Wie bereits im TAX WEEKLY # 10/2020 berichtet, hat die Bundesregierung am 13.03.2020 angekündigt, dass den Unternehmen angesichts der wirtschaftlichen Beeinträchtigung durch die Folgen der Corona-Pandemie durch liquiditätsschonenden Steuervollzug geholfen werden soll. Konkret geht es um Stundung, Kürzung von Vorauszahlungen und den Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen.
Steuerliche Liquiditätshilfen für Unternehmen
Mit BMF-Schreiben vom 19.03.2020 hat die Finanzverwaltung nun die Maßnahmen im Hinblick auf Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen sowie bei der Anpassung von Vorauszahlungen für Steuern veröffentlicht, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden. Danach gilt Folgendes:
- Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 31.12.2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in der Regel verzichtet werden. § 222 S. 3 und 4 AO bleibt unberührt (Anmerkung: Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer können also nicht gestundet werden).
Anträge auf Stundung der nach dem 31.12.2020 fälligen Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen, die nur Zeiträume nach dem 31.12.2020 betreffen, sind besonders zu begründen.
- Wird dem Finanzamt aufgrund Mitteilung des Vollstreckungsschuldners oder auf andere Weise bekannt, dass der Vollstreckungsschuldner unmittelbar und nicht unerheblich betroffen ist, soll bis zum 31.12.2020 von Vollstreckungsmaßnahmen bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern im Sinne der Tz. 1 abgesehen werden. In den betreffenden Fällen sind die im Zeitraum ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Schreibens bis zum 31.12.2020 verwirkten Säumniszuschläge für diese Steuern zum 31.12.2020 zu erlassen. Die Finanzämter können den Erlass durch Allgemeinverfügung (§ 118 S. 2 AO) regeln.
- Für die mittelbar Betroffenen gelten die allgemeinen Grundsätze.
Gewerbesteuerliche Maßnahmen
Darüber hinaus kann nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder zu gewerbesteuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus vom 19.03.2020 bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Vorauszahlungen (§ 19 Abs. 3 S. 3 GewStG) das Finanzamt bei Kenntnis veränderter Verhältnisse hinsichtlich des Gewerbeertrags für den laufenden Erhebungszeitraum die Anpassung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen veranlassen.
Stundungen der Gewerbesteuer müssen Unternehmen bei der entsprechenden Kommune beantragen. Es ist zu hoffen, dass auch die Kommunen den Auswirkungen des Coronavirus situationsgerecht Rechnung tragen und entsprechende Stundungsanträge unkompliziert genehmigen. Wirtschaftsorganisationen haben diesbezüglich bereits öffentlich an die Kommunen appelliert.
Praxishinweise
Herabsetzungsanträge zu Vorauszahlungen bzw. zum Steuermessbetrag für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen sind auf die feststehenden Vorauszahlungstermine auszurichten. Um eine termingerechte Bearbeitung zu ermöglichen, sollten die Anträge frühzeitig vor entsprechenden Terminen gestellt werden. Zu den Steuerarten, die von den Ländern verwaltet und vollzogen werden, stehen als nächstes der 15. Mai (Gewerbesteuer) und der 10. Juni (Einkommen- und Körperschaftsteuer) an.
Stundungsanträge sind auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte der Steuern auszurichten (bei der Umsatzsteuer insbesondere auf die Abgabetermine der Umsatzsteuer-Voranmeldungen). Ggf. kann der automatische Bankeinzug zur Sicherheit durch Widerruf erteilter Einzugsermächtigungen vermieden werden.
Besonderheiten im Freistaat Bayern
In Bayern wurde bereits ein paar Tage vorher ein Formular veröffentlicht, mittels dessen beim Finanzamt die zinslose Stundung von Steuerzahlungen und die Herabsetzung von Vorauszahlungen bzw. des Steuermessbetrags für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen besonders schnell und unbürokratisch beantragt werden können (vgl. TAX WEEKLY Sonderausgabe vom 17.03.2020). Es wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass unrichtige Angaben in entsprechenden Anträgen strafrechtliche Folgen haben können. Voraussetzung sind Beeinträchtigungen durch die Auswirkungen des Coronavirus.
- Die zinslose Stundung ist nach diesem Formular vorerst für drei Monate vorgesehen. Sie kann mit dem Formular beim Finanzamt insbesondere für bereits fällige oder fällig werdende Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, beantragt werden. Dies betrifft insbesondere die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer (einschließlich Nachund Vorauszahlungen) und die Umsatzsteuer. Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer können hingegen nicht gestundet werden. Stundungen der Gewerbesteuer müssen Unternehmen bei der entsprechenden Kommune beantragen. Es ist zu hoffen, dass auch die Kommunen den Auswirkungen des Coronavirus situationsgerecht Rechnung tragen und entsprechende Stundungsanträge unkompliziert genehmigen. Wirtschaftsorganisationen haben diesbezüglich bereits öffentlich an die Kommunen appelliert.
- Die Herabsetzung von Vorauszahlungen kann beim Finanzamt mittels dieses Formulars für die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer beantragt werden. In Bezug auf die Gewerbesteuer kann die Herabsetzung des Steuermessbetrags für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen beantragt werden. Mittelbar ergibt sich daraus dann auch eine Herabsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen seitens der Kommune.
- Auf Antrag verzichtet der Freistaat in unmittelbar von den Folgen der Corona-Pandemie betroffenen Fällen voraussichtlich bis Jahresende auf Vollstreckungsmaßnahmen. Der Antrag muss bei der zuständigen Finanzbehörde gestellt werden. Ein Formular gibt es dazu nicht.
Das ausgefüllte Formular kann auf verschiedene Arten an das Finanzamt übermittelt werden:
- Schriftlich per Post oder durch Einwurf in den Briefkasten des Finanzamts
- per Telefax
- per E-Mail (Hinweis: das Ausleserisiko durch unberechtigte Dritte übernimmt in diesem Fall der Antragsteller).
Die Finanzverwaltung bittet, für Stundungs- und Herabsetzungsanträge stets das dafür vorgesehene Formular zu verwenden und exakt auszufüllen. Wenn sowohl ein Stundungs- als auch ein Herabsetzungsantrag gestellt wird, sollte der Antrag in zweifacher Ausfertigung eingereicht werden, da in den Ämtern zwei Arbeitsbereiche bedient werden müssen.
In einer Pressemitteilung vom 17.03.2020 erklärt der Bayerische Finanzminister Füracker zudem, dass – soweit daneben pandemiebedingt organisatorische Probleme bestehen, Steuererklärungen fristgerecht abzugeben – auch hier geholfen werde. „Die bayerischen Finanzämter werden mit Anträgen auf Fristverlängerungen wegen Corona großzügig und möglichst unbürokratisch verfahren“, teilte Füracker mit. Gemeint ist hier insbesondere auch, dass die Abgabefristen für Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuervoranmeldungen mit Wirkung auch für die jeweiligen Zahlungszeitpunkte jedenfalls um einen Monat verlängert werden können. Eine auf die Liquidität des Unternehmens bezogene erhebliche Härte sollte hierfür nicht Voraussetzung sein, vielmehr geht es um personelle oder technische Engpässe aufgrund der Corona-Krise. Es bleibt zu hoffen, dass man diesem Beispiel auch in anderen Bundesländern folgen wird.
In Bezug auf die Lohnsteuer findet sich unter dem Formularabruf auf der Internetseite des Bayerischen Landesamts für Steuern zudem die Aussage, dass Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 222 S. 3 und 4 AO (Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer) zwar nicht gestundet werden können. Für Steuerabzugsbeträge bestehe aber die Möglichkeit, einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub beim zuständigen Finanzamt einzureichen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass bei unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Vollstreckungsschuldnern die im Zeitraum ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des oben genannten BMFSchreibens (19.03.2020) bis zum 31.12.2020 verwirkten Säumniszuschläge zum 31.12.2020 zu erlassen sind. Durch Vollstreckungsaufschub ohne Säumniszuschläge könnte sich möglicherweise eine mit der zinslosen Stundung vergleichbare Liquiditätswirkung erreichen lassen.
Flankierende Maßnahmen in Hessen und NRW
Flankierend zu den Vergünstigungen im Bereich der Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen haben die Finanzverwaltungen der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen auch für die Sondervorauszahlungen aufgrund von Dauerfristverlängerungen bei der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen Hilfsmaßnahmen etabliert:
- Hessen gewährt die Möglichkeit mittels formlosen Antrages bereits getätigte Sondervorauszahlungen kurzfristig zurückerstattet zu bekommen. Dies soll zu einer Entlastung der Unternehmen in Höhe von ca. 1,5 Milliarden € führen.
- Das Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen hat eine entsprechende Anleitung herausgegeben und empfiehlt betroffenen Unternehmern die Verwendung des Vordrucks „Antrag auf Dauerfristverlängerung – Anmeldung der Sondervorauszahlung“, um eine schnelle Bearbeitung des Antrages zu gewährleisten.
Generalzolldirektion und Bundeszentralamt für Steuern
Im letzten TAX WEEKLY # 10/2020 zum Maßnahmenpaket von BMF und BMWi zur Abfederung der Auswirkungen des Coronavirus haben wir auch bereits darauf
hingewiesen, dass bei den Steuern, die von der Zollverwaltung verwaltet werden (z.B. Energiesteuer und Luftverkehrssteuer), die Generalzolldirektion angewiesen
worden ist, den Steuerpflichtigen in entsprechender Art und Weise entgegenzukommen. Gleiches gelte für das Bundeszentralamt für Steuern.
Die Generalzolldirektion hat bereits entsprechend reagiert und folgenden Umgang dazu veröffentlicht:
- Stundungsanträge für nachweislich (mittelbar oder unmittelbar) und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige können bis zum 31.12.2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse gestellt werden. Die Steuern müssen bis zu diesem Zeitpunkt bereits fällig sein oder fällig werden. Anträge auf Stundung von nach dem 31.12.2020 fällig werdenden Steuern sind besonders zu begründen.
- Nachweislich (mittelbar oder unmittelbar) und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige können bis zum 31.12.2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse einen Antrag auf Anpassung der bisher festgesetzten Vorauszahlungen stellen.
- Drohen aktuell Vollstreckungsmaßnahmen, kann unter Darlegung der aktuellen Situation des Vollstreckungsschuldners Vollstreckungsaufschub beantragt werden.
Wenn man von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen ist, soll man sich an das jeweils zuständige Hauptzollamt wenden. Um eine zügige Antragsbearbeitung zu gewährleisten, sind die Anträge entsprechend zu begründen und der Zusammenhang zur Corona-Krise glaubhaft darzulegen. Die Hauptzollämter werden Anträge möglichst entgegenkommend bearbeiten. Ein Formular für diese Anträge bietet der Zoll (noch) nicht an.