Grundsteuer-Reform – Lessons learned aus Datenvorprojekten
Keyfacts
Sauber strukturierte Daten sind die Basis für eine effiziente Abwicklung der Grundsteuer.
Steuerabteilungen stehen bei der Beschaffung von Daten häufig vor den gleichen Herausforderungen.
Datenvorprojekte helfen, die häufigsten Fallstricke zu umgehen und die GrSt-Erklärungsprozesse auf sichere Füße zu stellen.
Hintergrund und Motivation
Die Grundsteuer-Reform wird Realität: Der 01.01.2022 gilt als Stichtag, zu dem sämtliches Grundvermögen sowie alle land- und forstwirtschaftlichen Betriebe für steuerliche Zwecke neu zu bewerten sind. Damit wird die bestehende Einheitsbewertung durch ein neues Verfahren ersetzt, welches Vereinfachungen gegenüber der bisherigen Bewertung beinhaltet. Zudem besteht ab dem Jahr 2023 eine jährliche Anzeigepflicht gegenüber dem zuständigen Finanzamt in Bezug auf Veränderungen im Immobilienbestand.
Mit Verabschiedung der finalen Erklärungsformulare (Bundesmodell) im Dezember 2021 haben sich die Anforderungen an die zur Erklärungserstellung relevanten Daten konkretisiert. Voraussichtlich ab dem 01.07.2022 sind bei den zuständigen Finanzämtern entsprechende Erklärungen einzureichen.
Insbesondere für Unternehmen mit großem Immobilienbestand bedeuten die Anforderungen, die sich aus der Reform ergeben, einen hohen Initialaufwand bei der Beschaffung und Strukturierung der notwendigen Erklärungsdaten. WTS unterstützt den GrSt-Compliance-Prozess durchgehend, von der Erklärungserstellung und Neubewertung über die Prüfung und Verarbeitung von Bescheiden bis hin zu Rechtsbehelfsverfahren. Essentiell für die effiziente Abwicklung des Gesamtprozesses ist die Schaffung einer zentralen Datenbasis.
Nach den Erfahrungen aus Datenvorprojekten bei einer Vielzahl von Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branchen fasst dieser Beitrag einige zentrale Erkenntnisse und Herausforderungen in Bezug auf die Beschaffung von Erklärungsdaten zusammen.
Herausforderung Datenbeschaffung
Im Rahmen der zukünftigen Grundsteuerwerterklärung sind viele Daten zu übermitteln, die für die bisherige Einheitsbewertung nicht notwendig waren und daher im Zuge der Grundsteuerreform nun erstmalig erhoben werden. Die Durchführung eines Datenvorprojekts dient daher in vielen Unternehmen zur initialen Datenerfassung und Strukturierung des Datenbestands, um die Abgabe einer Grundsteuerwerterklärung zu ermöglichen. Aufbauend auf dieser Grundlage können Änderungsprozesse definiert werden, um zukünftige Veränderungen im Immobilienbestand zu erfassen und laufende Compliance-Verpflichtungen zu erfüllen.
Herausforderungen bestehen in der Praxis vor allem in Bezug auf stark unterschiedliche Datenqualität und -konsistenz, Verteilung von notwendigen Erklärungsdaten in verschiedenen Unternehmensbereichen oder in der Vervollständigung bislang fehlender Daten.
Erfahrungen aus der Praxis
Projekte zur Datenbeschaffung und -vorbereitung umfassen die in nachfolgender Grafik dargestellten Aktivitäten und beinhalten iterative Validierungs- und Korrekturprozesse. Auf diese Weise wird durch die Nutzung von automatisierten Validierungsmethoden eine Qualitätssicherung erklärungsrelevanter Daten erreicht.
Die häufigsten Herausforderungen bestehen in der Datenbeschaffung für die zentralen Datenobjekte der wirtschaftlichen Einheiten, Grundstücke und Gebäude.
Daten zur wirtschaftlichen Einheit
Wirtschaftliche Einheiten als steuerliche Bewertungseinheiten sind bei vielen Unternehmen systemtechnisch nur unvollständig erfasst und nicht durchgehend mit dem Immobilienbestand verknüpft. Dadurch ergeben sich während der Datenbeschaffung im Rahmen der Datenvorprojekte u.a. die folgenden Herausforderungen:
Zur Übermittlung der Grundsteuerwerterklärung an die Finanzbehörden ist die Angabe eines Aktenzeichens zwingend notwendig. In der Praxis stellen fehlende Einheitswertaktenzeichen für viele Unternehmen eine Herausforderung dar. Für Grundvermögen in den neuen Bundesländern liegen teilweise keine Aktenzeichen vor, wenn diese nach der Ersatzbemessungsgrundlage bewertet wurden. Ebenso existiert für Grundvermögen, das erstmalig bewertet wird, kein Aktenzeichen. In diesen Fällen ist die Beantragung eines Aktenzeichens vor Erstellung der Erklärung notwendig, was bei geografischer Verteilung des Grundvermögens viele Einzelanfragen an unterschiedliche Finanzämter bedeutet.
Eine Vielzahl von Erklärungsdaten ist vor der elektronischen Übermittlung zu normieren und gemäß offizieller Vorgaben umzuschlüsseln. So sind beispielsweise Finanzämter auf die jeweilige Bundesfinanzamtsnummer abzubilden. Unterschiedliche Schreibweisen von Gemeinden oder die Zusammenlegung von Finanzamtszuständigkeiten erschweren in vielen Fällen eine vollautomatische Umkodierung und machen eine vorherige Datenaufbereitung und -bereinigung notwendig.
Im Rahmen des Bundesmodells und einiger Ländermodelle müssen für bestimmte Berechtigungsverhältnisse zusätzliche Angaben gemacht werden (für in Anspruch genommene Erbbaurechte beispielsweise Angaben zum Erbbaurechtgeber). Diese waren im Rahmen der bisherigen Einheitsbewertung nicht notwendig und müssen in vielen Fällen erst aufwendig beschafft werden.
Daten zu Grundstücken
Die Beschaffung von Grundstücksdaten kann in vielen Fällen auf der Grundlage von existierenden Übersichten oder Systemexporten erfolgen, die um neu zu erklärende Informationen ergänzt werden. Herausforderungen bestehen hier in erster Linie in Bezug auf die Qualität und Konsistenz der verfügbaren Daten:
Unvollständige oder abweichende Angaben zu Grundstücksadressen erschweren die Zuordnung zu Einheitswerten und damit die Zusammenfassung unter wirtschaftlichen Einheiten. Die Verwaltung von Immobiliendaten außerhalb des Zugriffs der Steuerabteilung und ohne durchgehende Verknüpfung in IT-Systemen stellt eine weitere Hürde dar.
Ähnlich zur Umschlüsselung von Finanzamtsbezeichnungen müssen auch Angaben zu Gemeinden und Gemarkungen in offizielle Gemeinde- und Gemarkungsschlüssel überführt werden. Bei der Schreibweise insbesondere von kleineren Gemeinden bestehen indes häufig Abweichungen zwischen den vorhandenen Immobiliendaten und den offiziellen Listen zur Ableitung der Schlüssel. In der Folge muss eine Zuordnung teilweise händisch und mit hohem Aufwand erfolgen.
Die Beschaffung von Bodenrichtwerten ist im Rahmen der Erklärungserstellung notwendig, gestaltet sich aber in der Praxis schwierig. Zwar besteht mit BORIS-D ein bundesweites Informationssystem zur Abfrage von Bodenrichtwerten, allerdings enthält dieses nicht zu allen Gemeinden die notwendigen Informationen. Zudem ist eine Abfrage bei fehlenden Adressdaten schwierig und muss in diesen Fällen z. B. über die Suche nach Flurinformationen in den Geoinformationssystemen der Länder erfolgen.
Daten zu Gebäuden
Herausforderungen bei der Erhebung von Gebäudedaten bestehen insbesondere bei der Abgrenzung von Gebäudeteilen, der Kategorisierung ihrer Nutzungsart sowie der Beschaffung von Angaben zu verschiedenen Flächen:
Bei der Erklärungserstellung müssen Gebäude nach den Vorgaben des Bewertungsgesetzes hinsichtlich ihrer Nutzung in verschiedene Gebäudearten kategorisiert werden. Bei unterschiedlichen Gebäudesegmenten ist eine Kategorisierung nach der überwiegenden Nutzung oder ggf. eine Aufteilung des Gebäudes vorzunehmen. Um die Kategorisierung möglichst automatisiert vornehmen zu können, sind im Rahmen der Datenbeschaffung Kriterien sowie eine Mapping-Systematik anhand der verfügbaren Gebäudedaten zu definieren.
Detaillierte Angaben zur Bruttogrundfläche sowie Wohn- und Nutzfläche sind in Abhängigkeit des Bewertungsmodells pro Gebäude zu machen. Insbesondere bei alten Gebäuden mit häufigen Umbauten liegen diese Informationen oftmals nicht unmittelbar vor und müssen mittels Umrechnungsfaktoren oder durch nachträgliche Vermessung beschafft werden.
Für Wohngebäude ist eine Abbildung von Garagen notwendig, die in Zusammenhang mit der Wohnnutzung stehen. In diesem Fall sind weitere Angaben zur Nutzfläche notwendig. Bereits die Ableitung des Zusammenhangs zur Wohnnutzung ist auf Grundlage der verfügbaren Daten häufig nicht unmittelbar möglich. In diesem Fall sind systematische Ableitungsregeln zu definieren und umzusetzen.
Lessons Learned und Best-Practice-Vorgehen
Die Erfahrung aus einer Vielzahl von Projekten zur initialen Datenbeschaffung zeigt die Bedeutung einer systematischen Vorgehensweise zur Datensammlung und -strukturierung. Alle Unternehmen stehen vor ähnlichen Herausforderungen: Die Qualität der vorhandenen Daten wird vielfach über- und der Aufwand für die Beschaffung fehlender Daten unterschätzt. Steuerleiter sehen sich zudem neben ihren Kerntätigkeiten mit IT-technischen und datenbezogenen Anforderungen konfrontiert.
In Abhängigkeit der Ausgangslage und grundsätzlichen Datenverfügbarkeit bieten sich unterschiedliche Ansätze zur Zusammenarbeit zwischen Beratern und Steuerabteilungen an: von der Begleitung einzelner Spezialthemen über einen Coaching-Ansatz zur Unterstützung verschiedener Prozessschritte bis hin zur Vollübernahme der Datenbeschaffung und -aufbereitung.
WTS bietet durch die kombinierte Service-Erbringung in den Bereichen Projektmanagement, steuerlicher Fachberatung sowie der tiefen Expertise in den Bereichen Daten und Systeme eine umfassende Betreuung zur effizienten Abwicklung der Grundsteuer.
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