Die Finanzverwaltung strebt eine verpflichtende elektronische Rechnungsstellung für bestimmte Geschäftsvorfälle bereits ab dem 01.01.2025 an. Zusätzlich sollen inländische B2B-Umsätze ab dem 01.01.2028 dann auch einem neuen transaktionalen Meldesystem unterworfen werden.
Das BMF hat im April einen Diskussionsvorschlag zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes im Zusammenhang mit der Einführung einer obligatorischen elektronischen Rechnung für inländische B2B-Umsätze an die Verbände gesandt. Daneben wird in dem Schreiben auch der Umfang und die Funktionsweise des ebenfalls geplanten transaktionalen Meldesystems für inländische Umsätze skizziert. Die geplanten Änderungen bei der Rechnungsstellung haben auch bereits Eingang in den zwischenzeitlich veröffentlichten Referentenentwurf des sog. Wachstumschancengesetz gefunden.
Elektronische Rechnungsstellung
Unabhängig von dem Rechtsetzungsvorschlag der Europäischen Kommission „VAT in the digital age (ViDA)“, der ebenfalls grundlegende Änderungen im Bereich der Rechnungsstellung beinhaltet, hat Deutschland die Einführung einer obligatorischen elektronischen Rechnungsstellung als Sondermaßnahme nach Art. 395 MwStSystRL beantragt. Mit Beschluss vom 25.07.2023 hat der Rat der Europäischen Union diesem Vorgehen zugestimmt. Die Geltungsdauer der Sonderregelung ist auf den Zeitraum vom 01.01.2025 bis längstens zum 31.12.2027 befristet. Im Vorgriff auf die Erteilung dieser Genehmigung enthielt der Entwurf des Wachstumschancengesetzes bereits entsprechende Anpassungen im Hinblick auf die Rechnungsstellung, welche ab dem 01.01.2025 in Deutschland Anwendung finden könnten. Die Kernelemente der geplanten Änderungen zur Rechnungsstellung gem. § 14 UStG sind:
- die Definition des Begriffs „eRechnung“ in Anlehnung an den ViDA-Gesetzesvorschlag, d.h. einer Rechnung, die zwingend den Vorgaben der CEN-Norm EN 16931 (Richtlinie 2014/55/EU vom 16.04.2014) zu entsprechen hat; damit greift der Entwurf auf das Datenformat zurück, welches bereits für elektronische Rechnungen im B2G-Bereich durch ZUGFeRD und XRechnung verwendet wird,
- die Definition des Begriffs „sonstige Rechnung“ als Oberbegriff für Papierrechnungen und elektronische Rechnungen, die nicht die Anforderungen an die neue eRechnung erfüllen,
- die Streichung des Vorrangs der Papierrechnung in § 14 Abs. 1 Satz 7 UStG,
- die verpflichtende Ausstellung einer eRechnung für im Inland steuerbare B2B-Umsätze (ausgenommen sind bestimmte steuerfreie Umsätze), wenn der Leistende und der Leistungsempfänger im Inland ansässig sind,
- die Möglichkeit, eRechnungen oder „sonstige Rechnungen“ in elektronischer Form auch im B2C-Bereich zu nutzen (allerdings nur mit Zustimmung des Empfängers).
Transaktionales Meldesystem für Inlandsumsätze
In Ergänzung zum transaktionsbasierten Reporting für innergemeinschaftliche B2B-Umsätze und der gleichzeitigen Abschaffung der Zusammenfassenden Meldungen zum 01.01.2028 auf Grundlage der ViDA-Gesetzesvorschläge strebt das BMF auch ein transaktionsbezogenes Meldesystem für nationale B2B-Umsätze an. Um die Belastungen für die Wirtschaft möglichst gering zu halten, wird sowohl für die nationalen als auch für die grenzüberschreitenden Transaktionen ein einheitliches elektronisches Meldesystem angestrebt, welches sich folglich an den ViDA-Vorgaben orientieren soll. Hiernach sollen Steuerpflichtige nur bestimmte Rechnungsdaten (sog. Meldedaten) an die Finanzverwaltung übermitteln, was aber nicht durch eine Übermittlung der Rechnung an die Finanzverwaltung verwirklicht werden könne. Bund und Länder überlegen daher für die Einführung des Meldesystems, den Rechnungsaustausch zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger wahlweise über staatliche oder private eRechnungs-Plattformen abwickeln zu lassen, die dann die eRechnung im Auftrag des Unternehmers an die eRechnungs-Plattform des Rechnungsempfängers übermitteln würde. Die Plattformen könnten Plausibilitätsprüfungen an den Rechnungen durchführen, zugleich aber aus der eRechnung die relevanten Meldedaten extrahieren und diese an das staatliche Portal für das transaktionale Meldeverfahren übermitteln. Durch den so gestalteten Rechnungsaustausch könnten neben dem Rechnungsversand zeitgleich die Meldedaten an die Finanzverwaltung übermittelt werden, so dass der Unternehmer nur eine und nicht zwei sukzessive Übermittlungen in Gang setzen müsste
Handlungsbedarf und Reaktionen der Wirtschaft
Die Digitalisierung kann einen entscheidenden Beitrag zur Vereinfachung von Verfahrensprozessen, z. B. der automatischen und medienbruchfreien Rechnungsbearbeitung, leisten. Die vorgesehene Digitalisierung der umsatzsteuerlichen Rechnungsstellung ist jedoch mit weitreichenden Umstellungen von Prozessen verbunden. Die Veröffentlichung des Diskussionspapiers durch das BMF zeigt, dass auch die Finanzverwaltung mit massivem Umstellungsbedarf und Anpassungen rechnet. Die beabsichtigte Ausdehnung der elektronischen Rechnungsstellungspflicht käme erschwerend zu den geplanten Änderungen im Zusammenhang mit den ViDA-Vorschlägen hinzu. Entsprechend kritisch sind daher auch die Äußerungen der Verbände, z.B. zur Behandlung von Kleinbetragsrechnungen hinsichtlich der zwingenden elektronischen Rechnungsstellung in Branchen mit viel Publikumsverkehr (Einzelhandel oder Gastronomie). Auch im Hinblick auf die Praxistauglichkeit der eRechnung nach den aktuellen Vorgaben der Norm EN 16931 bestehen erhebliche Bedenken. Zwar erfolgt die Rechnungsstellung im B2G-Bereich bereits auf Grundlage der nach dieser Norm festgelegten Datenstruktur. Allerdings ist eine Vielzahl der für den B2B-Bereich relevanten Informationen, z. B. Informationen zu Abschlagsrechnungen oder die Abbildung von Skonto, derzeit nicht als gesondertes, strukturiertes Datenelement vorgesehen. Ohne weitere Spezifizierungen und Anpassungen der Anforderungen an den Rechnungsdatensatz müssten diese Informationen über Freitextfelder erfasst werden, was letztlich einer automatisierten Weiterverarbeitung entgegensteht. In einer Stellungnahme der Spitzenverbände an das BMF wird daher die Auffassung vertreten, dass die Einführung der verpflichtenden eRechnung zum 01.01.2025 angesichts der vielfältigen rechtlichen, technischen, normativen und administrativen Anforderungen für die Breite der Wirtschaft in der kurzen Frist nicht realisierbar sein werde. Dieser Kritik trägt der Entwurf des Wachstumschancengesetz Rechnung. Bis zum 31.12.2025 soll der leistende Unternehmer zunächst noch auf andere Rechnungsformen als die eRechnung ausweichen können. Die Verpflichtung des Leistungsempfängers eine eRechnung entgegenzunehmen soll jedoch unverändert fortbestehen. In den Jahren 2026 und 2027 ausgeführte Umsätze sollen bis zum 31.12.2027 – anstelle durch eRechnung – auch weiterhin durch die Nutzung des EDI-Verfahrens abgerechnet werden können.