Gewinnmindernde Rücklage nach § 5 Abs. 7 EStG bei Übernahme von Pensionsverpflichtungen

Der BFH hatte mit Urteil vom 23.10.2024 zu entscheiden, ob für den Gewinn aus der Übernahme einer Pensionszusage eine gewinnmindernde Rücklage gem. § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG gebildet werden darf.

Im Streitfall wechselte R im Jahr 2014 von einem Unternehmen zur Klägerin, einer GmbH, als neuer Arbeitgeberin. Die Klägerin übernahm die vom früheren Arbeitgeber erteilte Versorgungszusage. Im Gegenzug wurden der Klägerin entsprechende Vermögenswerte (Lebensversicherung, Forderung gegenüber R) in Gesamthöhe von € 512.052 übertragen. Es entstand ein Übertragungsgewinn in Höhe von € 77.881, für den die Klägerin eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG bildete. Auf Grundlage einer Außenprüfung sah das Finanzamt die Rücklagenbildung als unzulässig an, da die Voraussetzungen des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG nicht gegeben seien.

Der Klage gab das FG Nürnberg nach erfolglosem Einspruch statt. Der Wortlaut des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG stehe der Bildung einer gewinnmindernden Rücklage für den Übertragungsgewinn aus einer übernommenen Pensionszusage nicht entgegen. Auch bei der Übernahme einer Pensionsverpflichtung realisiere sich der Gewinn nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG, weshalb Pensionsverpflichtungen auch von der Bezugnahme in Satz 5 auf § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG umfasst seien.

Der BFH hat die Vorinstanz bestätigt. § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG enthält besondere Regelungen für die Übernahme von Pensionsverpflichtungen bei gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten. Streitig war die Frage, ob Satz 4 eine eigene Fallgruppe bildet.

Nach einer Ansicht stellt § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG, wonach Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass bei der Ermittlung des Teilwerts der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeiträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist, keinen eigenen Tatbestand dar. Die Vorschrift regele nur die Berechnung des Übernahmegewinns besonders, die sich grundsätzlich nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG richte. Insoweit liege auch ein Fall des § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG vor, da Satz 4 einen Unterfall des Satzes 1 enthalte und keine eigene Fallgruppe bilde.

Nach anderer Ansicht im Schrifttum und des beigetretenen BMF stellt Satz 4 eine eigene Fallgruppe dar, für die eine Rücklagenbildung bei Pensionsübernahmen nicht zulässig ist. Einer Rücklagenbildung stehe der Wortlaut des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG entgegen, wonach sich diese Möglichkeit ausdrücklich auf die Fälle des § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 EStG beschränke. Die Übertragung von Pensionsverpflichtungen werde in § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG behandelt und sei deshalb nicht erfasst.

Nach Auffassung des erkennenden Senats spreche der Wortlaut des Gesetzes – anders als von Finanzamt und BMF vertreten – nicht gegen, sondern gerade für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung. Bei einer Pensionszusage handelt es sich um eine übernommene Verpflichtung, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzbeschränkungen bzw. Bewertungsvorbehalten (§ 6a EStG) unterlegen habe. Als Rechtsfolge sei die Verpflichtung bei der Klägerin so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne die Übertragung zu bilanzieren wäre. Aus § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG ergebe sich nichts anderes, da diese Vorschrift im Hinblick auf die Bewertung von Pensionsverpflichtungen lex specialis sei. Sie regele eine abweichende Rechtsfolge und erschöpfe sich darin. Anders als in § 5 Abs. 7 Sätze 2 und 3 EStG enthalte sie aber gerade keinen eigenen Tatbestand, ohne den die Regelung des § 5 Abs. 7 Satz 1 nicht anwendbar wäre. So betreffen die Sätze 2 und 3 andere Fallgruppen als die Übertragung, nämlich den Schuldbeitritt und die Erfüllungsübernahme (Satz 2) sowie den Erwerb von Mitunternehmeranteilen (Satz 3). § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG hingegen begründe keine neue vierte Fallgruppe, sondern ordne für einen Teil der Übertragungsfälle nach Satz 1 eine besondere Bewertung an. Daraus erkläre sich die Bezugnahme des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG lediglich auf Sätze 1 bis 3. Einer teleologischen Extension bedürfe es daher nicht.

Anhaltspunkte dafür, dass § 5 Abs. 7 Satz 1 und 5 EStG – wie die Revision letztlich geltend macht – entgegen dem Wortlaut einschränkend auszulegen und die Rücklagenbildung damit zu verwehren sei, vermochte der Senat nicht zu erkennen. Die Rücklagenbildung sei im Übrigen auch aus gleichheitsrechtlicher Sicht geboten. Es käme andernfalls zu sinnwidrigen Benachteiligungen der Übertragung von Pensionsverpflichtungen gegenüber andersartigen Verpflichtungen, welche gleichfalls beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterliegen würden.

Auch spreche weder der Gesetzeszweck noch die Gesetzessystematik für ein anderes Ergebnis. Wenn eine Korrespondenz zwischen sofortigem Abzug beim bisher Verpflichteten gem. § 4f Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 EStG und § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG mit einer sofortigen Versteuerung gewollt ist, ordnet der Gesetzgeber dieses Prinzip regelmäßig durch ausdrückliche Bezugnahme im Gesetz an. Im Gesetz fehle es jedoch an der Bezugnahme, anders als noch in einem Vorschlag des Bundesrats im Gesetzgebungsverfahren.

In allen vergleichbaren offenen Fällen sollten unter Hinweis auf die BFH-Entscheidung Rechtsmittel eingelegt werden, da sich gerade aus der Übernahme von Pensionszusagen häufig hohe Übertragungsgewinne ergeben.

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