Das OECD-Regelwerk zur globalen Mindestbesteuerung vom 20.12.2021 definiert Betriebsstätten als sog. Constituent Entities, die getrennt vom übrigen Unternehmen (sog. Main Entity) zu behandeln sind. Das OECD-Regelwerk umfasst dementsprechend auch Mustervorschriften mit Bezug zu Betriebsstätten. Trotz der Konkretisierung der Mustervorschriften durch den OECD-Kommentar vom 14.03.2022 gibt es noch einige offene Anwendungsfragen (zur Definition der Betriebsstätten-Szenarien vgl. Beitrag (Teil 1) im WTS Journal 03/2022).
Das OECD-Regelwerk sieht vor, dass das Netto-Ergebnis (Financial Net Income) einer Betriebsstätte in den Szenarien (a) bis (c) auf Basis einer eigenen Betriebsstättenbuchführung (Separate Financial Accounts) ermittelt werden soll. Wenn für die Betriebsstätte kein eigener Abschluss erstellt wird, soll das Netto-Ergebnis dem Betrag entsprechen, der sich ergeben würde, wenn für die Betriebsstätte ein eigener Abschluss erstellt würde. Dies dürfte insbesondere bei temporären Betriebsstätten, wie z.B. Bau- und Montagebetriebsstätten oder Dienstleistungsbetriebsstätten, regelmäßig der Fall sein. Eine Erleichterung für temporäre Betriebsstätten ist nicht vorgesehen. Für die Erstellung dieses Abschlusses ist der Konzernrechnungslegungsstandard maßgeblich.
Da es sich bei Betriebsstätten um ein steuerliches Konstrukt und nicht um ein Konstrukt der Rechnungslegung handelt, sieht das OECD-Regelwerk entsprechende Anpassungen vor. Die einschlägigen Rechnungslegungsgrundsätze sind bei der Erstellung des separaten Abschlusses so weit wie möglich zu befolgen; stehen aber unter dem Vorbehalt der steuerlichen Allokationsregeln. Die OECD-Mustervorschriften regeln, dass nur diejenigen Aufwendungen und Erträge der Betriebsstätte zugeordnet werden können, die auch steuerlich der Betriebsstätte zugeordnet werden können. Dementsprechend erfolgt die Zuordnung
Bei staatenlosen Betriebsstätten (Szenario (d)) können nur die Aufwendungen und Erträge der Betriebsstätte zugeordnet werden, die für die Freistellung im Ansässigkeitsstaat der Main Entity berücksichtigt werden und die sich auf die betreffende Geschäftstätigkeit beziehen.
Sind in der Ergebnisrechnung Aufwendungen und Erträge enthalten, die steuerlich nicht der Betriebsstätte zugeordnet werden können, sind diese für die Ermittlung des GloBE Income (Global Anti-Base Erosion Income) der Betriebsstätte nicht zu berücksichtigen. Dabei kommt es aber nicht darauf an, in welchem Umfang die Erträge der Besteuerung unterliegen oder in welchem Umfang die Aufwendungen abzugsfähig sind. Sind beispielsweise Erträge nur anteilig steuerpflichtig oder Aufwendungen nur anteilig abziehbar, sind diese dennoch in voller Höhe anzusetzen.
Leider bestehen in der Praxis in DBA-Fällen trotz der abkommensrechtlichen Verpflichtung zur Gegenberichtigung häufig unterschiedliche Wertansätze im In- und Ausland. Fraglich ist daher, welcher Aufwands- und Ertragszuordnung im DBA-Fall zu folgen ist: der Zuordnung des Betriebsstättenstaats oder der des Ansässigkeitsstaats der Main Entity. Sollte im DBA-Betriebsstättenstaat ein Besteuerungsregime Anwendung finden, dass der einschlägigen DBA-Regelung offensichtlich widerspricht (z.B. eine Deemed Profit-Besteuerung), kann diese Gewinnermittlung natürlich nicht zur Ermittlung des GloBE Income herangezogen werden.
Das OECD-Regelwerk sieht vor, dass einer Betriebsstätte alle Steuern zuzurechnen sind, die sich auf das GloBE Income der Betriebsstätte beziehen. Dabei sind neben Steuern auf den Gewinn der Betriebsstätte insbesondere auch Steuern auf den Gewinntransfer (sog. Branch Profit Taxes) zu berücksichtigen. Des Weiteren sind auch Steuern zu berücksichtigen, die nicht im Betriebsstättenstaat erhoben werden, sondern im Ansässigkeitsstaat der Main Entity (z.B. bei Anrechnungsbetriebsstätten).
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