Data Analytics und KI prägen zunehmend das Tax Accounting, insbesondere bei der steuerlichen Abbildung nach IAS 12. Regulatorische Anforderungen wie DAC6 und BEPS 2.0 erhöhen den Druck, große Datenmengen effizient zu verarbeiten und Risiken frühzeitig zu erkennen. Moderne Analytics schaffen Transparenz, unterstützen die Einhaltung von Vorgaben und ermöglichen durch KI intelligente Mustererkennung und Prognosen. Ein treffender Vergleich lässt sich zur Entwicklung in der Automobilindustrie ziehen. Mit Blick auf den Reifegrad der Technologie stehen wir bei KI derzeit etwa dort, wo die Automobilindustrie in den 1910er- und 1920er-Jahren stand: Die Grundfunktion ist etabliert, das Potenzial aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Status quo: KI und Data Analytics im Ertragsteuerbereich
Eine klare Unterscheidung von Data Analytics und KI ist zunächst zentral: Während Data Analytics auf der regelbasierten Auswertung und Visualisierung steuerlicher Daten basiert, zielt die KI auf eine weitergehende, lernende Analyse ab – etwa zur Prognose künftiger Steuerwirkungen oder zur automatisierten Interpretation komplexer Zusammenhänge.
In vielen Unternehmen sind erste Data-Analytics-Tools wie Power BI, Tableau oder SQL-Auswertungen in der Steuerfunktion bereits etabliert. Diese helfen, historische Steuerdaten auszuwerten oder Kennzahlen wie die effektive Steuerquote zu überwachen. Dabei lassen sich bestimmte Key Performance Indikatoren (KPIs) wie bspw. Steuerquotentreiber – steuerfreie Erträge, nicht abzugsfähige Aufwendungen oder ausländische Steuersätze – analysieren, um Schwankungen der effektiven Steuerquote besser nachvollziehen zu können. KI wird dagegen häufig noch zögerlich eingesetzt. Ein Grund dafür liegt im Mangel an qualifizierten Fachkräften sowie in der Komplexität bestehender Systemlandschaften.
Die Steuerfunktion steht damit an einem Wendepunkt: Während Data Analytics vielerorts bereits zur Praxis gehört, bietet der gezielte Einsatz von KI noch erhebliches, bislang unausgeschöpftes Potenzial.
Einsatzmöglichkeiten von KI im Ertragsteuerbereich
Neben dem strategischen Potenzial stellt sich darüber hinaus die Frage, wie KI und Data Analytics im ertragsteuerlichen Alltag wirksam eingesetzt werden können:
- Risikoerkennung: KI-Modelle ermöglichen es, steuerlich relevante Daten automatisiert zu analysieren und dabei Auffälligkeiten wie abrupte Veränderungen in zentralen Steuerkennzahlen zu identifizieren¹. Integriert in Steuer-Dashboards unterstützen solche Systeme die frühzeitige Identifikation potenzieller Fehlerquellen und ermöglichen ein gezielteres Risikomanagement.
- Automatisierung: Routinetätigkeiten – z. B. die Prüfung steuerlicher Pflichtangaben in Belegen – lassen sich durch Natural Language Processing (NLP) und OCR-Technologie effizient gestalten. Ein praktischer Anwendungsfall ist der Einsatz von KI-gestützten Keyword-Analyseverfahren zur Prüfung von Buchungen und Buchungstexten. So kann automatisiert erkannt werden, ob Angaben zu Betriebseinnahmen und -ausgaben vollständig und regelkonform sind. Auf diese Weise lassen sich fehlerhafte oder unvollständige Buchungen identifizieren, die andernfalls zu einer überhöhten oder zu niedrigen Steuerlast führen könnten.
- Prognosen: Durch den Einsatz von KI-gestützten Szenarien lassen sich zukünftige Steuerpositionen präzise simulieren. Dies ermöglicht es Unternehmen, verschiedene Entwicklungen – etwa Änderungen internationaler Ertragsteuersätze oder neue regulatorische Vorgaben im Rahmen von BEPS 2.0 – frühzeitig zu erkennen und strategisch darauf zu reagieren. Solche Prognosen unterstützen die Finanzabteilungen dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen und die Steuerplanung effizienter zu gestalten. Ergänzend liefern KI-gestützte Anomalieerkennungen und regelbasierte Systeme auf Basis aktueller regulatorischer Entwicklungen wichtige Frühindikatoren, sodass Prognosen stets auf dem neuesten Informationsstand basieren. So wird nicht nur retrospektiv geplant, sondern dynamisch reagiert – bspw. mit automatisierten Realtime-Alerts.
- Assistenzsysteme: KI-gestützte Assistenzsysteme zeigen, wie generative KI praxisnah im Steuerbereich genutzt wird. Die Plattform ermöglicht interaktive Chatbots für Themen wie steuerliche Überleitungsrechnung, Verrechnungspreise oder Pillar 2, um steuerliche Fragen schnell und fundiert zu bearbeiten. Zudem integriert sie Fachinhalte externer Anbieter und bietet eine sichere, datenschutzkonforme Umgebung für KI-gestützte Anwendungen. Darüber hinaus unterstützen solche Systeme auch bei der Erstellung von Präsentationen oder Memos und entlasten damit die Steuerfunktion im Tagesgeschäft. Diese Visualisierungen helfen, steuerliche Daten effizient aufzubereiten und Abweichungen wie Ausreißer oder unplausible Werte direkt sichtbar zu machen. Dabei kann die KI auch eine erste Interpretation der Visualisierungen übernehmen – als eine Art First-Level-Support zur Dateninterpretation. Wichtig ist dabei stets, dass die vom Chatbot gelieferten Inhalte von Steuerexperten validiert werden, um fachliche Korrektheit sicherzustellen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der gezielte Einsatz von KI im Bereich der Data Analytics in den Ertragsteuern die Funktion eines vielseitigen Assistenten übernehmen kann. Sowohl im operativen Tagesgeschäft als auch in der strategischen Planung bietet sie dabei erheblichen Mehrwert.
Der Einsatz intelligenter Systeme reduziert Fehler, beschleunigt Prozesse und hebt die Steuerfunktion auf ein strategisches Niveau, indem er datenbasierte und vorausschauende Entscheidungen in der Steuerabteilung erleichtert. Unternehmen erwarten dadurch signifikante Effizienzsteigerungen, verbesserte Datenqualität und gezielteres Risikomanagement.
KI-unterstützte Datenanalyse hat das Potenzial, die Nutzung von Steuerdaten grundlegend zu verändern. Die Kombination aus transparenter Datenanalyse, automatisierter Prüfung und intelligenter Prognose macht die Ertragsteuer effizienter, sicherer und zukunftsfähiger. Voraussetzung ist jedoch, dass Unternehmen nicht nur in Technologie, sondern auch in die digitale Kompetenz ihrer Mitarbeitenden investieren und klare Governance-Strukturen schaffen. Nur dann wird KI zum echten strategischen Hebel in der steuerlichen Wertschöpfungskette. Diese Symbiose aus steuerlichem Fachwissen, Data Analytics und KI verspricht Effizienz, Compliance und Gestaltungsspielräume im Ertragsteuerbereich – eine Entwicklung, die kein Head of Tax und CFO verpassen sollte.