf die gängige Rechtsform der GmbH & Co. KG.
Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf eine Übergangsfrist vor, innerhalb welcher Verschmelzungen eines dem britischen Recht unterliegenden Unternehmens auf ein dem deutschen Recht unterliegendes Unternehmen auch nach dem Brexit als Verschmelzung im Sinne der §§ 122a ff. UmwG gelten sollen. Demnach soll es genügen, wenn der Verschmelzungsplan vor dem Brexit oder vor dem Ablauf eines – noch nicht definierten – Übergangszeitraums notariell beurkundet worden ist und die Verschmelzung sodann unverzüglich, spätestens aber zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt mit den erforderlichen Unterlagen zur Registereintragung angemeldet wird.
Gleichwohl stellt sich aber auch im Falle der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft die Frage der Umsetzung in der Praxis. Unwägbarkeiten und nicht unerhebliche (Berater-) Kosten können sich insbesondere aus dem zwingenden Erfordernis des Mitwirkens der britischen Behörden ergeben.
Fazit
Die Auseinandersetzung mit den bestehenden sowie den im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Regelungen und Möglichkeiten macht deutlich, dass der Umgang mit einer Ltd. noch vor dem Brexit der Klärung bedarf und es hierfür nicht die eine passende Lösung gibt. Gesellschafter einer „deutschen“ Ltd. sollten, soweit noch nicht erfolgt, möglichst unverzüglich tätig werden. Wie so häufig ist die auf den Einzelfall zugeschnittene Lösung unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände - insbesondere der Beweggründe für die Wahl der Ltd. – gefragt.
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