Das BMF hat am 14.11.2019 den lange erwarteten Referentenentwurf eines Ge-setzes zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts (Versicherung-steuerrechtsmodernisierungsgesetz -VersStR-ModG) veröffentlicht.
Das Gesetz soll dazu dienen, Sinn und Zweck einzelner Vorschriften deutlicher im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck zu bringen und Regelungen an aktuelle Ent-wicklungen anzupassen. Zudem soll durch die Präzisierung gesetzlicher Normen sowie durch begleitende Regelungen in der Versicherungsteuer-Durchführungsverordnung mehr Rechtssicherheit geschaffen und die Rechtsan-wendung vereinfacht werden. Daneben sind aber auch neue erweiternde Be-steuerungstatbestände enthalten. Ob das Ziel mit dem Entwurf tatsächlich erreicht wird, ist nach einer ersten Bewertung der geplanten Maßnahmen fraglich.
Es werden neue, komplexe Besteuerungstatbestände eingeführt und auch die Administration bei Versicherer aufwändiger gemacht.
Auf folgende Änderungen ist insbesondere hinzuweisen:
1. Ausdrückliche gesetzliche Regelung des nationalen Besteuerungsrechts im Verhältnis zu anderen Staaten (§ 1 Abs. 2 VersStG-E).
Zukünftig werden Fahrzeuge, die in einem Register eines Drittlandes (außerhalb von EU/EWR) eingetragen sind (v.a. Schiffe und Flugzeuge) und die ein in Deutschland ansässiger Versicherungsnehmer versichert, der deutschen Versicherungsteuer unterworfen.
Dies trifft viele deutsche Konzerne, die aus Deutschland heraus ihre Schiffeund Flugzeuge versichern, welche in Drittländern registriert sind. Dadurch kommt es nunmehr zu Doppelbesteuerungen. Denn diese Fahrzeuge werden in der Regel im Land der Registrierung auch mit Versicherungsteuer belegt. Die Folge sind höhere Kosten für die Unternehmen.
Damit wird eine Rechtansicht des BZSt, die aktuell dem BFH zur Entscheidung vorliegt (Az. II R 31/18), in Gesetzesform gegossen. Zusätzlich sollen davon auch unbewegliche Sachen, insbesondere Bauwerke und Anlagen, und darin befindliche Sachen, in Drittländern erfasst werden. Deutsche Versicherungsnehmer mit versicherten Fahrzeugen und den genannten weiteren Sachen und Gegenständen, die in einem Drittland registriert bzw. belegen sind, sollten daher ihren Versicherungsschutz überprüfen auch und vor allem mit Blick auf den Brexit, wenn solche Risiken in UK versichert sind.
2. Einschränkung der Steuerbefreiung von Lebensversicherungen (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 VersStG-E; § 1 Abs. 5 VersStDV-E)
Bislang orientiert sich die Steuerbefreiung von bestimmten Versicherungen alleine am versicherten Risiko und nicht am Zweck der Versicherung. Damit sind Lebens- und Krankenversicherungen grundsätzlich versicherungsteuerfrei. Dies soll sich nunmehr für alle Verträge ändern, die nach dem 30.06.2021 geschlossen werden. Die Neuregelung hat damit zur Folge, dass Kranken-, Pflege-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen nur noch dann steuerfrei sind, wenn die Versicherung der Versorgung der (natürlichen) Risikoperson oder ihrer Angehörigen dient. Die Abgrenzung dürfte in der Realität schwierig sein, und auch der Zweck kann über die Dauer des Versicherungsvertrages (bei Lebensversicherung oft über 30 Jahre) hinweg (mehrmals) wechseln. Zudem ist gemäß Wortlaut mehr als fraglich, ob sog. Rückdeckungsversicherungen von Unternehmen zur Absicherung von Erwerbs- und Berufsunfähigkeit ihrer Mitarbeiter damit weiter steuerfrei sind. Steuerpflichtig werden dann aber in jedem Fall sog. Keyman-Policen mit den Unternehmen, die finanzielle Risiken den Ausfall von Schlüsselpersonen absichern, um z.B. den Fortbestand des Unternehmens oder Umsatzausfälle in diesem Fall zu sichern. Auch die Absicherung von Spitzensportlern durch Verbände und Vereine durch Lebens-, Berufsunfähigkeitsversicherungen dürfte zukünftig der Versicherungsteuer unterliegen. Unklar ist zudem, was zukünftig bei sog. Gruppenversicherungen gilt, wenn neue versicherte Personen dem bestehenden Vertrag hinzugefügt werden.
3. Sonstige Änderungen
- - Änderung der Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Seeschiffskaskoversicherungen (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 VersStG-E).
- - Pflicht zur elektronischen Steueranmeldung (§ 8 Abs. 1 und 3 VersStG-E) ab 2022.
- - Technische Regelungen zur zukünftigen steuerlichen Verarbeitung und Anmeldung von Korrekturen (§ 9 Abs. 2 bis 5 und § 12 VersStG-E i.V.m. § 8 bis 11 VersStDV-E).
- - Einbeziehung des Risikos „Dürre“ in die ermäßigte Besteuerung für landwirtschaftliche Mehrgefahrenversicherungen (5 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 4 VersStG-E).
- - Einführung von Anzeigepflichten für Versicherer, Versicherungsnehmer und Vermittler (§ 2 und 3 VersStDV-E) insbesondere dann, wenn Drittlandsversicherer beteiligt sind. Dies dient offensichtlich der Sicherung des Steueranspruches.
- - Zusätzliche Informationsansprüche des Versicherers (Steuerentrichtungsschuldners; § 4 VersStD-E), um Versicherungsteuer dann berechnen zu können, wenn Entstehung / Höhe von Umständen abhängen, die nur der Versicherungsnehmer weiß (z.B. bei Eintritt der Steuerpflicht nach Vertragsschluss; Erhebung von Verkaufsaufschlägen durch Versicherungsnehmer bei Gruppenversicherungen; Mitversicherung (Steuernummern der beteiligten Mitversicherer)).