Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung dafür ausgesprochen, Investitionen in Forschung und Entwicklung zu erhöhen. Als Zielmarke sind 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts bis 2025 genannt. Hierzu gehört auch, in Deutschland eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung zu etablieren, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen im Fokus hat. Bisher belegt Deutschland im internationalen Vergleich einen letzten Platz. Die Bundesregierung will nun durch eine steuerliche Forschungsförderung erreichen, dass vornehmlich die kleinen und mittleren Unternehmen vermehrt in eigene Forschung und Entwicklungstätigkeiten investieren. Durch eine entsprechend zielgerichtete Ausgestaltung der Förderung soll dies erreicht werden, ohne die größeren Unternehmen von der Förderung gänzlich auszuschließen.
Am 22.05.2019 hat nun das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines Forschungszulagengesetzes beschlossen. Gegenüber dem Referentenentwurf des BMF vom 17.04.2019 haben sich keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen ergeben. Der Regierungsentwurf sieht aber eine beihilferechtliche Umstellung vor. Es handele sich um eine allgemeine steuerliche Fördermaßnahme, die allen Steuerpflichtigen gleichermaßen offenstehe. Somit stelle die Forschungszulage keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV dar und die Regelungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) seien nicht zu berücksichtigen.
Mit dem Gesetz soll eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Form einer Forschungszulage eingeführt werden, geregelt in einem eigenständigen Gesetz als steuerliches Nebengesetz zum Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz, das auf alle steuerpflichtigen Unternehmen unabhängig von deren Größe, der jeweiligen Gewinnsituation und dem Unternehmenszweck gleichermaßen Anwendung findet.
Die Eckpunkte des Regierungsentwurfs:
- Anspruchsberechtigt sind größenunabhängig (d.h. ohne Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von im Unternehmen Beschäftigten) unbeschränkt undbeschränkt Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften (soweit nicht steuerbefreit)bzw. Mitunternehmerschaften.
- Begünstigte FuE-Vorhaben beziehen sich auf Grundlagenforschung, angewandte Forschung oder experimentelle Entwicklung (nicht: Marktentwicklungoder Tätigkeiten, mit denen das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren gebracht werden soll). Konkretere Bestimmungen und Abgrenzungenenthält die Anlage zu § 2 Abs. 1 des Regierungsentwurfs. Gefördert werdeneigenbetriebliche Forschungstätigkeiten einzelner Unternehmen, Kooperationsvorhaben (mit anderen steuerpflichtigen Unternehmen oder mit For-schungseinrichtungen) sowie Auftrags-FuE, letzteres allerdings dann – andersals international üblich – beim Auftragnehmer.
- Die Bemessungsgrundlage bilden die lohnsteuerpflichtigen Löhne und Gehälter von Arbeitnehmern, soweit diese mit FuE-Tätigkeiten betraut sind (Bruttolohnaufwendungen). Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung ist beispielsweise auch der Arbeitgeberanteil zu den Sozialabgaben nicht umfasst. Dem wird dann allerdings dadurch Rechnung getragen, dass die förderfähigen Aufwendungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage mit dem Faktor 1,2 multipliziert werden. Eigenleistungen eines Einzelunternehmers werden in Höhe von € 30 je nachgewiesener Arbeitsstunde bei insgesamt maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche als förderfähig fingiert. Bei Mitunternehmerschaften können FuE-Tätigkeitsvergütungen der Gesellschafter, soweit sie € 30 je Arbeitsstunde bei maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche nicht übersteigen, angesetzt werden.
- Die Bemessungsgrundlage ist auf max. € 2 Mio. pro Unternehmen (Konzernbetrachtung) und Wirtschaftsjahr begrenzt.
- Die Forschungszulage beträgt 25 % der Bemessungsgrundlage, also max. € 500.000 pro Wirtschaftsjahr und Unternehmen (bzw. Konzern).
- Die Forschungszulage gehört nicht zu den steuerpflichtigen Einkünften, mindert nicht die als Betriebsausgaben abziehbaren Aufwendungen und findet keine Berücksichtigung für Zwecke der Bestimmung der Höhe des Einkommensteuersatzes.
- Der Antrag auf Zulage ist in elektronischer Form beim Finanzamt zu stellen, das für die Besteuerung des Unternehmens nach dem Einkommen zuständig ist. Dem Antrag ist eine Bescheinigung über den Nachweis eines begünstigten FuE-Vorhabens beizufügen. Die Bescheinigung soll durch eine noch durch Rechtsverordnung zu bestimmende Stelle außerhalb der Finanzverwaltung ausgestellt werden.
- Die Forschungszulage kann grundsätzlich neben anderen Förderungen gewährt werden. Die förderfähigen Aufwendungen dürfen allerdings nicht in die Bemessungsgrundlage der Forschungszulage einbezogen werden, soweit diese im Rahmen anderer Förderungen geltend gemacht wurden oder werden.
- Die Forschungszulage kann nur für Vorhaben beansprucht werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes (Planung: 01.01.2020) begonnen wurden. Und nur für förderfähige FuE-Aufwendungen, die nach dem 31.12.2019 bezogen werden oder entstanden sind.
- Die Bundesregierung wird die Anwendung des Gesetzes spätestens nach Ablauf von fünf Jahren auf wissenschaftlicher Grundlage evaluieren und den Deutschen Bundestag über die Ergebnisse unterrichten.
Insgesamt handelt es sich bei dem Regierungsentwurf eines Forschungszulagengesetzes um einen guten, aber viel zu klein geratenen Einstieg in die steuerliche Forschungsförderung. Gerade ein Blick zu unserem unmittelbaren Nachbarn Österreich, der im internationalen Vergleich auch nur einen mittleren Platz belegt, zeigt, dass die Bundesregierung bzw. der deutsche Gesetzgeber deutlich mehr Geld in die Hand nehmen müsste, um ein vergleichbares Fördervolumen zu erreichen. Zwar liegt der nominale Fördersatz in Österreich bei 14 % und erscheint damit niedriger, jedoch werden dort sämtliche dem Fördergegenstand zuordenbaren Kosten inklusive eines angemessenen Deckungsbeitrags in die Bemessungsgrundlage einbezogen, nicht nur die Personalkosten. Der effektive Fördersatz liegt damit nach dem vorliegenden Entwurf – unter Berücksichtigung der durchschnittlich niedrigeren Bemessungsgrundlage – sogar deutlich unter dem Niveau in Österreich. Auch eine Begrenzung der Bemessungsgrundlage kennt die österreichische Regelung nur in Bezug auf die Auftragsforschung beim Auftraggeber. Auch der gesamte FuE-Aufwand von großen Unternehmen wird so grundsätzlich mit einem effektiven Satz von 14 % gefördert.