Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung

In zwei inhaltsgleichen Urteilen vom 10.04.2024 hat sich der BFH mit der Reichweite der Schenkungsfiktion des § 7 Abs. 8 ErbStG befasst.

Im Streitfall wurde durch mehrere Miterben gemeinschaftlich ein zum Nachlass gehörender GmbH-Geschäftsanteil an die GmbH selbst veräußert (Erwerb eigener Anteile), wobei einige der Miterben unabhängig vom Nachlass mittelbar an der GmbH beteiligt waren. Der für den Geschäftsanteil gezahlte Kaufpreis wurde dabei aus einer rund vier Jahre zurückliegenden Unternehmensbewertung abgeleitet. Nachdem der gemeine Wert der veräußerten Anteile auf den Veräußerungszeitpunkt festgestellt wurde, sah das Finanzamt den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG als erfüllt an, da der festgestellte Wert für die GmbH-Geschäftsanteile den Kaufpreis um rund € 1,5 Mio. überstieg. Das Finanzamt erließ entsprechende Schenkungsteuerbescheide. Nach erfolglosen Einspruchsverfahren bestätigte auch das FG Sachsen (Urteile vom 06.05.2021, AZ: 8 K 34/21 und 8 K 31/21) das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 8 ErbStG sowie die vom Finanzamt angenommene Werterhöhung und wies die Klagen deshalb als unbegründet ab.

Nach der Urteilsbegründung des BFH in der Revision hat das Finanzgericht zwar zu Recht angenommen, dass die Anteilsabtretung durch die Miterben eine Leistung an die GmbH i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG darstellt. Nach § 7 Abs. 8 ErbStG gilt auch die Werterhöhung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt, als Schenkung. Der BFH führt in der Urteilsbegründung aus, dass Leistung i.S.d. § 7 Abs. 8 ErbStG grundsätzlich jedes Tun, Dulden oder Unterlassen sein kann, was die Hingabe von Vermögen des Zuwendenden bewirkt. Dabei kann es sich z.B. auch um eine offene oder verdeckte Einlage handeln. Unabhängig davon, dass der Vorgang für die GmbH als Erwerb eigener Anteile zu beurteilen ist, erbringt der Zuwendende daher eine Leistung bereits deshalb, weil er einen verkehrsfähigen, werthaltigen Vermögensgegenstand hingibt. Maßgebend für die Beurteilung nach § 7 Abs. 8 ErbStG ist laut BFH allein die Werterhöhung der Anteile an der Gesellschaft.

Die Feststellung, ob tatsächlich eine Werterhöhung vorliegt, ist allerdings von elementarer Bedeutung. Die Werterhöhung entspricht nämlich nicht zwingend dem gemeinen Wert der Leistung, sondern erfolgt durch den Vergleich des gemeinen Werts der Anteile vor und nach der Leistung. Der gemeine Wert der Leistung bildet lediglich die Obergrenze für die Werterhöhung nach § 7 Abs. 8 ErbStG.

Der BFH bestätigt in seinen Leitsätzen darüber hinaus, dass § 7 Abs. 8 ErbStG kein subjektives Element der „Freigebigkeit“ erfordert, anders als der Grundtatbestand der Schenkung unter Lebenden. Andererseits führt der BFH in seiner Urteilsbegründung dann aber aus, dass eine Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 8 ErbStG grundsätzlich nicht vorliegen soll, wenn die Parteien in nachvollziehbarer Weise und unter fremdüblichen Bedingungen von einer äquivalenten (Gegen-)Leistung ausgehen. Dies soll selbst dann gelten, wenn sich dies später als unzutreffend erweise, da die Werte in diesem Fall im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen seien. Lediglich wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein offensichtliches Missverhältnis vorliege, sollen die Werte nicht mehr im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen sein. Inwieweit durch diese Ausführungen ggf. doch ein subjektives Element im Rahmen der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 8 ErbStG heranzuziehen sein könnte, erscheint daher unklar.

Zwar war im Streitfall aufgrund der zugrundliegenden historischen Werte nach Ansicht des BFH von einem deutlichen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen. In der Sache konnte der BFH aber dennoch nicht selbst entscheiden. Im Ergebnis war die Sache an das Finanzgericht zurückzuverweisen, um abschließend festzustellen, ob die Veräußerung der Anteile zu einer tatsächlichen Werterhöhung oder gegebenenfalls sogar zu einer Wertminderung geführt hat.

Im Rahmen der Urteilsbegründung hat der BFH die Finanzverwaltungsauffassung bestätigt, wonach die Begünstigungen der §§ 13a, 13b ErbStG im Falle der Schenkungsfiktion des § 7 Abs. 8 ErbStG nicht zu gewähren seien. Denn Zuwendungsgegenstand sei im Rahmen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG kein Anteil an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, sondern allein die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die nicht zum begünstigten Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG zähle.

Im Grundsatz wird nunmehr jede objektiv (teil-)unentgeltliche Leistung an eine Kapitalgesellschaft auf ihre Schenkungsteuerbarkeit hin zu prüfen sein. Es ist unbedingt zu empfehlen, die Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung zu dokumentieren, wenn die Parteien von dieser ausgehen.

Zur weiteren Konkretisierung der Voraussetzungen des subjektiven Tatbestandsmerkmals der Freigebigkeit bleibt insbesondere die Entscheidung in einem weiteren Revisionsverfahren (AZ: II R 19/24) abzuwarten. In der Vorinstanz hatte das FG Münster (Urteil vom 23.05.2024, AZ: 3 K 2585/21 Erb) entschieden, dass es zur Annahme einer Schenkung i.S.d. § 7 Abs. 8 ErbStG des subjektiven Bewusstseins über die Unausgeglichenheit der Leistungsbeziehungen bedarf.

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