Wird Betriebsvermögen erst im Zuge der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft oder danach gebildet, unterfallen die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern des neu gebildeten Betriebsvermögens nicht § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG (teleologische Reduktion des Tatbestands – entgegen UmwSt-Erlass vom 11.11.2011, Rz. 18.09). Dies hat der BFH mit Urteil vom 14.03.2024 (IV R 20/21) entschieden.
Liquidationsgewinne von Kapitalgesellschaften sind dem Gewerbeertrag zuzurechnen und unterliegen damit der Gewerbesteuer. Im Gegensatz dazu sind bei Personenunternehmen Gewinne aus der Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs, eines Teilbetriebs oder auch eines Anteils an der Gesellschaft grds. nicht gewerbesteuerpflichtig. Seit dem Erhebungszeitraum 2002 gilt dies gem. § 7 Satz 2 Nr. 1 und 2 GewStG für Mitunternehmerschaften allerdings nur noch dann, wenn und soweit die Gewinne aus der Aufgabe bzw. Veräußerung des Betriebs, eines Teilbetriebs oder des Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfallen. § 18 Abs. 3 UmwStG ist ein Ausnahmetatbestand (Missbrauchsvorschrift) in Hinblick auf den Grundsatz der Gewerbesteuerfreiheit von Aufgabe- oder Veräußerungsgewinnen bei Personenunternehmen. Die Regelung bezieht sich auf Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft im Anwendungsbereich von § 18 UmwStG in ein Personenunternehmen umgewandelt wurde. Nach Satz 1 der Vorschrift wird ein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn gewerbesteuerpflichtig, wenn der Betrieb des Personenunternehmens innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung aufgegeben oder veräußert wird. Satz 2 regelt dies entsprechend für die Aufgabe oder Veräußerung eines Teilbetriebs oder eines Anteils an der im Rahmen der Umwandlung aufnehmenden Personengesellschaft. § 18 Abs. 3 UmwStG besteuert nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Umwandlung, sondern bezieht sich auf den späteren Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn und unterwirft diesen auf Ebene des übernehmenden Personenunternehmens der Gewerbesteuer.
Im Streitfall war die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, aus der formwechselnden Umwandlung der A-GmbH hervorgegangen. Sie erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelt ihren Gewinn nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH war B. Dieser überließ der A-GmbH ein bebautes Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung (als Zweigniederlassung). Nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten bestand eine sog. Betriebsaufspaltung. Am 27.05.2010 beschloss die Gesellschafterversammlung der A-GmbH die formwechselnde Umwandlung der Gesellschaft in eine GmbH & Co. KG. Dazu übertrug B zunächst einen Teilgeschäftsanteil an der A-GmbH in Höhe von 1.000 € auf die B-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls B war. Die B-GmbH wurde persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin. B wurde mit einer Kommanditeinlage von 25.000 € Kommanditist der Klägerin. Die Eintragung der Klägerin im Handelsregister erfolgte im August 2010. Das Grundstück des B wurde seit dem 01.01.2010 als Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin behandelt.
Im April 2011 veräußerte B seinen Kommanditanteil an der Klägerin mit Wirkung zum 02.01.2011 an H. Zugleich veräußerte er seine Geschäftsanteile an H. Mit notariellem Vertrag vom selben Tag verkaufte B zudem das Grundstück in A-Stadt mit Wirkung zum 02.01.2011 an H.
Nach einer Betriebsprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass der aus der Grundstücksveräußerung erzielte Gewinn ebenfalls gemäß § 18 Abs. 3 UmwStG der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist. Die Vorschrift gelte auch für stille Reserven im Sonderbetriebsvermögen, das im Zuge des Formwechsels entstanden ist.
Das Finanzgericht hat den Gewerbesteuermessbescheid für 2011 antragsgemäß teilweise aufgehoben. Denn schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 UmwStG hätten nicht vorgelegen. Bei der Klägerin handele es sich nicht um eine "übernehmende Personengesellschaft" im Sinne der Norm, da es beim identitätswahrenden Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) keinen aufnehmenden Rechtsträger gebe.
Der BFH hat nun die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht sei – jedenfalls im Ergebnis – zu Recht davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung des zum Sonderbetriebsvermögen der im Wege des Formwechsels aus der A-GmbH hervorgegangenen Klägerin gehörenden Grundbesitzes nicht unter § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG fällt.
Zwar gelte § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG auch im Fall des (identitätswahrenden) Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz fehle es auch nicht an einer "übernehmenden Personengesellschaft" im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 UmwStG. Denn das Umwandlungssteuerrecht fingiere im Fall des (heterogenen) Formwechsels einen Vermögensübergang von der Kapitalgesellschaft auf die Personengesellschaft beziehungsweise vice versa (vgl. § 9, § 25 UmwStG).
Nach Ansicht des Senats erfasse § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG allerdings nicht stille Reserven in Wirtschaftsgütern in "neu gebildetem Betriebsvermögen" des Personenunternehmens. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Ein Unterlaufen der Gewerbesteuerpflicht der Kapitalgesellschaft sei im Fall von "neu gebildetem Betriebsvermögen" nicht zu besorgen. Denn dieses Betriebsvermögen sei nie Teil des übergegangenen Vermögens der Kapitalgesellschaft gewesen, sondern immer nur Betriebsvermögen der Personengesellschaft. Der Wortlaut sei entsprechend teleologisch zu reduzieren. Der auf das Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008) zurückzuführende § 18 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 UmwStG stelle eine Reaktion des Gesetzgebers auf die BFH-Rechtsprechung dar, wonach der Teil des Veräußerungsgewinns, der auf das Vermögen entfällt, das der aufnehmenden Personengesellschaft bereits vor der Umwandlung gehörte, nicht nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 (§ 18 Abs. 3 UmwStG) der Gewerbesteuer unterliegt. Mit der Ergänzung des § 18 Abs. 3 UmwStG habe der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass der gesamte Auflösungs- oder Veräußerungsgewinn auch insoweit der Gewerbesteuer unterliegt, als er auf Betriebsvermögen des aufnehmenden Rechtsträgers entfällt. Die Norm ist erstmals auf Umwandlungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit der Umwandlung maßgebende öffentliche Register nach dem 31.12.2007 erfolgt (§ 27 Abs. 7 UmwStG).
Aus der Gesetzesänderung durch das JStG 2008 könne aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber damit jedwedes Betriebsvermögen des übernehmenden Personenunternehmens, das im Zeitpunkt der Aufgabe oder Veräußerung des (Teil-)Betriebs beziehungsweise Mitunternehmeranteils vorhanden ist, habe erfassen wollen. Denn dann hätte es aus Sicht des Gesetzgebers nahegelegen, nicht nur auf die Rechtsprechung des BFH zu reagieren, die das vor der Umwandlung im Betrieb des übernehmenden Personenunternehmens vorhandene Betriebsvermögen betraf, sondern § 18 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 UmwStG (überschießend) auf das gesamte Betriebsvermögen der (übernehmenden) Personengesellschaft oder natürlichen Person zu erstrecken. Er habe sich aber auf ein reines "Nichtanwendungsgesetz" beschränkt.
Soweit der erkennende Senat selbst im BFH-Urteil vom 16.12.2009 (IV R 22/08) in einem obiter dictum ausgeführt hat, dass der nach § 18 Abs. 4 UmwStG a.F. anzusetzende Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn auch "die stillen Reserven des von der Personengesellschaft im Anschluss an die Umwandlung neu gebildeten Vermögens" umfasse, halte er daran nicht mehr fest.