In unserem Interview mit Holger Bauer, Director bei WTS Digital, sprechen wir über seine Erfahrungen und Ansichten zur Zukunft der Zollabwicklung und Außenwirtschaft. Informieren Sie sich hier zur Laufbahn von Holger Bauer.
Hallo Holger, wir wollen heute über deine Erfahrungen aus deinen früheren Rollen und deinem Wechsel zu WTS reden. Welche Erfahrungen hast du in deiner beruflichen Laufbahn bei DAX-Konzernen und der Bundeszollverwaltung gesammelt?
[Holger Bauer] Sehr wichtig war und ist es mit verschiedenen Stakeholdern zusammen zu arbeiten (Stichwort: Collaboration), denn nur so lassen sich die wichtigen Weichen stellen. Wertschätzung und Kommunikation sind hier die wichtigen Pfeiler um sich ein Netzwerk in der Organisation aufzubauen. Diese Punkte gepaart mit einer Offenheit sich weiterzuentwickeln (Stichwort: Prozessverständnis, IT-Lösungen und Digitalisierung) und Organisationsentwicklung zu betreiben, waren für mich jeweils sehr wichtig.
Wie hat sich der Bereich Zoll- und Außenwirtschaft in den letzten Jahren verändert?
[Holger Bauer] Die regulatorischen Anforderungen sind stetig gestiegen. Innerhalb der EU hat sich das Zollrecht durch verschiedene Gesetzesnovellen stetig weiterentwickelt und aktuell steht eine sehr bedeutende Reform der EU Zollunion an. IT und die Digitalisierung hat Einzug gehalten - die Zollabfertigungen und die Zollbetriebsprüfungen werden vom Gesetzgeber massiv betrieben, was natürlich für Unternehmen eine sehr hohe Transparenz nach sich zieht und mithin auch Risiken birgt.
Beispielsweise hat die Digitalisierung zu einer erheblichen Effizienzsteigerung in der Zollabwicklung und im Außenwirtschaftsverkehr geführt. Elektronische Zollanmeldungen und -verfahren sind mittlerweile Standard, was die Bearbeitungszeiten verkürzt und die Transparenz erhöht. Tools und Plattformen für das Management von Zollprozessen sind zunehmend verbreitet.
Die Zunahme von Handelsspannungen, insbesondere zwischen großen Wirtschaftsmächten wie den USA und China, hat zu einer verstärkten Unsicherheit und zu Veränderungen in den globalen Lieferketten geführt. Unternehmen müssen flexibel auf Zölle und Handelsbeschränkungen reagieren, was eine stärkere Fokussierung auf Zoll- und Außenwirtschaftsmanagement erfordert. Die regulatorischen Anforderungen im Bereich Zoll und Außenwirtschaft sind komplexer und umfangreicher geworden. Unternehmen müssen sich kontinuierlich an neue Vorschriften anpassen, um Compliance zu gewährleisten.
Was ist deiner Meinung nach aktuell die größte Herausforderung im Zoll- und Außenwirtschaftsrecht?
[Holger Bauer] Ganz klar die Digitalisierung der Zoll- und Außenwirtschaftsprozesse in Unternehmen, die Schaffung von Transparenz mittels erforderlicher IT Lösungen und die demographische Entwicklung. Meiner Meinung nach ist da absolute Sicherheit wichtig. Dabei wird die Investition in die Aus- und Weiterbildung von Fachexperten und Führungskräften entscheidend sein. Probleme bereitet auch oft der Fachkräftemangel, sowie die Komplexität der Vorschriften. Wir hatten beispielsweise schon mehrfach den Fall, dass wir komplette Zollteams übernommen haben, weil sich das Unternehmen einfach abgesichert sehen wollte.
Wie können diese massiven Herausforderungen gelöst werden?
[Holger Bauer] Durch ein gutes Leadership und Change Management - so lassen sich die notwendigen Planungen und Umsetzung kontinuierlich vorantreiben. Der Einsatz von Technologien zur Automatisierung von Zollprozessen kann zusätzlich die Effizienz steigern und Fehler reduzieren. Hier ein kleines Beispiel: Die Prüfung von Geschäftspartnern und Beteiligungssituationen, insbesondere die Sanktionslistenprüfung, ist heutzutage unerlässlich, um sanktionierte Geschäftspartner auszuschließen, was durch die aktuellen Russlandsanktionen besonders relevant geworden ist. Ein automatisiertes Tool kann hierbei unterstützen, indem es in die ERP-Systemlandschaft integriert wird und Zugriff auf tagesaktuelle, weltweite Sanktionslisten bietet sowie die Prüfung von Beteiligungs- und Eigentumsverhältnissen ermöglicht. Bei WTS bieten wir dafür beispielsweise die WTS CustomsComplianceEngine an.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Zusammenarbeit mit erfahrenen Zollagenten und Beratern. Diese Partner verfügen über spezifisches Know-how und können bei der Navigation durch komplexe Zollverfahren und bei der Optimierung der Lieferkette unterstützen. Man spricht dann meist von einem Digital Business Partnering. Hier wird den Unternehmen Unterstützung geboten bei Zollanmeldungen, internen Kontrollen, Zolltarifierungen, Sanktionslistenprüfungen und vielem mehr. Außerdem können implementierte Prozesse von Unternehmen gründlich analysiert und von Experten überprüft werden. Das Ziel ist es, entweder vollständige Prozesse oder nur Teilprozessschritte zu übernehmen, um Unternehmen individuell und effektiv unterstützen zu können.
Das klingt spannend, Holger. Welche konkreten Vorteile bietet das Digital Business Partnering für Unternehmen?
[Holger Bauer] Zum einen Kontinuität und exzellentes fachliches Know-how und zum anderen wird durch einen Projektmanager sichergestellt, dass die erforderlichen Aufgaben konsequent erledigt werden und Ressourcenengpässe in Unternehmen der Vergangenheit angehören. Ein gutes Beispiel ist die systemseitige Unterstützung bei der Durchführung der Zolltarifierung sowie der exportkontrollrechtlichen Güterklassifizierung und der Unterlagen Codierung bei Ausfuhrgenehmigungen und Zollanmeldungen mittels künstlicher Intelligenz (KI). Dies verschafft Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Denn mit Hilfe einer KI-basierten und branchenspezifischen Engine kann die Zolltarifierung (teil-)automatisiert und rechtsicher ablaufen. Bei manchen Unternehmen implementieren wir diese Engine sogar direkt in die ERP Landschaft, um die Zollprozesslandschaft kontinuierlich weiter zu verbessern. Das zeigt, dass Digital Business Partnering ein langfristiges und partnerschaftliches Erfolgsmodell ist.
Wieso spielt das Thema Digitalisierung eine entscheidende Rolle?
[Holger Bauer] Ich finde, in der End-to-End Prozessumgebung verändern sich die vor- und nachgelagerten Unternehmensprozesse extrem stark und die Digitalisierung hält hier massiv Einzug. Die Digitalisierung trägt aber auch dem Stand der Zeit Rechnung, denn IT-Lösungen rund um das Thema Zoll- und Exportkontrolle entwickeln sich stetig weiter. Entscheidend sind hier jeweils verlässliche Stammdaten, die die Digitalisierung unterstützen.
Vielen Dank, Holger - letzte Frage: Welche Services bietet denn WTS im Zollbereich an?
[Holger Bauer] WTS agiert in der Beratung für alle Fragestellungen im Bereich Zoll- und Außenwirtschaft, sowie Verbrauchsteuerrecht. Als digitaler Business Partner für die Zollfunktion sind wir Experten für Zoll-IT-Implementierungsprojekte und alle Digitalisierungsvorhaben. Unser diverses Expertenteam setzt sich zusammen aus Fach- und Führungskräften der Zollverwaltung, Industrie, E-Commerce, Logistik sowie IT und Softwarehäusern. Mit einer Teamstärke von ca. 45 Mitarbeitenden sind wir zukunftsfähig aufgestellt und können Unternehmen aller Größenordnungen im gesamten Zollbereich unterstützen.