Kontenplan als Grundlage des Rechnungswesens
Das Erfordernis, einen Kontenplan, also eine Übersicht aller im Unternehmen zu Buchungszwecken vorhandenen Konten, vorzuhalten, ergibt sich aus der Notwendigkeit, eine gesetzeskonforme und einheitliche Verbuchung aller Geschäftsvorfälle sicherzustellen. Grundlage für einen Kontenplan ist in der Praxis meist ein standardisierter Kontenrahmen. Daraus verwenden Unternehmen i.d.R. nur die für sie relevanten Konten.
Permanenter Wandel von Kontenplänen
Ein Kontenplan ist nicht in Stein gemeißelt. Unternehmenswachstum, sich ändernde Geschäftsmodelle oder neue Organisationsstrukturen führen dazu, dass neue Konten ergänzt und nicht mehr benötigte Konten deaktiviert oder gelöscht werden müssen. Größere Änderungen ergeben sich meist dann, wenn im Rahmen von Akquisitionen neue Unternehmen mit abweichenden Kontenplänen integriert werden müssen. Weitere Gründe für Änderungen an Kontenplänen können aber auch abweichende nationale Rechnungslegungsvorschriften, die Berücksichtigung internationaler Rechnungslegungsstandards oder spezielle regulatorische Anforderungen sein. Laufende Anpassungen an Kontenplänen ergeben sich durch gesetzliche Änderungen und neue technologische Möglichkeiten. So haben beispielsweise das BilRuG, die E-Bilanz oder auch neue Reporting-Formate wie XBRL zu Änderungen an Kontenplänen geführt. Ein Kontenplan ist also einem permanenten Wandel unterworfen.
Unternehmensentwicklung bedeutet häufig „Wildwuchs“ in Kontenplänen
Wenn Unternehmen die Bedeutung eines sauber strukturierten und eindeutigen Kontenplans nicht erkennen, entsteht hier leicht „Wildwuchs“. Bei einem nicht geordneten Kontenanlageprozess werden häufig für jeden vermeintlichen Sonderfall und reine Reportingzwecke neue Konten angelegt. In der Folge werden Konten nicht mehr einheitlich genutzt, müssen abgestimmt und übergeleitet werden. Kontierungs- und Abschlussprozesse werden somit anfälliger für Fehler, benötigen mehr Zeit, binden unverhältnismäßig viele Ressourcen und erzeugen Frustration.
Housekeeping von Kontenplänen
Oftmals sehen Unternehmen keine Notwendigkeit, ihre Kontenpläne zu überarbeiten, zu harmonisieren oder einen professionellen Kontenanlageprozess zu etablieren. Das liegt meist daran, dass die Bedeutung und der Wert eines klar strukturierten und eindeutigen Kontenplans noch nicht erkannt wurde, aber auch an der Tatsache, dass ein entsprechendes „Housekeeping“, also die laufende Pflege und Anpassung, durchaus Zeit kostet und auch viel Mühe mit sich bringt. Ein „Housekeeping“ ist aber unerlässlich, um einen neu aufgesetzten Kontenplan vor unkontrollierten Änderungen zu schützen. Dazu müssen alle betroffenen Abteilungen wie Buchhaltung, Controlling, Konzernrechnungswesen und IT in den Prozess eingebunden werden. Jeder Änderungsantrag muss eine plausible Begründung enthalten und einen abteilungsübergreifenden Genehmigungsprozess durchlaufen.
Kontenplan und IT-Systeme
Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Kontenplan hat auch das eingesetzte ERP-System. Moderne ERP-Systeme und BI-Tools bieten die Möglichkeit, buchhalterische Geschäftsvorfälle multidimensional zu erfassen und auszuwerten, um aus denselben Daten je nach Bedarf unterschiedliche Reports zu generieren. D.h. es müssen keine separaten Konten für unterschiedliche Funktionsbereiche, Einmaleffekte oder Intercompany- Transaktionen angelegt werden. Selbst für Steuerzwecke können zusätzliche Steuerschlüssel verwendet werden, ohne dass jeder Sachverhalt auf unterschiedlichen Konten erfasst werden muss. Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings ein durchdachtes Datenmodell und eine entsprechende Datenqualität. Bereits bei der Erfassung muss manuell oder durch intelligente Regeln sichergestellt sein, dass die verschiedenen Kontierungsmerkmale, Taggings oder Datenfelder sauber erfasst oder abgeleitet werden. Ein aktuelles Beispiel für das Tagging von Unternehmensdaten auf Konzernebene ist das European Single Electronic Format (kurz ESEF), nach dem kapitalmarktorientierte Unternehmen ab 2020 ihre Jahresfinanzberichte zu erstellen haben. Unternehmen, die einen IFRS-Konzernabschluss veröffentlichen, müssen danach zukünftig ihre Jahresfinanzzahlen mit standardisiertenTags aus der IFRS-Taxonomie versehen, damit die Abschlüsse elektronisch weiterverarbeitet werden können.
Voraussetzung gute Datenbasis
Eine gute Datenbasis ist jedoch nicht nur für das legale Reporting von großer Bedeutung. Mithilfe moderner BI-Systeme und künstlicher Intelligenz können Datenbestände heute wesentlich effizienter, einfacher, aber auch vielfältiger und mehrdimensional ausgewertet und analysiert werden. Die häufig unter dem Stichwort Big Data zusammengefassten Methoden benötigen allerdings eine gepflegte und aktiv gemanagte Datenbasis, um den in den Unternehmensdaten schlummernden „Datenschatz“ für wertschöpfende Zweckenutzen zu können. Ein harmonisierter undgepflegter Kontenplan ist hierfür häufig die Ausgangsbasis.
Notwendige Schritte und Herausforderungen
Um dem Ziel eines Kontenplans als Rückgrat oder zumindest einer wichtigen Basis für den digitalen Finanzbereich der Zukunft näher zu kommen, ist eine grundlegende Überarbeitung von Inhalten und Strukturen des Kontenplans erforderlich. Allerdings bringt das grundsätzliche Überdenken des Kontenplans eine Reihe an fachlichen, prozessualen und organisatorischen Diskussionen mit sich. Aber genau das ist es, was die digitale Transformation in Unternehmen benötigt: Die Mitarbeiter müssen Strukturen, Prozesse und Geschäftsmodelle laufend hinterfragen, waszu deren nachhaltiger Veränderung sowie auch einer Änderung der Unternehmenskultur führt und eine Lösungsfindung in Zusammenarbeit aller Unternehmensbereiche erfordert.
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