Eine Steuerentlastung nach § 9b StromStG wird auf Antrag gewährt für nachweislich nach § 3 StromStG versteuerten Strom, den ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft für betriebliche Zwecke entnommen hat und der nicht von der Steuer befreit ist. Entlastungsberechtigt ist derjenige, der den Strom entnommen hat.
Der Antrag auf Steuerentlastung ist bei dem für den Antragsteller zuständigen Hauptzollamt mit einer Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck für den Strom zu stellen, der innerhalb eines Entlastungsabschnitts (Kalenderjahr, -halbjahr, -vierteljahr) entnommen worden ist. Der Antragsteller hat in der Anmeldung alle Angaben zu machen, die für die Bemessung der Steuerentlastung erforderlich sind, und die Steuerentlastung selbst zu berechnen. Die Steuerentlastung wird nur gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31. Dezember des Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Strom entnommen worden ist, beim Hauptzollamt gestellt wird.
Wird im Falle einer Umwandlung durch Verschmelzung vom übernehmenden Rechtsträger als Rechtsnachfolger der Antrag auf Stromsteuerentlastung gestellt, ohne im Entlastungsantrag die Rechtsnachfolge anzuzeigen und ohne zum Entlastungsantrag alle für die Bemessung der Steuerentlastung erforderlichen Angaben zu machen, gilt der Antrag nach dem BFH-Urteil vom 07. Juli 2020 (VII R 6/19) als nicht gestellt.
Kern des Verfahrens war die Antragstellung einer übernehmenden Rechtsträgerin (Klägerin), die nach Verschmelzung am 04.09.2012 in ihrem Entlastungsantrag vom 17.12.2013 die von ihr entnommenen Strommengen zusammen mit den von der übertragenden Rechtsträgerin (A GmbH) entnommenen Strommengen additiv für den Zeitraum August bis Dezember 2012 angab. Dem Antrag fehlte der Verweis auf die Rechtsposition der Rechtsnachfolgerin. Diese nahm vielmehr an, dass dem Hauptzollamt durch den Versand des Handelsregisterauszugs zur Verschmelzung die Rechtsnachfolge bekannt gegeben und weiterhin die auf die A GmbH entfallenden Stromentnahmen aus der Strommengenübersicht („Gießerei am Standort B“) eindeutig zu entnehmen sei. Das Hauptzollamt wies den Antrag auf Entlastung der Mengen der A GmbH für August 2012 zurück mit der Begründung, dass ein wirksamer Antrag der Klägerin zum einen den Hinweis auf die Gesamtrechtsnachfolge enthalten hätte müssen und weiterhin getrennt für die A GmbH explizit für den Zeitraum vor der Verschmelzung zu stellen gewesen sei, insbesondere unter Mitteilung der Zählerstände zum 03.09.2012. Daraufhin stellte die Klägerin am 09.09.2014 einen Antrag als Gesamtrechtsnachfolgerin der A GmbH für August 2012. Das HZA lehnte diesen Antrag ab mit der Begründung, der Antrag sei nach Ablauf der Antragsfrist wie auch der Festsetzungsfrist zum
31.12.2013 und damit zu spät gestellt. Die Antragstellerin (Klägerin) gewann zunächst vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz (24. Mai 2018, Az: 6 K 2410/17 Z), musste sich auf die Revision des HZA hin jedoch mit der Aufhebung des Urteils geschlagen geben.
Der BFH sah es als erwiesen an, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Entlastung von der Stromsteuer nach § 9b StromStG für August 2012 hat, weil sie den Antrag nicht fristgerecht stellte.
Nach Auffassung des BFH ist Entlastungsberechtigte für den Entlastungsabschnitt August 2012 die A GmbH, weil der Strom von ihr entnommen wurde. Da die A GmbH im Zuge der Verschmelzung mit Wirkung zum 04.09.2020 erloschen war, stand es in der Entscheidungsfreiheit der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der A GmbH den Entlastungsantrag zu stellen. Der von der Klägerin in ihrem Namen gestellte „Sammelantrag“ vom 17.12.2013 ohne Anzeige der Rechtsnachfolge erfüllte diese Pflichtangabe nicht. Dies war erst mit der Antragstellung vom 09.09.2014 gegeben.
Für Verbrauchsteuervergütungen beträgt die Festsetzungsfrist ein Jahr und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Demnach begann die Festsetzungsfrist im Streitfall mit Ablauf des 31.12.2012 und endete mit Ablauf des 31.12.2013. Bei Eingang des Entlastungsantrags im September 2014 war die Festsetzungsfrist daher bereits abgelaufen und der Antrag vom HZA abzulehnen.
Der BFH geht in seiner Urteilsbegründung über den Wortlaut des § 17b Abs. 1 S. 2 StromStV hinaus. Laut Verordnung sind im Antrag alle für die Bemessung der Steuerentlastung erforderlichen Angaben zu machen. Für die reine Bemessung der Steuerentlastung würde die Angabe der Strommenge ausreichen, da der Entlastungssatz (5,13 EUR/MWh) gegeben ist. Der BFH spricht dagegen von allen Angaben, die erforderlich sind um die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung zu prüfen und diese berechnen zu können.
Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung mit dem Urteil umgehen wird. Bisher wurden kleinere Ungenauigkeiten oder das Fehlen von notwendigen Anlagen wie z. B. der Beschreibung der wirtschaftlichen Tätigkeit diese Angaben von den Hauptzollämtern einfach nachgefordert. Bei enger Auslegung des Urteils droht die vermehrte Ablehnung von Anträgen aufgrund formaler Fehler. Die Anträge sollten daher mit erhöhter Sorgfalt erstellt und möglichst frühzeitig beim Hauptzollamt eingereicht werden.