Am 06.08.2025 hat das BMF den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und zur Umsetzung weiterer Maßnahmen an die Verbände gesendet. Für eine Stellungnahme ist lediglich eine Frist bis zum 11.08.2025 vorgesehen. Inhalt des Referentenentwurfs sind Anpassungen im Mindeststeuergesetz, die Umsetzung der sog. DAC9-Richtlinie sowie weitere Begleitmaßnahmen im Bereich des Einkommensteuergesetzes sowie des Außensteuergesetzes. Zu den Maßnahmen im Einzelnen:
I. Mindeststeuergesetz und begleitende Maßnahmen
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen vom 21.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 397 vom 27.12.2023) wurden die internationalen Vereinbarungen der globalen Mindestbesteuerung für Geschäftsjahre, die nach dem 30.12.2023 beginnen, umgesetzt. In diesem Zusammenhang wurden auch die vom Inclusive Framework on BEPS beschlossenen Regelungen für sog. Safe-Harbours vom 15.12.2022 sowie die Verwaltungsleitlinien vom 01.02.2023 und 13.07.2023 in das Mindeststeuergesetz aufgenommen. Die Anpassungen im Mindeststeuergesetz beinhalten – neben redaktionellen Änderungen – insbesondere die Umsetzung der OECD-Verwaltungsleitlinien vom 15.12.2023, 24.05.2024 und 13.01.2025 sowie Regelungen zur Verwendung von sog. Berichtspaketen, die Zulässigkeit der Verwendung der Erwerbsmethode sowie eine Vorschrift zur Verhinderung der ungerechtfertigten Inanspruchnahme beim CbCR-Safe-Harbour. Eine wesentliche Änderung betrifft die Berücksichtigung von latenten Steuern im Rahmen der Vollberechnung bei HGB-Bilanzierern, die aufgrund eines Wahlrechts oder aufgrund einer Verrechnung im Mindeststeuer-Jahresüberschuss oder Mindeststeuer-Jahresfehlbetrag nicht ausgewiesen sind. Außerdem setzt der Referentenentwurf die zwingend bis zum 31.12.2025 zu implementierende Richtlinie (EU) 2025/872 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (DAC9) um. Damit wird auch das auf OECD-Ebene beschlossene Abkommen zum automatischen jährlichen bilateralen Informationsaustausch über die Mindeststeuer-Berichte zwischen Steuerjurisdiktionen (Multilateral Competent Authority Agreement on the Exchange of GloBE Information – GIR MCAA) in das deutsche Recht übernommen.
II. Begleitmaßnahmen
1. Abschaffung der Lizenzschranke (§ 4j EStG)
Die Lizenzschranke beruht nicht auf international abgestimmten Maßnahmen zur Abwehr unerwünschter Gewinnverlagerungen und sollte während des auf OECD/G20-Ebene vereinbarten Übergangszeitraumes bis zum 30.06.2021 zur Abschaffung oder Anpassung von „schädlichen“ Patentboxen die Gewinnverlagerung in Staaten mit solchen Patentboxen unterbinden. Der Anwendungsbereich der Lizenzschranke hat sich seit Ablauf des Übergangszeitraumes in 2021 signifikant verringert, sodass die Beibehaltung dieser unilateralen Maßnahme nicht mehr gerechtfertigt ist. Zudem werden die von der Lizenzschranke adressierten Gestaltungen grundsätzlich auch durch die Mindeststeuer erfasst, wenn eine Niedrigbesteuerung im Ausland besteht. Die Abschaffung der Lizenzschranke führt ebenfalls zu einer Verringerung des Compliance-Aufwands für Unternehmen und fördert damit den Bürokratieabbau.
2. Anpassung der relativen und absoluten Freigrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 AStG)
Durch die Anpassung der relativen und absoluten Freigrenze von passiven Einkünften bei der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 9 AStG wird der von der ATAD vorgegebene Spielraum stärker genutzt. Nach Art. 7 Abs. 3 der ATAD kann ein Mitgliedstaat sich dafür entscheiden, ein Unternehmen oder eine Betriebsstätte nicht als beherrschtes ausländisches Unternehmen zu behandeln, das grundsätzlich der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegt, wenn höchstens ein Drittel der Einkünfte des Unternehmens oder der Betriebsstätte passive Einkünfte sind. Die in § 9 AStG enthaltene relative Grenze von bislang 10 % soll an diese Grenze angepasst und mit einer absoluten Grenze von – neu – 100.000 € kombiniert werden. Außerdem soll die Freigrenze künftig ausschließlich gesellschaftsbezogen ausgestaltet werden. Damit entfällt der bislang erforderliche Prüfungsschritt auf Ebene der Inlandsbeteiligten, wodurch die Vorschrift erheblich vereinfacht wird.
3. Anpassung des Kürzungsbetrags in Organschaftsfällen (§ 11 AStG)
Neben technischen und systematischen Anpassungen des Kürzungsbetrags erfolgt ab dem Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2022 eine Neutralisierung der nach § 8b Abs. 3 und 5 KStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben für Ausschüttungen aus Zwischengesellschaften und Veräußerungen von Beteiligungen an Zwischengesellschaften, wenn Einkünfte bereits der Hinzurechnungsbesteuerung unterlegen haben (§ 11 Abs. 2 und 4 AStG). Dadurch soll vermieden werden, dass die Steuerpflichtigen neben dem Hinzurechnungsbetrag bei Ausschüttungen zusätzlich mit nicht abziehbaren Betriebsausgaben in Höhe von 5 % belastet werden. Im fachlichen Austausch wurde von einigen Ländern die Befreiung der betroffenen Unternehmen von den nicht abziehbaren Betriebsausgaben in dieser Sonderkonstellation systematisch kritisch gesehen. Nach Einschätzung des BMF könne damit jedoch die Administrierbarkeit der Vorschrift deutlich erleichtert werden.
4. Einführung einer Beteiligungsgrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter und Anpassung der Freigrenze (§ 13 AStG)
Der § 13 AStG (sog. erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung) bezieht Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter auch bei nicht beherrschenden Beteiligungen in den Anwendungsbereich der Hinzurechnungsbesteuerung ein. Ziel dieser Regelung ist es, Umgehungen durch internationale Beteiligungsstreuung entgegenzutreten (BT-Drucksache 19/28652 S. 63). Die Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter ist – insbesondere im Hinblick auf die Änderungen durch das ATAD-Umsetzungsgesetz vom 25.06.2021 – in Ermangelung einer (Mindest-)Beteiligungsgrenze sowohl für die Finanzverwaltung als auch die betroffenen Steuerpflichtigen in der Administrierung sehr aufwendig. Mit der rückwirkenden Einführung (erstmalige Anwendung ab dem 01.07.2021) einer Mindestbeteiligungsquote von 10 % unterliegen Kleinstbeteiligungen zukünftig nicht mehr der Hinzurechnungsbesteuerung. Damit wird einerseits die Administrierung der Vorschrift sowohl für die Finanzverwaltung als auch den Steuerpflichtigen deutlich vereinfacht. Andererseits wird am ursprünglichen Gesetzeszweck, Umgehungen der Hinzurechnungsbesteuerung zu verhindern, auch zukünftig festgehalten. Mit Wirkung für Wirtschaftsjahre ab 2026 wird – gleichlaufend zu § 9 AStG – auch die Freigrenze in § 13 Abs. 1 AStG angepasst.
5. Klarstellende Regelung bei der Wegzugsbesteuerung zu substantiellen Gewinnausschüttungen in Rückkehrerfällen (§ 21 Abs. 3 AStG)
Im Rahmen des Mindestbesteuerungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes wurde die Regelung, nach der sogenannte substantielle Gewinnausschüttungen (mehr als 25 % des gemeinen Werts der Anteile) oder eine sogenannte substantielle Einlagenrückgewähr zu einer anteiligen Festschreibung der Wegzugssteuer und zum Widerruf der Stundung führen, auf Altfälle (Wegzüge vor dem 1. Januar 2022) ausgeweitet. Diese Regelung für Altfälle gilt für Gewinnausschüttungen oder eine Einlagenrückgewähr, die nach dem 16.08.2023 erfolgen und soll auch im Rahmen der Rückkehrerregelung nach § 6 Abs. 3 AStG gelten. Durch die Regelung in § 21 Abs. 3 AStG soll dementsprechend klargestellt werden, dass die Wegzugssteuer auch dann nicht entfällt, wenn Steuerpflichtige nach erfolgten substantiellen Gewinnausschüttungen oder erfolgter substantieller Einlagenrückgewähr nach Deutschland zurückkehren, und somit zur Rechtssicherheit beitragen.
6. Vermeidung des doppelten Ansatzes von Hinzurechnungsbeträgen bei Spezial-Investmentfonds (§ 37 InvStG)
Diese Rechtsänderung dient der Gleichstellung mit der Direktanlage, der administrativen Vereinfachung und der Vermeidung einer Schlechterstellung gegenüber ausländischen Spezial-Investmentfonds. Beherrscht ein Anleger eine ausländische Zwischengesellschaft über den Spezial-Investmentfonds, kommt es bei dem Anleger zu einem unmittelbaren Ansatz der Hinzurechnungsbeträge und zusätzlich zu einem mittelbaren Ansatz der Hinzurechnungsbeträge als Bestandteil der ausschüttungsgleichen Erträge, die dem Anleger über den Spezial-Investmentfonds zugerechnet werden. Dies führt im Ergebnis zu einer doppelten Hinzurechnungsbesteuerung beim Anleger. Damit keine zweifache Steuerbelastung entsteht, sind Minderungs- und Kürzungsbeträge nach § 10 Abs. 6 und § 11 AStG zu berücksichtigen. Zukünftig wird der administrative Aufwand für die Vermeidung einer Doppelbesteuerung vermieden.