Einordnung und Zielsetzung
Mit IFRS 18 „Darstellung und Angaben im Abschluss“ wird einer der bedeutendsten IFRS-Standards der letzten Jahre eingeführt. Er ersetzt zentrale Teile von IAS 1 und ergänzt bestehende Regelungen. Ziel ist es, die Aussagekraft von Abschlüssen zu erhöhen und deren Vergleichbarkeit zu verbessern. Investoren, Analysten und weitere Stakeholder sollen künftig eine klarere Grundlage für Entscheidungen erhalten.
Der neue Standard ist für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2027 verpflichtend anzuwenden und retrospektiv umzusetzen, einschließlich entsprechender Überleitungsrechnungen für die Vergleichsperiode. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig mit den daraus resultierenden Änderungen in Darstellung und Offenlegung befassen. Hier sind insbesondere auch mögliche Zwischenabschlüsse gemäß IAS 34 im Blick zu behalten, da diese bereits zum 30.06.2027 gemäß IFRS 18 darzustellen sind, inklusive der Vergleichsperiode 30.06.2026.
Die Änderungen reichen weit über formale Anpassungen hinaus: Sie betreffen nicht nur die Darstellung in der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern wirken sich auch auf die Anhangangaben, die Management-Defined Performance Measures (MPMs) und die Kapitalflussrechnung aus, so dass auch korrespondierende IT-Systeme und Prozesse im Unternehmen von Änderungen betroffen sein können. Damit sind Unternehmen gefordert, sich frühzeitig mit den fachlichen, prozessualen und technischen Konsequenzen auseinanderzusetzen.
Wesentliche Neuerungen im Überblick
(1) Neue Kategorien und verpflichtende Zwischensummen
Die GuV wird künftig in drei Kategorien strukturiert:
- Operativ: Erträge und Aufwendungen aus der Hauptgeschäftstätigkeit
- Investiv: Erträge und Aufwendungen aus Beteiligungen und Finanzinvestitionen
- Finanzierung: Aufwendungen und Erträge aus Finanzierungstätigkeiten

(2) Erweiterte Anhangangaben
Besondere Aufmerksamkeit gilt den sogenannten Management-Defined Performance Measures (MPMs) – Leistungskennzahlen, die Unternehmen in ihrer externen Kommunikation verwenden, die aber nicht durch IFRS definiert sind. Erstmals sind diese Kennzahlen verpflichtend im Anhang offenzulegen und damit Teil des geprüften Abschlusses. Dies erhöht Transparenz und Vergleichbarkeit, stellt Unternehmen aber zugleich vor neue Anforderungen an Konsistenz und Nachvollziehbarkeit ihrer Leistungskennzahlen.Für die angegebenen MPMs wird künftig eine Überleitungsrechnung auf die vergleichbarste IFRS-Zwischensumme gefordert. Zudem sind Methodik und Relevanz der Kennzahlen zu erläutern.
(3) Aggregation und Disaggregation
Unternehmen erhalten strengere Leitlinien, um Posten sachgerecht zu bündeln oder aufzuschlüsseln. Ziel ist es, sowohl Informationsüberlastung als auch Intransparenz zu vermeiden. Damit soll die Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen gestärkt werden.
(4) Auswirkungen auf die Kapitalflussrechnung
Neben der Neustrukturierung der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben sich auch Anpassungen in der Kapitalflussrechnung. Ausgangspunkt für den Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit nach der indirekten Methode ist künftig verpflichtend das operative Ergebnis, womit IFRS 18 eine einheitlichere und besser nachvollziehbare Verbindung zwischen GuV und Kapitalflussrechnung schafft.
Besonders praxisrelevant ist zudem die Aufhebung des Wahlrechts bei der Klassifizierung von Zins- und Dividendencashflows. Diese sind künftig einheitlich den Kategorien „Finanzierung“ bzw. „Investition“ zuzuordnen, was für viele Unternehmen Anpassungen im Reporting erforderlich macht.
Praktische Herausforderungen für Unternehmen
Die Einführung von IFRS 18 erfordert weitreichende Anpassungen. Neben der reinen Neudarstellung in den Abschlüssen sind auch Konten-Mapping, Reporting-Tools und interne Steuerungsgrößen betroffen. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, die neue Struktur der GuV und die erweiterten Offenlegungspflichten – einschließlich der MPM-Überleitungsrechnungen – fachlich und technisch konsistent in die bestehenden Systeme zu integrieren.
IT-Systeme müssen die neuen Anforderungen abbilden können, und bestehende KPIs sollten im Hinblick auf Definition und Steuerungsrelevanz kritisch überprüft werden. Darüber hinaus sind enge Abstimmungen zwischen Rechnungswesen, IT, Steuern, Controlling, Investor Relations und weiteren Schnittstellen erforderlich, um eine einheitliche Umsetzung sicherzustellen.
Handlungsempfehlungen
Unternehmen sollten die Umsetzung von IFRS 18 bereits jetzt angehen. Sinnvoll ist zunächst eine GAP-Analyse, um zu klären, welche Posten und Konten ggf. neu zu kategorisieren sind. Darauf aufbauend empfiehlt sich ein Systemcheck, um sicherzustellen, dass ERP- und Reporting-Lösungen die neuen Anforderungen abbilden können bzw. notwendigen Anpassungsbedarf zu erheben.
Anschließend sollten die Ergebnisse in ein konzeptionelles Zielbild überführt werden – etwa durch die Definition neuer GuV-Strukturen, Mappings und Reporting-Logiken. Auf dieser Basis lassen sich erforderliche Prozess- und Systemanpassungen gezielt planen und priorisieren.
Ein weiterer Schritt ist die Erstellung eines Pilot-Abschlusses auf Basis von Vorjahresdaten. So werden die Auswirkungen auf GuV-Struktur, Kennzahlen und Steuerungsgrößen frühzeitig sichtbar. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollten wiederum in die Verfeinerung des Zielbilds sowie in einen konkreten Umsetzungsfahrplan einfließen, der Verantwortlichkeiten, Meilensteine und Ressourceneinsatz klar definiert. Nachdem die Auswirkungen analysiert wurden, sollte zudem eine Kommunikationsstrategie entwickelt werden, um Investoren und Stakeholdern die Änderungen transparent und nachvollziehbar zu erläutern.
Schließlich ist die Einführung von IFRS 18 als interdisziplinäres Projekt zu verstehen: Accounting, Controlling, Steuern, Investor Relations und IT müssen Hand in Hand arbeiten, um die fachlichen Anforderungen mit den technischen Rahmenbedingungen zu verbinden.
Fazit
IFRS 18 stellt Unternehmen vor erhebliche fachliche und ggf. auch technische Herausforderungen. Gleichzeitig eröffnet der Standard die Möglichkeit, bestehende Prozesse kritisch zu prüfen und die Finanzarchitektur zukunftsorientiert aufzustellen. Wer die Einführung frühzeitig und strukturiert vorbereitet, wird nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern auch Mehrwert für Transparenz, Effizienz und Unternehmenssteuerung schaffen.