Der Winter steht langsam, aber sicher vor der Tür. Seit dem Einfall Russlands in die Ukraine ist das Thema Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa aktueller denn je. In den letzten Monaten wurden von der Bundesregierung viele Beschlüsse gefasst, um die Wirtschaft und die Bevölkerung sicher durch die kalten Monate zu bringen. Doch bereits vor über zehn Jahren hat Deutschland die Energiewende ausgerufen. Schon damals hatte man also die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen zum Ziel. Nun soll mit noch mehr Tempo die Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen gefördert werden. Zusätzlich soll Energie weitestmöglich eingespart werden.
Um diese Ziele zu erreichen, wurden in der Vergangenheit schon viele dezentrale Erzeugungsanlagen errichtet. Der Ausbau solcher Anlagen wird sich aufgrund der aktuellen Situation noch beschleunigen und vervielfachen. Diese Anlagen nutzen für die Energieerzeugung Windkraft, Wasserkraft oder Sonnenenergie und sind im gesamten Bundesgebiet verteilt. Dazu zählen auch die Solaranlagen von Haushalten, welche in das örtliche Stromnetz einspeisen. Diese Vielzahl an kleinen und großen Erzeugungsanlagen sollen den benötigten Strombedarf decken können, müssen zur Stabilität der Netze jedoch auch gezielt steuerbar sein.
In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber im Februar 2020 den Rollout von intelligenten Messeinrichtungen (iMS) gesetzlich festgelegt. Alle Haushalte werden bis 2032 mit den iMS bzw. sog. Smart-Meter ausgestattet. Diese können eine Stromverbrauchsmessung im 15-Minuten-Rhythmus an die Versorgungsunternehmen versenden und somit eine genauere Verbrauchsmessung erreichen. Zusätzlich lassen sich über die iMS auch Stromerzeugungsanlagen oder Stromverbraucher steuern.
Diese Maßnahmen, welche auch unter der Beschreibung „Digitalisierung der Energiewirtschaft“ bekannt sind, machen die Energiewende erst möglich. Sie sorgen für eine detailliertere Verbrauchsübersicht und bieten eine genauere Verbrauchssteuerung. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, die vielen wetterabhängigen Erzeugungsanlagen zu steuern, um eine gewohnt unterbrechungsfreie Energieversorgung zu sichern. Mit zunehmender Einspeisung durch regenerative Energiequellen muss auch die gesamte Energieinfrastruktur flexibler werden. Photovoltaik-und Windkraftanlagen können keine gleichbleibende Einspeisung über 365 Tage im Jahr leisten. Hierzu muss die Erzeugung mit dem Verbrauch und der Speicherung enger abgestimmt werden. Um das zu ermöglichen, müssen neue Tarife geschaffen werden, die diese Zusammenhänge berücksichtigen.
Die Energiewende stellt den größten Umbau unserer Versorgungslandschaft dar, den es bisher gegeben hat. Dieser Change-Prozess wird jeden betreffen. Die eingeleiteten Maßnahmen werden zu einem vielfach höheren Datenfluss und zu flexibleren Vertragsmodellen führen. Bereits jetzt ist mit dem § 41a Abs. 2 EnWG beschlossen worden, dass Versorgungsunternehmen dynamische Tarife, d.h. Tarife, welche sich an den Börsenpreisen orientieren, anbieten müssen. Voraussetzung ist, dass der Kunde einen iMS besitzt. Wir stehen bei diesem Veränderungsprozess erst am Anfang. Die Möglichkeiten sind vielfältig und in Deutschland durch die rechtlichen Rahmenbedingungen noch nicht voll ausgeschöpft.
Diese Entwicklungen führen dazu, dass das Spannungsfeld zwischen Versorgungssicherheit, Infrastruktur und Kosten noch stärker strapaziert wird. Damit die Versorgungssicherheit in Zukunft auf dem gleichen Niveau bleibt wie bisher, müssen die Netzinfrastruktur und die IT-Infrastruktur weiter ausgebaut werden. Die Komplexität in der Energiewirtschaft ist bereits in der Vergangenheit mit den Maßnahmen im Zuge des Unbundling gestiegen und wird noch weiter zunehmen. Vor allem für die benötigten Systeme stellt das eine große Herausforderung dar. Der Einsatz von iMS bedeutet für Kunden eine exakte Darstellung ihres Energiebezugs. Die Versorgungsunternehmen müssen allerdings in kürzeren Abständen deutlich größere Datenmengen abrechnen können. Wo vorher ein Anfangswert und ein Endwert für die Jahresabrechnung miteinander verrechnet wurden, können es in Zukunft bis zu 35.040 Werte pro Jahr und Kunde werden. Das bisherige Standardlastprofileverfahren (SLP) für Haushaltskunden gehört damit der Vergangenheit an.
Was sich jetzt schon zeigt: Abrechnungsfälle werden variabler und kleinteiliger, die Varianten für Abgaben-und Steuerermäßigungen werden vielfältiger. Die zukünftigen Regelungen der Europäischen Union und des Gesetzgebers in Deutschland werden zunehmen und immer auch einen massiven Eingriff in die Abrechnungssysteme bewirken. Das Verständnis der rechtlichen Vorschriften, der energiewirtschaftlichen Prozesse und der Abrechnungssysteme ist dabei der Schlüssel, die Energiewende mitgestalten und als Chance nutzen zu können.
Aktuell befinden wir uns in einer Übergangsphase, in der zum einen die alten Tarifmodelle noch gelten und zahlreich vorhanden sind, zum anderen aber vereinzelt auch schon neue Tarifmodelle hinzukommen. Mit diesen neuen Modellen geht nicht nur ein gesteigertes Datenvolumen einher, sondern auch eine andere Abrechnungslogik.
Mit digitalen Lösungen zur erfolgreichen Energiewende
WTS Digital beschäftigt sich einerseits intensiv mit den Innovationen im Markt, um den bestmöglichen Beratungsansatz für unsere Kunden zu verfolgen. Andererseits müssen wir auch in der Lage sein, mit dem stetig steigenden Datenvolumen aus den Energiedatenmanagementsystemen umzugehen, um diese in die jeweiligen Abrechnungs-(bspw. SAP, PowerCloud) und Tax-Systeme (bspw. Amana) zu überführen. Diese Entwicklungen bieten Möglichkeiten, die bspw. auch durch eigene Lösungen begleitet werden können, welche in der Lage sind, Datenplausibilisierung via Data Mining und Business Intelligence durchzuführen.
Unser Digital Transformation-Team beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema und hat in einem Kreativworkshop erste Lösungsansätze erarbeitet. Wir vereinen energiewirtschaftliche Expertise mit Erfahrungen in Digitalisierungsprojekten. Speziell für energiewirtschaftliche Abrechnungssysteme können wir auf jahrelang erworbenes Wissen zurückgreifen.