Anwendungen im Bereich Change Management

In der heutigen, sich ständig verändernden Welt sind Unternehmen immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Diese können sich aus verschiedenen Faktoren ergeben wie bspw. neuen Technologien, veränderten Kundenanforderungen oder sich wandelnden Wettbewerbsbedingungen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen Unternehmen entsprechende Veränderungen einleiten.

Change Management beschreibt den gesamten Prozess der Planung, Steuerung und Umsetzung von Veränderungen im Unternehmen. Ziel dessen ist es, die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit der Mitarbeiter zu stärken. Indem versucht wird, Veränderungsprozesse so erfolgreich wie möglich zu gestalten, wird das Change Management zu einem wichtigen Erfolgsfaktor für Unternehmen. Weil es zu einer Steigerung der Effizienz und Effektivität sowie zu einer Verbesserung der Kundenzufriedenheit und einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit führen kann.

Der Erfolg von Change Management hängt dabei von verschiedensten Faktoren ab:

· Führungskraftengagement

· Mitarbeiterbeteiligung

· Kommunikation und Information

· Führungskräfteentwicklung (Führungskräfte sollten in Change Management geschult werden)

Gerade bei der Einführung und Nutzung von KI werden durch die Anpassungen im Bereich Technologie, Kundenanforderungen und Wettbewerbsbedingungen verschiedenste Veränderungen im direkten Umfeld der Mitarbeiter erforderlich. Darüber hinaus braucht es für die Nutzung von KI andere Skills und entsprechendes Know-how der Mitarbeiter. Die Einbindung von einem professionellen Change Management unterstützt dabei, den KI-Einsatz möglichst erfolgreich umzusetzen.

Experteninterview

Was konkret siehst du, wenn du dir die Steuerfunktion der Zukunft im Unternehmen vorstellst? Wie kann diese künftig einen Mehrwert im Unternehmen generieren und wie werden die technologischen Innovationen deren Arbeit im Unternehmen in den nächsten Jahren verändern?

Die Einführung von KI-Technologie wird sich nicht nur auf die Steuerfunktion auswirken. Auch sämtliche administrative Funktionen im Unternehmen werden dadurch beeinflusst. Wobei die Hauptaufgabe in der Qualitätssicherung der Systeme und Prozesse liegen wird. Dann werden Systeme die entsprechenden Daten zusammenstellen, die zur Erfüllung der Compliance Aufgaben braucht.

Außerdem kann KI individuell bei der Erstellung steuerlicher Gutachten zum Einsatz kommen, um bspw. regionale Rechtsprechung zu berücksichtigen. Und auch ein Jahresabschluss auf Knopfdruck ist mittlerweile denkbar, sofern die entsprechenden Prozesse und die notwendigen Daten ordentlich strukturiert sind.

Werfen wir zunächst einen Blick zurück: Inwiefern hat das Change Management bereits in den letzten Jahren eine wichtige Rolle bei der Einführung von KI-Technologien gespielt?

Ich glaube hier muss man das Thema Change Management noch etwas breiter fassen: Auf der Reise hin zu einer neuen Technologie wird der Mensch in den Mittelpunkt gestellt, wobei die KI sicherlich einen Extremfall darstellt. Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass selbst wenn ein logischer, effizienter und effektiver Prozess vorliegt, dass dieser nicht zwingend von den Mitarbeitern auch mit Leben gefüllt werden muss.

Erfolg stell sich am Ende aber nur dann ein, wenn die Menschen bei der Veränderung von Anfang mit einbezogen werden und sie die genutzte Technologie durch sinnvolle Integration in die Prozesse tatsächlich akzeptieren. Grundsätzlich sollte gelten: Zuerst kommt der Mensch, dann der Prozess und dann das System.

In den letzten Jahren ist die Sensibilität der Unternehmen, die Menschen mitnehmen zu wollen, extrem gewachsen. KI muss als disruptive Änderung, ähnlich wie bei der Einführung von Internet, Mail oder Telefonie, in das Mindset der Leute eingehen. Sie müssen bereit sein, die neuen Aufgaben anzunehmen. Hier sind Unternehmen mittlerweile eher bereit Geld auszugeben.

Die Mehrheit weiß mittlerweile, dass Projekte oft nicht an inhaltlichen Themen scheitern, sondern vielmehr an der Beziehungsebene. Die wahren Gründe für ein Scheitern sind nicht selten mangelnde Ressourcen, zu gering ausfallender Managementsupport und fehlende Kommunikation. Das schließt eine mangelnde Mitnahme der Mitarbeiter natürlich mit ein. Gerade deshalb kann das Change Management an dieser Stelle eine wesentliche und vor allem unterstützende Rolle einnehmen.

Im Hinblick auf KI geht es letzten Endes um Angst. Weil sie für den Menschen schwer greifbar ist und dadurch zu Ablehnung führt. Für die Zukunft braucht es technologieoffene Menschen. Schließlich geht die Entwicklung ständig weiter. Dabei wird die technologische Hardware wie Prozessor und Taktzahl keine große Rolle mehr spielen. Vielmehr steht die Usability der Anwendungen im Fokus.

Wie groß ist das Bewusstsein der Mandanten für die Notwendigkeit von Change Management bezogen auf die Einführung und Nutzung von KI?

Allgemein ist die Awareness für die Notwendigkeit von Change Management bei den Mandanten in den letzten Jahren gestiegen. Natürlich in Abhängigkeit von der Branche, dem Mandanten und der Erfahrung. Die Herausforderung dabei ist, dass hier psychologische Aspekte berücksichtigt werden müssen, die nur schwer messbar sind. Da die Steuerbranche sehr zahlenaffin ist, ist der Mehrwert teilweise noch schwer zu vermitteln.

Doch wir sehen immer wieder, dass Projekte an den gleichen Dingen scheitern. Zu diesen gehören Überforderung bei der Umsetzung von Projekten zusätzlich zur alltäglichen Arbeit oder Führungskräfte, die nicht abgeholt wurden. Eine weitere Problematik stellt auch eine fehlende Management Attention dar, wenn diese schon ans nächste Projekt denken. Hier brauchen wir Change Management, um auf Basis einer Analyse der Ängste und Probleme der Menschen im Unternehmen Konzepte zu entwickeln. In erster Linie, um die psychologische Ebene bespielen zu können. Es ist damit die Professionalisierung von vielen kleinen Dingen, die man im Projektmanagement eher nebenbei macht.

Aufgrund der hohen Fluktuation am Arbeitsmarkt und der damit verbundenen Schwierigkeit von Nachbesetzungen, ist der Fokus auf die eigenen Mitarbeiter größer geworden. In der Folge ist auch die Awareness für das Thema Change Management gestiegen. Mittlerweile kennt jede Führungskraft das Konzept, wendet es allerdings operativ eher selten an.

Worin bestehen aktuell die größten Herausforderungen, um das Potenzial von KI im Steuerbereich voll ausschöpfen zu können?

Die größte Herausforderung für die effektive Nutzung von KI ist immer noch der Mensch selbst. Denn ein KI-Modell ist immer nur so gut wie der Nutzer, der die Maschine bedient. Die Job-Beschreibung vieler Mitarbeiter, die früher Experten auf ihrem Sachgebiet waren, wird sich durch den Einsatz von KI-Technologien ändern. Beispielsweise wird sich ein Experte für Excel-Anwendungen zukünftig mehr und mehr mit dem Formulieren von Prompts beschäftigen müssen, da Excel-Kalkulationen von KI-Systemen effektiver ausgeführt werden können.

Gerade beim sogenannten Prompting wird es eine neue Art von Kreativität brauchen. Neben den Experten für die Steuerfunktion werden sich viele Mitarbeiter zu KI-Experten weiterentwickeln müssen, die auch die Logik hinter den Modellen verstehen.

Auch die eingangs erwähnte Qualitätssicherung wird eine entscheidende Rolle spielen, um die Ausgaben der KI-Systeme als richtig oder falsch zu bewerten. Betrachtet man diese anstehenden Veränderungen in den jeweiligen Berufsbildern, muss auch die Ausbildung dahingehend angepasst werden.

Eine weitere Herausforderung bei der Nutzung von KI ist das Thema Datenschutz. Dieses wird häufig als Argument missbraucht, um Dinge nicht tun zu müssen. Hier brauchen wir mehr Lösungsorientiertheit. Trotzdem ist es wichtig, sich mit Datenschutz zu beschäftigen. In erster Linie um auszuloten, was möglich ist und was nicht.

Angesichts der schnell voranschreitenden technologischen Innovation, wie müssen sich Steuerabteilungen aktuell aufstellen und welche unterstützende Rolle können Berater hier übernehmen?

Je technologischer die Steuerfunktion wird, desto mehr Leute mit einem Verständnis für die Technologie und End-to-End Prozesse werden benötigt. Zudem müssen sie in der Lage sein, die genutzten Daten auch tatsächlich verstehen. Weil viele von diesen Daten gar nicht in der Steuerabteilung entstehen.

Als Berater können wir zum einen dabei unterstützen, die richtigen Personen für diese Aufgaben zu finden und auch eine entsprechende Ausbildung voranzutreiben. Zum anderen können wir aber auch weiterhin die Steuerexperten mit Fachwissen zur Verfügung stellen.

Einen der Grundpfeiler stellt das sogenannte Lean-Management dar – also die menschenorientierte Prozessoptimierung. Wir wollen ein selbstlernendes Team sein, das sich in kleinen Schritten optimiert und Veränderungen durch Erfolge positiv wahrnimmt. Durch die Schaffung einer entsprechenden Atmosphäre kann so ein Raum für Lean-Thinking entstehen. Meine generelle Empfehlung: Führungskräfte sollten als Coach auftreten und eine Atmosphäre schaffen, in der die Leute kreativ sein können, Zeit und Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen, um Dinge ausprobieren zu können und dies auch wertgeschätzt wird.

Welchen Nutzen von KI siehst du im Bereich Change Management selbst? Wie kann KI hier aktuell und in Zukunft bei der täglichen Arbeit sinnvoll unterstützen?

In unserem Bereich gibt es ein Team, das sich besonders mit Daten und Technologie beschäftigt. Hier können KI-Lösungen zur Datenstrukturierung verwendet werden. Alternativ können sie aber auch zur Einordnung und Auswertung von Interviews zum Einsatz kommen, die wir im Rahmen unserer Arbeit führen. Gleiches gilt für das Thema Wissensmanagement mit in-house Know-how, bei dem KI-Anwendungen wie bspw. ChatGPT eine willkommene Unterstützung darstellen.

Grundsätzlich lassen sich Anwendungsmöglichkeiten überall dort finden, wo Daten im Spiel sind. Generell gilt, dass wir einen großen Fokus auf Individualität und den Menschen legen. Daher ist für uns ein Gespür für dessen Belange und Anforderungen wichtiger ist als die Nutzung von KI. Getreu dem Motto: „Es geht nicht ohne den Menschen und wenn wir es nicht richtig machen, auch nicht mit“.