Elektronische Rechnungen und Berichtspflichten: Umsetzung in SAP

Mit globalen Initiativen zu E-Rechnung und Echtzeit-Reporting erhalten die umsatzsteuerlichen Meldeverpflichtungen eine neue Dimension. Dies erfordert abgestimmte IT-Lösungen, Prozesse und Datenhaltung. Aus Sicht der unternehmensspezifischen IT-Strategie wird oftmals eine Implementierung im SAP-Standard angestrebt, um eine integrierte Bearbeitung im Quellsystem ohne weitere Medienbrüche zu ermöglichen. Nachfolgend soll ein Überblick gegeben werden über die verfügbaren Funktionalitäten im SAP-Ökosystem, mit SAP Document and Reporting Compliance (DRC) als zentraler Komponente. Entgegen weit verbreiteter Marketingversprechen sind komplexe Meldeplattformen keine Plug-and-Play-Lösung. Auch durch das Supportende des Umsatzsteuerreports RFUMSV00 als Transaktion entsteht Handlungsbedarf zur Kompensation im Prozess der Umsatzsteuervoranmeldungs-Erstellung. Die Einführung erfordert auf technischer Seite zahlreiche Komponenten, die aufeinander abgestimmt werden müssen. Aus fachlicher Sicht müssen Geschäftsprozesse mit verschiedenen Akteuren ineinandergreifen, um eine hohe Zuverlässigkeit zu gewährleisten, was wiederum eine hohe Datenqualität in den Stammdaten und Transaktionen voraussetzt. Daraus ergeben sich in der Praxis relevante Aspekte für die Einführung, die im Folgenden betrachtet werden.

Datenaustausch findet grundsätzlich mit Geschäftspartnern und Behörden statt und beinhaltet u.a. Rechnungen und Meldungen, weshalb aus technischer Sicht, gerade vor dem Hintergrund aktueller Gesetzesinitiativen, diese Fälle Hand in Hand gehen. Es geht um den authentifizierten Austausch korrekter Daten im rechtlich vorgegebenen Format. Die Vorteile von elektronischen Datenformaten liegen auf der Hand: Maschinenlesbarkeit ermöglicht formelle Validierungen und automatisierte Weiterverarbeitung. Dennoch sind unstrukturierte Rechnungen als PDF, verbunden mit E-Mail-Versand, oder sogar Papierrechnungen noch weitläufig in Verwendung. Durch den Gesetzgeber kommt nun neuer Schwung in die Digitalisierung des Datenaustauschs. Neben bisherigen Meldeverpflichtungen ist die ab dem 01.01.2025 in Deutschland grundsätzlich ermöglichte elektronische Rechnungsstellung (E-Rechnung) ein wesentlicher Katalysator für Digitalisierungsprojekte dieser Art. Der Rat der EU-Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN) hat zudem kürzlich in seiner Sitzung vom 05.11.2024 die VIDA-Richtlinie (VAT in the Digital Age) verabschiedet. Ziel ist es, durch die Anbindung der Mehrwertsteuersysteme der EU und durch die Anforderung des elektronischen Datenaustauschs zwischen den Marktbeteiligten, den Prozess grundlegend zu digitalisieren.

Durch die Einführung von E-Rechnungen wird es ermöglicht, ein digitales Echtzeit-Reporting für EU-grenzüberschreitende Lieferungen und sonstige Leistungen zu etablieren. Die Zusammenfassenden Meldungen werden ab dem 01.07.2030 durch diese Meldeverpflichtungen ersetzt. Ergänzend zu der erforderlichen Bereitschaft zum Empfang von E-Rechnungen in Deutschland stellt sich also vielen Unternehmen die Frage nach der richtigen Umsetzung – technisch und (steuer-)fachlich.

Zeitlich gesehen überschneidet sich der Implementierungsbedarf bei vielen Unternehmen zudem mit der Einführung von SAP S/4HANA als neuem ERP-System. Am Markt verbreitet ist der Wunsch, möglichst nah am „SAP-Standard“ zu bleiben, was auch die präferierte Nutzung von weiteren SAP-Lösungen bedingt. Im Kontext Meldewesen bedeutet das in der Regel die Nutzung von SAP Document and Reporting Compliance (DRC), das als Cloud- und On-Premise-Version verfügbar ist. Daneben existieren vielseitige Lösungen anderer Softwarehersteller mit ähnlichen oder erweiterten Funktionalitäten, wie bspw. Vertex oder Thomson Reuters. Ausgehend von der fachlichen Betroffenheit, wie Länderabdeckung, Art der Geschäftsvorfälle, Rechnungsvolumen u.a., empfiehlt sich in der Praxis zunächst eine Evaluierung der marktgängigen Software, auch im Hinblick auf entstehende Implementierungs- und Lizenzkosten.

Die grundsätzlichen Anforderungen an solche Reporting-Lösungen sind die Folgenden:

• Nahtlose Anbindung an das ERP-System (Rechnungseingang und -ausgang, Buchhaltung),
• Validierungsmöglichkeiten durch Prüfungsschritte und bei Bedarf Umwandlung in menschenlesbare Formate,
• Elektronische Schnittstellen zu Meldeportalen der Finanzverwaltungen, Netzwerke wie Peppol oder andere Übertragungswege zu Geschäftspartnern,
• Handling von relevanten Dateiformaten (z.B. XML / EN 16931, ZUGFeRD).

Dem Netzwerk Peppol (“Pan-European Public Procurement OnLine“) kommt in diesem Kontext eine besondere Bedeutung zu, da es von Behörden wie der Bundesverwaltung genutzt wird, rechtskonforme Formate erfordert und darüber hinaus international (z.B. für eInvoicing in Malaysia) etabliert ist. Somit ist es ein etablierter und präferierter Übertragungsweg für elektronische Dokumente.

Aufgrund der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen werden im Folgenden Implementierungserfahrungen und Einführungshinweise für die (umsatzsteuerlichen) Meldeverpflichtungen mit SAP DRC anhand der Anwendungsfälle periodischer Berichte, Eingangsrechnungen und Ausgangsrechnungen dargestellt.

Die Komponenten für die gesetzlichen, periodischen Berichtspflichten (oft engl. „statutory reporting“) sind technisch betrachtet ein Teil von SAP S/4HANA. Darin stellt SAP DRC für diverse Länder eine Reihe an Templates  zur Verfügung, steuerartenübergreifend, aber auch Reports aus anderen Bereichen wie bspw. Zahlungsverkehr, Bilanzen, Zoll. Hauptanwendungsfall ist in der Praxis die Umsatzsteuer-Compliance/Deklaration (monatliche Umsatzsteuererklärung, Jahressteuererklärung, Zusammenfassende Meldung, etc.). Diese Templates entsprechen den jeweiligen lokalen Gesetzesvorgaben, müssen zur korrekten Nutzung aber noch system- bzw. unternehmensspezifisch konfiguriert werden. Für die Umsatzsteuervoranmeldung bedeutet das im Umsetzungsprojekt die wesentliche Aufgabe, Steuerkennzeichen auf Felder und Kategorien in den Formularen des jeweiligen Landes zu mappen und etwaig erforderliche Vorselektionen der Transaktionsdaten zu definieren.

Tabelle: Meldungen in SAP DRC für Deutschland, adaptiert von SAP

Die Überarbeitung der Steuerkennzeichen, die verlässliche automatisierte Steuerfindung und die saubere Stammdatenhaltung, insbesondere von Material und Geschäftspartnern, ist elementar. Mit Blick auf die zunehmende Automatisierung und kürzere Meldefristen ist der Automatisierungsgrad der periodischen Meldungen so gesehen ein Lackmustest, denn manuelle Eingriffe haben in Echtzeit-Prozessen wenig Platz.

Um die – wie zuvor beschrieben – erstellten Meldungen elektronisch an die Finanzbehörden via Webservice übermitteln zu können, sind weitere technische Voraussetzungen erforderlich. Diese Funktionalität stellt gleichzeitig aber auch die Möglichkeit für den elektronischen Datenaustausch mit Geschäftspartnern dar, also den Empfang von Eingangsrechnungen und den Versand von Ausgangsrechnungen. Dazu gibt es eine Cloud- oder On-Premise-Version der SAP Business Technology Platform (BTP), die den Dokumentenaustausch steuert. Damit verknüpft ist das eDocument Framework, das auch die Anbindung von E-Mail-Postfächern zum Empfang von elektronischen Lieferantenrechnungen ermöglicht. Für SAP S/4HANA bedeutet das die direkte Anbindung an die betreffenden Module wie MM (Beschaffung), FI (Finanzbuchhaltung) und SD (Vertrieb). Die primäre Implementierungstätigkeit ist hierbei technischer Natur und wird von IT-Experten übernommen. Dabei geht es darum, Authentifizierungen, sog. Tokens und Zertifikate einzurichten, damit der Datenaustausch funktioniert. Aus fachlicher Sicht muss die Authentifizierung gegenüber den Behörden beigesteuert werden.

Bild: Der Meldeprozess von den Steuerposten bis zur Zahllast (eigene Darstellung)

Die elektronische Verarbeitung von Eingangsrechnungen stellt auch schon kurzfristig eine zentrale Anforderung in der digitalen Umsatzsteuer dar. Eingangsrechnungen können auf verschiedenen Wegen wie Peppol, per E-Mail oder durch manuelle Abholung aus Portalen empfangen, validiert und weiterverarbeitet werden. SAP DRC überprüft dabei, ob die regulatorischen Anforderungen und internen Buchhaltungsrichtlinien eingehalten werden. Dies umfasst etwa die Kontrolle von Pflichtfeldern, die Korrektheit der angegebenen Steuersätze und die Integrität der Datenformate, beispielsweise ZUGFeRD oder EN 16931.

Ein wesentliches Merkmal der Lösung ist die nahtlose Integration in das SAP-Hauptbuch. Eingangsrechnungen werden dabei automatisch in die Buchhaltungsprozesse eingebunden, was den manuellen Bearbeitungsaufwand erheblich reduziert. Gleichzeitig bietet SAP DRC umfangreiche Workflow-Mechanismen, um Rechnungen durch Prüf- und Genehmigungsstufen zu leiten. Abschließend erfolgt die revisionssichere Archivierung aller Eingangsrechnungen, sodass Unternehmen den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten problemlos nachkommen können.

Auch wenn die Erstellung und Übermittlung von elektronischen Ausgangsrechnungen zunächst noch optional ist, gewinnt diese Aufgabe für Unternehmen zunehmend an Bedeutung. SAP DRC ermöglicht es, aus dem Rechnungslegungsprozess die elektronischen Rechnungen rechtskonform zu erstellen und an Geschäftspartner oder Steuerbehörden zu übermitteln. Dabei werden die für Deutschland relevanten Standards wie XRechnung, ZUGFeRD und Peppol unterstützt. Im globalen Kontext werden für sämtliche länderspezifischen Formulare Schnittstellen und Formate bereitgestellt und fortentwickelt (siehe dazu die SAP DRC Roadmap).

Die Einführung einer Meldeplattform, die auch langfristig rechtliche Vorgaben erfüllen kann, beginnt mit der Auswahl der Softwarelösung, welche anhand der sehr organisationsspezifischen Anforderungen sorgfältig getroffen werden sollte. Ob mit SAP DRC oder vergleichbaren Lösungen, es ergeben sich zwangsläufig fachliche und technische Herausforderungen, die mit der Erfüllung diverser Berichtspflichten im steuerlichen Kontext einhergehen. Mit Blick auf den wachsenden Handlungsbedarf durch ViDA empfiehlt sich ein zeitnaher Beginn, um zunächst die periodischen Berichtspflichten und den erforderlichen Empfang von E-Rechnungen weitestgehend automatisiert sicherstellen zu können. Selbst die statischen, periodischen Meldeobligationen bergen oft noch Optimierungspotenzial, was die Integration von Systemen, Geschäftsprozessen und Daten betrifft. Dementsprechend empfiehlt sich ein inkrementeller Ansatz mit stetigen Verbesserungen und einer Strategie, um für Lieferanten, Kunden und Behörden auch im Hinblick auf den reibungslosen Dokumentenaustausch ein guter und verlässlicher Partner zu sein.

Bildquelle: Unsplash, Steven Sossouhounto